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Die Insel der roten Mangroven

Die Insel der roten Mangroven

Titel: Die Insel der roten Mangroven Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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jungen Frau zu, als sie in die Küche kam, um den anderen von ihren Plänen zu berichten. Während Sabina und Bonnie noch aufräumten und Nafia und Libby die Reste von Deirdres Abendessen verputzten, fütterte er Namelok mit klein geschnittenem Honigbrot.
    »Kannst du gern gehen«, sagte er und strahlte Amali an. »Bonnie und ich bleiben hier.«
    Der Blick, mit dem er Bonnie streifte, verhieß allerdings keine übertriebene Aufmerksamkeit den Kindern gegenüber. Und Bonnie erwiderte ihn mit leuchtenden Augen und glühenden Wangen. In dieser Nacht würde sie sich Leon schenken – und vielleicht zum ersten Mal in ihrem Leben Freude an der körperlichen Liebe finden.
    Deirdre schrak aus dem Halbschlaf, als jemand zwei Stunden später gegen ihre Tür hämmerte. Sie wäre beinahe über einem Buch eingenickt. Nur eine leichte Sorge um Victor hielt sie noch wach. Nicht, dass sie etwas dagegen hatte, wenn er mit seinen Freunden etwas trinken ging, und sie konnte sich auch denken, warum er so lange ausblieb. Frédéric de Mure hatte sich bestimmt erst spät aus dem Gouverneurspalast entschuldigen können, um zu Victor und Antoine zu stoßen, nun wollten die beiden sicher hören, was sich dort abgespielt hatte. Aber in dieser Nacht konnte es gefährlich werden im Hafen von Cap-Français. Victor war zwar als Arzt bekannt und geachtet – die Mulatten und freien Schwarzen wussten zu schätzen, was er mit seiner Armenklinik für sie tat. Doch Rum und Zuckerrohrschnaps waren in Strömen geflossen, wie Jolie berichtet hatte, und womöglich machten die Betrunkenen keinen Unterschied mehr zwischen »guten« und »schlechten« Weißen.
    Deirdre warf einen Morgenmantel über und lief die Treppe hinunter. Victor konnte das nicht sein, der verhielt sich stets ruhig und rücksichtsvoll, wenn er nach Hause kam, und er hatte natürlich auch einen Schlüssel. Also musste etwas passiert sein! Die junge Frau verschwendete keinen Gedanken daran, dass es vielleicht gefährlich werden könnte, einem Fremden die Tür zu öffnen. Sie sorgte sich nur noch um Victor – oder war Amali und Jolie etwas zugestoßen?
    Deirdre riss die Tür auf und wich instinktiv zurück. Fassungslos blickte sie auf die Erscheinung, die da betreten vor ihr auf der Schwelle stand. Caesar! Sie versuchte, ihren Halbbruder Jefe in dem Mann zu sehen, doch in diesem Moment wurde sie von der Erinnerung an ihre erste Begegnung mit ihm vor genau dieser Tür überwältigt. Caesar war gekleidet gewesen wie ein Pirat, und er hatte Bonnie in den Armen gehalten. Nun trug er die bunte Alltagskleidung eines Mulatten. Aber die Dringlichkeit, mit der er ins Haus des Arztes starrte, war die gleiche wie damals.
    »Caesar!«
    Deirdre konnte das Aufleuchten ihrer Augen bei seinem Anblick nicht verhindern – ebenso wenig wie er seinen Blick von ihrem Körper losreißen konnte. Der Morgenrock verhüllte dessen Formen nur ungenügend.
    »Caesar, was willst du?« Deirdre hoffte, dass ihre Stimme fest klang, aber sie merkte, dass sie ihr entglitt. »Ich … ich liebe dich nicht mehr. Das habe ich dir doch gesagt. Und wenn du jetzt hier aufkreuzt, mitten in der Nacht …«
    Jefe lachte heiser. »Aber ich liebe dich noch, Dede …«, sagte er dann zärtlich. »Wie ich dich immer geliebt habe … Weißt du noch, als ich dir damals den Blumenkranz für dein Haar brachte? Da wollten wir heiraten …«
    Deirdre versuchte zu lächeln. »Ich weiß es wieder«, murmelte sie. »Und … ja … ja, du weißt es inzwischen natürlich auch, das … das mit uns. Meine Mutter hat es dir erzählt. Und ich bin froh, dass ich … dass ich dich doch noch lieben kann …«
    »Eben hast du gesagt, dass du es nicht mehr tust«, neckte er sie.
    Er konnte nicht anders, als sie in die Arme zu schließen. Deirdre spürte, wie er einen Kuss in ihr Haar drückte. Sie sah zu ihm auf.
    »Es war etwas Besonderes«, flüsterte sie. »Und … und Gott möge mir beistehen, ich bereue es nicht … Und du?«
    »Wie könnte ich es bereuen?«
    Deirdre sträubte sich nicht, als er sie noch einmal küsste. Nicht auf den Mund, nur auf die Wange. Vielleicht war es trotzdem etwas mehr als ein Kuss, wie Geschwister ihn tauschten … Deirdre genoss ihn dennoch ohne Schuldgefühle. Ihren Abschiedskuss.
    Dann jedoch löste sie sich energisch aus Jefes Umarmung. »Es ist aber vorbei«, sagte sie dann noch einmal entschlossen. »Es ist unwiderruflich vorbei, auch das ist etwas, das ich nicht bereue. Also, was willst du von

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