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Die Insel der Verdammten

Die Insel der Verdammten

Titel: Die Insel der Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arkady Fiedler
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Nahrung? Selten geschieht es, daß dieser Räuber am hellen Tage angreift, mir blieben somit bis zum Abend noch viele Stunden übrig. Was auch geschehen mochte, ich beschloß, die Höhle nicht aufzugeben und auf den qualvollen Sitz im Baum nicht zurückzukehren.
    Hunger. Ich war vom Hunger völlig erschöpft. In den Schlingen hatte sich wieder nichts gefangen. Wegen des neblig schwülen Wetters verließen die Eidechsen ihre Löcher nicht.
    Gegen Mittag besaß ich noch so viel Kraft, um mir aus einem Zweig und dem Bast einer geschmeidigen Liane einen Bogen zu fertigen und aus hartem Rohr am Bach ein Dutzend Pfeile zu schneiden. Als Knabe hatte ich zum Zeitvertreib so manchen Bogen gebastelt, auch kannte ich die Bogen der Indianer, so daß ich der Sache nicht fremd gegenüberstand. Der kleine Bogen, den ich jetzt machte, reichte mir nur bis an die Achselhöhle, schleuderte aber die Pfeile ausgezeichnet auf eine Entfernung von mehr als fünfzig Schritt. Die keineswegs scheuen Vögel hielten sich scharenweise im Gebüsch, doch
    was half das, wenn ich ein jämmerlicher Schütze war. Sooft ich auch schoß, ich traf nichts.
    Müde legte ich mich schließlich in meiner Behausung nieder, jedoch nur für kurze Zeit, denn der Gedanke an die Nacht ließ mir keine Ruhe. Hinten in der Höhle waren größere und kleinere Felsstücke angehäuft. Diese Brocken beschloß ich an den Eingang zu tragen oder zu wälzen, um dort eine Barrikade zu errichten. Ich wußte, wieviel von dieser Arbeit abhing, und ging daher gleich ans Werk. Die kleineren Steine ließen sich leicht transportieren, dagegen überstieg es meine Kraft, die größeren fortzubewegen — und gerade diese konnten einen ausreichenden Widerstand gegen Angreifer bilden. Wieviel Schweiß und Mühe kostete mich das! Nur mit Hilfe von Brettern, die ich zur Hand hatte, gelang es mir, einige der schweren Steine von der Stelle zu bringen. Alle Augenblicke mußte ich verschnaufen, und immer wieder hieß es, die versagenden Kräfte aufs neue anzuspornen. Als ich die Arbeit endlich geschafft hatte, war ich halbtot vor Anstrengung.
    Dann ruhte ich annähernd eine Stunde. Der Tag ging zur Neige. Die Sonne trat aus den Wolken; unter ihren schrägen Strahlen warfen die Bäume bereits lange Schatten. Wie gewöhnlich wurden die Vögel in den Nachmittagsstunden lebendig und vollführten einen Mordsspektakel.
    Da ertönte unmittelbar am Eingang zur Höhle ein durchdringender Schrei:
    „Piooong!"
    Und sogleich ließen sich in der Nachbarschaft andere Schreie vernehmen:
    „Piooong! Piooong! Piooong!"
    Zu gleicher Zeit hörte ich Flügelschlagen.
    Ich richtete mich hoch. Auf die Ellbogen gestützt, horchte ich. Als ich an den Lauten erkannte, daß die Vögel in der Nähe blieben, ergriff ich Bogen und Pfeile und tastete mich hinaus.
    Vor mir sah ich etwa ein Dutzend Vögel von der Größe unserer Krähen. Man hätte sie gattungsmäßig für eine Zwergart der Raben halten können; sie waren schwarz gefiedert, und ihre ebenfalls schwarzen Schnäbel wiesen am oberen Teil
    einen Buckel auf. 5 Sobald die „Raben" mich bemerkten, gaben sie mit einem noch lauteren „Pi000ng" ihrer Verwunderung oder ihrem Unwillen Ausdruck und dachten nicht daran, zu fliehen. Einige frechere flogen sogar auf mich zu und schrien unbändig.
    Der nächste Vogel saß in einem nicht mehr als zehn Schritt entfernten Strauch. Er hatte die Beinchen auf dem Zweig weit gespreizt und schmetterte mir sein verbissenes „Pi000ng" entgegen. Ich legte auf ihn an und schoß. Trotz des nahen Zieles sauste der Pfeil seitlich ins Gebüsch. Der Vogel hatte gemerkt, daß etwas an ihm vorbeiflog; da er jedoch auf dieser Insel noch keinem Menschen begegnet war, fuhr er fort zu kreischen.
    Der zweite Pfeil ging bereits näher am Ziel vorbei, der dritte flog leider noch darüber hinweg, doch der vierte endlich traf. Welch ein Triumph! - Er durchschlug den Flügel, blieb im Gefieder stecken und warf den Vogel zu Boden. Ich sprang mit einem Satz hinzu und zertrat seinen Kopf. - Ich hatte ihn!
    Der Rest der Schar erhob einen Höllenlärm, zog Kreise über mir und wollte sich am Mörder rächen. Ich schoß ein Mal ums andere, fehlte jedoch schmählich. Dann gingen mir die Pfeile aus, auch begriffen die Vögel endlich die Gefahr und flogen davon.
    Ich riß meine Beute auseinander, noch ehe sie erkaltete, und verzehrte sie ganz; nur Federn, Knochen und Eingeweide blieben zurück.
    Die Nacht verlief ohne Zwischenfälle, doch machten mir

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