Die Insel Der Tausend Quellen
die ungelenk auf ihren Maultieren hockten, wenn sie Nora beim Ausritt begleiteten – erwies sich Doug Fortnam als schneidiger Reiter. Er galoppierte am Strand mit Nora um die Wette und nahm es lachend hin, wenn die Araberstute Aurora seinen spanischen Hengst dabei um Längen schlug.
»Und dabei strengt er sich doch so an!«, meinte er bedauernd und klopfte Amigos Hals, als er endlich zu der triumphierenden Siegerin aufschloss. »Aber da ist nichts zu wollen, mein Freund, manche Frauen sind einfach zu rassig für uns.«
Dabei zwinkerte er Nora jungenhaft zu, und sie musste sich sehr überwinden, nicht zurückzulächeln, sondern den Blick schamhaft zu senken. Längst war ihr klar, dass Doug mit ihr tändelte, wobei er sich nicht mal in der Öffentlichkeit wirklich zurückhielt. Nora tadelte ihn schließlich deswegen, aber Doug tat, als verstehe er gar nicht, was sie meinte.
»Ihr macht das doch alle!«, gab er zurück und wies auf den Ballsaal der Hollisters, in dem sich eben verschiedene Paare zum Menuett zusammenfanden, die durchweg nicht miteinander verheiratet waren. Die Frauen ließen dabei nichts unversucht, ihre Partner zu reizen, indem sie scheinbar versehentlich die Fußknöchel unter den Kleidern aufblitzen ließen. Sie lächelten und zwinkerten, und manche mochte die Hand ihres Gegenübers anscheinend kaum loslassen. »Wie du vorhin den alten Keensley angelächelt hast … Ich wurde geradezu eifersüchtig.«
»Aber sonst wird Gott sei Dank keiner eifersüchtig auf den alten Lord Keensley!«, fauchte Nora. »Die Tändelei hier ist eine Art Gesellschaftsspiel, und ja, man macht es auch mit den Junggesellen, sonst gäbe es ja nichts zu tuscheln. Aber morgen ist jede von den Ladys wieder auf der eigenen Plantage und langweilt sich zu Tode. Du dagegen wohnst im gleichen Haus wie ich und begleitest mich auf Ausritten. Da könnte mehr als einer argwöhnisch werden – und vor allem ein ganz bestimmter!«
Ihr Blick suchte Elias, aber der hatte sich bereits mit anderen Herren ins Raucherzimmer zurückgezogen. Bislang hatte er Noras und Dougs vertrautes Verhältnis nie kommentiert, es schien ihm egal zu sein, womit die beiden ihre Tage verbrachten. Aber das würde sich schnell ändern, wenn die Gesellschaft von Kingston anfing, über Nora und ihren Stiefsohn zu reden. Nora wusste längst, dass Elias ihr fast alles durchgehen ließ – solange ihr Ruf als tadellose Lady und züchtige Herrin seines Hauses nicht in Gefahr geriet.
Nun redete Nora sich ein, dass es ihr diesmal nicht schwerfiel, den Erwartungen ihres Gatten zu entsprechen. Doug mochte manchmal mit ihr tändeln, aber sie gab die Komplimente und Scherzworte nie zurück. Natürlich mochte sie den jungen Mann, verlieben würde sie sich jedoch nie in ihn! Wie könnte sie auch, hatte er doch so gar nichts mit Simon gemeinsam – vielleicht abgesehen von dem Talent, Geschichten zu erzählen, aber Simon hatte Nora in seine Träume hineingezogen, während Doug sie nur unterhielt. Und wäre sie in Doug verliebt gewesen, so hätte sie Simon darüber sicher vergessen müssen, aber so war es nicht. Im Gegenteil, sie dachte eher häufiger an ihren Geliebten, wenn sie Dougs schlanken Körper vor sich auf dem Pferd sah oder sein Muskelspiel beim Klettern auf Felsen beobachtete. Am Abend erinnerte sie sich dann an die Zärtlichkeiten, die sie mit Simon getauscht hatte, an das Gefühl, sich an ihn zu schmiegen und umarmt und geküsst zu werden.
Am Anfang hatte sie diese Gefühle hinaufzubeschwören versucht, wenn Elias ihr beiwohnte, aber seit sie ihren Mann als Geizhals und Menschenschinder erkannt hatte, tat sie das nicht mehr. Es wäre ihr wie ein Verrat an ihrem Geliebten erschienen, wie ein Beschmutzen der Erinnerung an die Tage und Nächte mit ihm. Und nun war diese Erinnerung wieder da, gekoppelt an eine Sehnsucht, die Nora seit der Zeit mit Simon nicht mehr empfunden hatte. Mit Doug durfte das allerdings nichts zu tun haben. Es konnte nichts mit ihm zu tun haben, schließlich träumte sie von Simon.
Akwasi träumte von Nora. Noch mehr, sehr viel mehr, seit Doug Fortnam wieder aufgetaucht war, und erst recht, seit Nora und Doug immer öfter zusammen zu sehen waren. Dabei spürte er nicht direkt Eifersucht, sondern fühlte sich eher bestätigt: Die Missis liebte den Backra nicht, sie hatte nichts gemeinsam mit Elias Fortnam. Also war sie mit Doug zusammen, und das hieß, sie konnte ebenso gut mit ihm, Akwasi, zusammen sein. Es gab nichts, was Doug ihm
Weitere Kostenlose Bücher