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Die Insel der roten Erde Roman

Titel: Die Insel der roten Erde Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haran
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komplizierten Muster bestickt war. »Hat das die Frau gestickt, die vorher hier wohnte, Mrs Ashby? Es ist wunderschön.«
    »Betty? Du liebe Güte, nein, mein Kind. Ich habe es gemacht.«
    Sissie machte große Augen. »Wirklich? Es ist wundervoll!«
    »Danke, mein Kind. Sticken ist ein Steckenpferd von mir.«
    »Sarah kann auch sehr gut sticken.«
    »Tatsächlich?« Edna blickte Amelia erstaunt an. Wie kam es, dass eine Zuchthäuslerin sticken konnte und ihr Mündel nicht?
    »Ja, ich sticke für mein Leben gern, aber meine Arbeit ist lange nicht so gut wie Ihre«, sagte Amelia. »Ich hatte auf der Farm auch nicht viel Gelegenheit zum Sticken.«
    »Sarah hat uns ein bisschen Französisch beigebracht«, sagte Rose.
    »Wirklich?« Edna kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. »Mein Mündel spricht auch Französisch.«
    »Bonjour, Madame. Comment allez-vous?« , sagte Rose stolz.
    »Ich bin beeindruckt. Und was bedeutet das?« Edna fiel ein, dass ihr Mündel noch kein einziges Wort Französisch gesprochen hatte.
    »Guten Tag, Madam. Wie geht es Ihnen?«, übersetzte Amelia.
    »Oh. Danke, mir geht es ausgezeichnet«, erwiderte Edna und sah Rose lächelnd an. »Ich werde euch jetzt allein lassen, damit ihr in Ruhe auspacken könnt. Ach ja, fast hätte ich’s vergessen: Die Speisekammer ist gut gefüllt. Die Hammonds haben sämtliche Vorräte dagelassen. Ihr könnt sie selbstverständlich übernehmen. Mein Hausmädchen bringt euch später frisches Brot, Butter und Marmelade. Ihr habt bestimmt einen Bärenhunger nach der langen Reise.« An Sissie gewandt fügte sie hinzu: »Sag deinem Vater, er soll sich nicht scheuen, zu uns zu kommen, falls er irgendetwas braucht.«
    »Nochmals vielen Dank für Ihre Mühe, Mrs Ashby«, sagte Amelia.
    »Nichts zu danken, das habe ich gern getan«, erwiderte Edna und wandte sich zum Gehen. Sie war ein wenig irritiert, weil diese Zuchthäuslerin so ganz anders war, als sie erwartet hatte – kultiviert, freundlich, gepflegt. Aber auch jemand aus gutem Hause kann einen Diebstahl begehen, sagte sich Edna.
    Wenig später brachte Polly zwei Brotlaibe, frische Butter und einen Topf Aprikosenmarmelade. Die Kinder, die seit dem Mittagessen tags zuvor nichts mehr zu sich genommen hatten, machten sich heißhungrig darüber her, und bald schon hatten sie den einen Laib Brot verzehrt. Gabriel gesellte sich nach einer Weile zu ihnen. Er hatte die Schweine in einem Pferch untergebracht, die Hühner in einem Verschlag mit Auslauf und die Schafe auf einer Koppel neben dem Weizenfeld, deren Zäune er vorsichtshalber zuerst mit Charltons Hilfe kontrolliert hatte.
    »Ich werde bei Lance unterkommen, dem Sohn der Ashbys«, sagte Gabriel. »Er wohnt ganz allein in Charity Cottage und hat daher genug Platz. Das Haus liegt auf der anderen Seite von Hope Cottage. Lance ist zwar noch bei der Arbeit, aber Edna und Charlton meinen, ich könnte ruhig schon rübergehen.«
    »Hast du das Mündel der Ashbys schon gesehen?«, fragte Amelia ein wenig nervös.
    »Nein«, erwiderte Gabriel knapp. Er hatte zwar nach der jungen Frau Ausschau gehalten, sie aber nirgends gesehen und die Ashbys auch nicht nach ihr gefragt. Er war sich nicht einmal sicher, ob sie etwas von ihrem Briefwechsel wussten.
    Amelia hatte das ungute Gefühl, das Mündel der Ashbys werde sie mit noch größerem Hass verfolgen als Carlotta. Unwillkürlich fragte sie sich, ob sie nicht vom Regen in die Traufe gekommen war.

25
     
     

     
     
     
     
     
    Amelia hatte gerade mit dem Auspacken begonnen, als Polly noch einmal vorbeischaute, um zu fragen, ob sie etwas brauchten. Amelia verneinte höflich. Die Freundlichkeit der Ashbys hatte etwas geradezu Rührendes. Polly plauderte eine Weile mit den Kindern und erzählte ihnen lustige Geschichten über Milos Streiche während seines Aufenthalts bei den Ashbys. Polly war ein nettes Ding und hatte offenbar keine Vorurteile. Obwohl Polly von der unrühmlichen Vergangenheit der jungen Frau gewusst haben musste, behandelte sie die Farmgehilfin im Gegensatz zu Carlotta keineswegs wie Abschaum, sondern eher freundschaftlich. Dennoch war Amelia zurückhaltend. Wer konnte schon wissen, was Mrs Ashbys Mündel über sie erzählt hatte?
    »Rufen Sie mich, wenn Sie bei irgendetwas Hilfe brauchen«, meinte Polly.
    »Vielen Dank.« Das Angebot war ehrlich gemeint, Amelia spürte es. »Wir werden uns hier bestimmt sehr wohl fühlen. Die Unterkunft auf der Farm war ziemlich primitiv.«
    »Ich kann mir gar nicht vorstellen, so

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