Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Insel Der Tausend Quellen

Die Insel Der Tausend Quellen

Titel: Die Insel Der Tausend Quellen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
Vom Netzwerk:
das Pferd von einer Baumwurzel aus.
    »Bring uns … bring uns zu den Ställen … Vielleicht hast ja wenigstens du noch ein Heim …«
    Tatsächlich hatten die Maroons die Ställe nicht abgebrannt – was wieder ungewöhnlich war. Meist setzten sie auch die Wirtschaftsgebäude in Brand. Aber hier hatten wahrscheinlich die Plantagensklaven geplündert, nicht die Angreifer selbst. Insofern waren zwar alle Pferde und Maultiere fort, die Gebäude hatte man aber verschont – vielleicht aufgrund der Nähe zu den Sklavenquartieren, auf die das Feuer leicht hätte übergreifen können. Kwadwo, der Obeah-Mann, nahm Amigo in Empfang.
    »Kwadwo …«, sagte Doug tonlos. »Du … du bist nicht weggegangen?«
    Kwadwo schüttelte den Kopf. »Nein, Backra, ich nicht fliehen. Viele nicht gehen, all die älteren, die Kranken, die ängstlichen. Alle die brauchen Obeah-Mann. Das hier nicht nur Ihre Nigger, Backra, das auch meine Nigger.« Würdevoll richtete der alte Mann sich auf.
    Doug nickte. »Wir … wir werden uns beide um sie kümmern«, flüsterte er. »Weißt du … weißt du von der Missis, Kwadwo? Warst du … warst du im Haus?«
    Kwadwo schüttelte den Kopf. »Nein, ich hier, Backra. Hab geholfen satteln Pferde. Die doch dumme Feldnigger, tun Sattel von Pferd von Missis auf dumme Maultier … Ich natürlich nicht wollen mitgeben, aber …«
    Kwadwo biss sich auf die Lippen. Womöglich würde der Backra ihn für die Beihilfe beim Raub der Tiere strafen.
    Doug winkte ab. Er registrierte Kwadwos Aussage, wollte sich damit aber jetzt nicht beschäftigen. Morgen würde er darüber nachdenken müssen, warum die Maroons so weit entfernt von den Blue Mountains zuschlugen und warum sie Feldarbeiter rekrutierten. Aber jetzt …
    »Die Missis im Haus?«, fragte Kwadwo, um den Backra abzulenken. Auch er ließ die Blicke fragend über Dougs Aufzug schweifen. »Oder sie mit Ihnen …?«
    Der alte Obeah-Priester hatte scharfe Augen. Die sich anbahnende Liebe zwischen Nora und Doug war ihm nicht entgangen.
    Doug schüttelte den Kopf. »Sie war im Haus …«, sagte er müde.
    Kwadwo schürzte die Lippen. »Dann ist sie … Tut mir leid, Backra Doug, aber in Haus alle tot.«
    Doug verließ den Obeah-Mann und taumelte zu den Sklavenquartieren. Langsam überzog ihn bleierne Müdigkeit, die den Schmerz fast dämpfte. Aber er wollte nicht zu den Keensleys. Am liebsten hätte er sich im Stroh neben seinem Pferd ausgestreckt …
    Die verbliebenen Schwarzen im Dorf waren alle noch auf den Beinen und fixierten ihren Backra mit Blicken zwischen Erleichterung und Angst. Grundsätzlich musste es eine gute Nachricht für sie sein, dass jemand aus der Familie überlebt hatte. Ansonsten wäre die Plantage sicher in den Besitz eines der Nachbarn übergegangen, oder die Hollisters und die Keensleys hätten sie geteilt. Auf jeden Fall hätte kein Bedarf an einem eigenen Sklavenquartier bestanden, man hätte die Dorfgemeinschaft auseinandergerissen und die Menschen einzeln verkauft.
    Aber andererseits mochte der junge Backra nun auch von Rache beseelt sein. Vielleicht hielt er sich an den verbliebenen Sklaven schadlos für den Mord an seinen Angehörigen. Die Menschen verneigten sich zitternd vor ihrem Herrn.
    »Wo ist Adwea?«, fragte Doug den Nächstbesten. »Ist sie …?«
    »Ich hier, Backra Doug.« Die füllige Köchin trat aus einer der Hütten. »Ich nicht weg. Akwasi weg, Máanu weg. Mansah ich nicht weiß. Vielleicht tot. Aber ich nicht weg. Ich bleib. Und du …«
    Doug wankte auf sie zu. Adwea breitete die Arme aus.
    »Ich gehabt fünf Kinder«, flüsterte Adwea. »Mein erste verkauft, dann Máanu, Akwasi und du. Und Mansah. Ich schlechte Frau, ich sie gegeben Backra. Du der Letzte. Komm. Komm zu Mama Adwe!«
    Doug warf sich in ihre Arme und schluchzte aus tiefster Seele am Busen seiner Amme, seiner Mama Adwe, seiner Mutter.
    Obwohl Keensley und Hollister ihn deshalb für verrückt erklärten, verbrachte Doug die Nacht im Sklavenquartier. Er raffte sich noch einmal auf und schickte den Aufseher der Keensleys energisch weg. Kwadwo versammelte daraufhin seine Gemeinde, und die Trauergesänge der Menschen, in die sich vielleicht auch die eine oder andere Lobpreisung und zweifellos eine Menge Fürbitten für die jungen Schwarzen mischten, die den Maroons in die Freiheit gefolgt waren, begleiteten Doug in den Schlaf. Adwea wiegte ihn wie ein Kind und weinte selbst um ihre Töchter. Niemand hatte sich die Mühe gemacht, sie von Mansahs Rettung in

Weitere Kostenlose Bücher