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Die Insel Der Tausend Quellen

Die Insel Der Tausend Quellen

Titel: Die Insel Der Tausend Quellen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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nur noch rohes Fleisch, und du kannst gar nichts mehr tun.«
    Nora wollte nach Alimas Händen greifen, aber das Mädchen entzog sich ihr entsetzt. Sie hatte eben schon erschrocken gewirkt, als sie Noras weiße Haut sah, und auch ihre Mutter blickte argwöhnisch. Keitha schien sie allerdings gerade über Noras Geschichte aufzuklären. Die beiden schauten immer wieder zu der Weißen herüber, während sie redeten.
    »Ich tue dir nichts, Alima«, versuchte sie zu beschwichtigen, aber Alima wirkte so ängstlich, dass schließlich María zum Salbentiegel griff und die Kleine verarztete.
    »Ein bisschen du müssen aber doch erzählen«, ermutigte sie das Mädchen dann. »Sonst Mansah platzen vor Neugier. Und das wir nicht wollen haben – geplatzte Mädchen unter Baum.«
    Alima lächelte schüchtern. María hatte eine einnehmende Art, die auch hier ihre Wirkung nicht verfehlte.
    »Du uns nicht sagen willst, was mit dich und Backra, ja?«, fragte María. Nora bewunderte wieder mal ihren Scharfsinn. Zweifellos war dies das Thema, das dem Mädchen am meisten naheging. »Aber uns sagen, warum ganze Familie und alle flüchten. Keitha sagen, ganze Familie kommen aus Afrika, Backra kaufen ganze Familie. Aber das …«
    »Das nicht machen Backras!«, sagte Millie kategorisch.
    Alima nickte entschieden. »Doch!«, sagte sie dann. »Backra Doug schon. Backra Doug an Schiff, wenn wir kommen. Und Mama weinen, ich weinen und …«
    Nora brauchte einen Herzschlag lang, um sich zu fassen. Schon die Erwähnung des Namens schmerzte. Viel mehr, als sie jemals gedacht hatte. Viel mehr, als sie jemals geglaubt hätte, wieder empfinden zu können.
    »Doug … Doug Fortnam?«, fragte sie tonlos.
    Alima nickte wieder. »Ja, Backra Fortnam. Guter Backra. Guter, guter Backra! Mama weinen, ich weinen, Papa weinen – da er kaufen alle. Tun Mama und Papa auf Feld, mich in Haus. Zu Mama Adwe … Gute Haus …«
    Mansah schluchzte auf, als der Name ihrer Mutter fiel. Und Nora dankte dem Himmel, dass die Frauen in der nächsten Stunde so viel Anteil an Mansahs und Alimas Schicksal nahmen, dass keine auf die weiße Frau achtete, die jetzt noch ein wenig bleicher wirkte als sonst. Doug war also noch da, er war eindeutig am Leben, aber daran hatte sie ja eigentlich auch nie gezweifelt. Er führte Cascarilla Gardens – vorbildlich, wie es aussah. Alima berichtete von einer sich fast selbst verwaltenden Sklavensiedlung, von freien Sonntagen, von Hochzeiten unter Sklaven … schließlich in fahrigen Worten von ihrer Stellung bei Hollisters und ihrer Flucht.
    »Ich nicht gehen allein. Aber dann Backra Doug schicken Papa, Mama mit, Kwadwo uns fährt nach Kingston, uns zeigt Weg in Berge. Backra Doug sehr, sehr gute Backra!«
    Das Mädchen endete seine Erzählung und wurde von den anderen Frauen freigebig mit Früchten und Brot versorgt, während Mansah sie weiter nach ihrer Mutter und ihren Freundinnen ausfragte.
    María schien sich auf einmal an Nora zu erinnern.
    »Das doch war dein Pflanzung, nicht?«, fragte sie und sah ihre Freundin forschend an. Sie erkannte zweifellos auf den ersten Blick, wie aufgewühlt sie war. »Aber Backra Doug nicht deine Mann?«
    Nora schüttelte den Kopf, fest entschlossen, sich nichts von dem Strom der Gefühle anmerken zu lassen, die sie fast zittern ließen.
    »Mein Mann ist tot. Das weißt du doch.«
    »Auch nicht deine Sohn?«, stellte María fest.
    Nora zwang sich zu einem nervösen Lachen. »Nein, nein, natürlich nicht. Doug ist, Doug war …« Sie wurde nun doch abwechselnd rot und blass.
    Alima hatte ihre letzten Worte gehört. Sie war nun zutraulicher. Die Beichte vor den Frauen hatte sie gelöst, auch der Weißen gegenüber.
    »Weiße Frau … kennen Backra Doug?«, fragte sie schüchtern.
    Nora wusste nicht, was sie erwidern sollte.
    »Sie wär fast deine Missis geworden«, erklärte María. »Hat dein Backra Doug nie erzählt? Von Vater, die tot, von sein Frau, die hier?«
    Nora zitterte nun wirklich. Sie wusste nicht, ob María wusste, was sie tat, aber die Freundin kannte sie gut. Vermutlich hatte sie beim ersten Blick in ihr aufgewühltes Gesicht gelesen, dass da irgendetwas war zwischen Nora und Alimas Backra.
    Alima schien nicht zu verstehen. Verwirrt sah sie zu María auf. »Doch. Haus ganz verbrannt, wenn kommen. Erst letzte Jahr bauen neue Haus. Aber Missy Nora nicht hier. Kann nicht sein. Missy Nora tot.«

KAPITEL 4
    D oug Fortnam bestand eine hochnotpeinliche Untersuchung durch zwei Constables,

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