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Die Insel der roten Erde Roman

Titel: Die Insel der roten Erde Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haran
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konnte sich nicht vorstellen, dass Edna in ihren Sachen geschnüffelt hatte. In Zukunft würde sie den Schlüssel aber vorsichtshalber verstecken.
    »Ich habe ihn geöffnet, um nachzusehen, ob irgendetwas vom Salzwasser beschädigt worden ist. Du bist mir hoffentlich nicht böse …? Polly hat deine Unterwäsche gewaschen und getrocknet. Du kannst sie schon wieder anziehen. Deine Schuhe haben wir auch am Feuer trocken bekommen.«
    »Meine Schuhe?« Sarah erinnerte sich, dass sie Amelias Schuhe im Cottage des Leuchtturmwärters anprobiert hatte, doch sie waren ihr zu klein gewesen. »Sie passen mir nicht mehr, Tante.«
    Edna machte ein verwirrtes Gesicht. »Wie kann das sein?«
    »Ich … ich weiß auch nicht.« Sarahs Gedanken überschlugen sich. »Als ich sie beim Leuchtturmwärter anziehen wollte, kam ich nicht mehr hinein. Vielleicht sind sie im Salzwasser eingelaufen.«
    »Merkwürdig. Na, wie auch immer, mach dir keine Sorgen deswegen. Ich glaube, du hast die gleiche Schuhgröße wie Polly, du kannst dir also ein Paar von ihr borgen, bis wir dir neue kaufen.«
    Sarah hoffte inständig, dass wenigstens die Unterwäsche passte. Zum Glück war sie sehr schlank. Sie konnte ja schlecht behaupten, alle Sachen seien geschrumpft. »Danke, Tante Edna. Du bist sehr lieb zu mir«, sagte sie mit gespielter Bedrücktheit, während sie sich im Stillen zu ihrem Talent als Schwindlerin beglückwünschte.
    »Unsinn. Du gehörst jetzt zur Familie! Das Essen ist gleich fertig. Polly wird dir gleich noch deine Unterwäsche und ein Paar Schuhe bringen, damit du dich anziehen kannst. Beeil dich. Charlton kann es kaum erwarten, dich wiederzusehen!«
    »Ich freue mich auch, ihn zu sehen, Tante Edna«, erwiderte Sarah. Hoffentlich würde er sie genauso schnell ins Herz schließen wie seine Frau …
     
    Amelias Unterwäsche und das Schnürkorsett passten Sarah zum Glück, und so verließ sie kurz darauf mit klopfendem Herzen ihr Zimmer. Charlton erwartete sie bereits im Esszimmer. Er begrüßte sie aufs Herzlichste und sprach ihr dann sein Beileid zum Tod ihrer Angehörigen aus. Sarah dankte ihm. Charlton war hoch gewachsen, hatte einen gepflegten Schnurrbart und funkelnde blaue Augen. Am Esstisch rückte er Sarah den Stuhl zurecht und schenkte ihr ein kleines Glas Wein ein. Wie eine richtige Dame behandelt zu werden war für Sarah völlig ungewohnt. Es machte sie nervös, und ihr Mund war trocken.
    Polly hatte Steaks gebraten und eine Nierenpastete gemacht. Dazu gab es frisches Gemüse aus dem eigenen Garten. Zum Nachtisch wurde Apfelkuchen mit Schlagsahne serviert. Als Sarah meinte, Polly sei eine ausgezeichnete Köchin für ihr Alter, erfuhr sie zu ihrem Erstaunen, dass Polly schon zwanzig war.
    »Pollys Mutter hat viele Jahre für uns gearbeitet«, sagte Edna. »Sie war eine hervorragende Köchin, aber dann machte ihr das Rheuma zu sehr zu schaffen, und Polly übernahm ihre Stelle.«
    Edna und Charlton staunten über den gewaltigen Appetit ihres Mündels. Sarah hatte zwei Steaks gegessen, zwei Portionen Nierenpastete, drei Portionen Kartoffeln und Bohnen und zum Schluss zwei Stück Apfelkuchen. Noch mehr verwunderte es sie, als Sarah sich schließlich zurücklehnte und laut rülpste.
    »Oh, Entschuldigung!«, stieß sie hervor, als sie Ednas und Charltons Gesichtsausdruck bemerkte. Charlton blickte schockiert drein, Edna peinlich berührt. Sarah schlug sich die Hand vor den Mund und lief rot an. Sie hatte ganz vergessen, dass sie sich hier nicht in Gesellschaft ihrer Mitgefangenen befand.
    »Du musst aber sehr hungrig gewesen sein, mein Kind«, sagte Edna bestürzt und verlegen zugleich. Noch nie hatte sie eine Frau solche Portionen verschlingen sehen, und gewiss würde keine Dame aus ihren Kreisen am Tisch rülpsen.
    Sarah hätte sich ohrfeigen können. Hatte sie sich durch diesen dummen Fehler verraten? Sie setzte zu einer hastigen Erklärung an: »Ich habe seit fast drei Tagen nichts mehr gegessen – abgesehen von dem Sandwich vorhin. Meine letzte Mahlzeit hatte ich am Morgen des Tages, als das Schiff unterging. Es ist mir schrecklich peinlich.« Doch plötzlich wurde ihr klar, dass jemand, der um seine Liebsten trauerte, schwerlich einen solch gesunden Appetit hatte.
    »Polly wird sich freuen, dass ihr Essen dir so geschmeckt hat«, überspielte Charlton taktvoll die peinliche Situation.
    »Polly kocht vorzüglich«, lobte Sarah noch einmal. »Ich kann mich nicht erinnern, jemals etwas so Köstliches gegessen zu haben.« Im

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