Die Insel der Verdammten
hatte ich eine Viertelmeile zurückgelegt, als ich plötzlich wie geblendet stehenblieb. Ein wunderbarer Anblick bot sich meinen Augen dar.
Es wuchsen hier niedrige Bäume, behangen mit gelben Früchten, die in ihrer Größe und Form Äpfeln glichen. Das Innere der Früchte bestand aus mehligem, rosigem Fleisch, so süß und schmackhaft, daß es im Munde zerging. Ich pflückte
eine Menge dieser Leckerbissen und aß, daß mir die Ohren wackelten. Es gab hier eine große Anzahl dieser willkommenen, nützlichen Bäume. Viele reife Früchte lagen bereits auf der Erde und andere, noch unentwickelte kleine und grüne, hingen an den Zweigen. Die unterschiedliche Reifezeit ließ mich hoffen, daß ich hier ausreichende Nahrung für lange Wochen, ja vielleicht sogar für Monate finden würde.
„Paradiesäpfel!" rief ich freudestrahlend, als ich sah, daß sich verschiedene Vögel und Insekten, insbesondere aber Wespen, an die nahrhafte Speise heranmachten.
Ich fürchtete diese Konkurrenz nicht, da die verlockenden Bäume sehr zahlreich waren und der Vorrat für alle reichte.
Das bedeutete für mich eine wichtige Entdeckung. Sie kündete das Ende der bisherigen Schwierigkeiten und verjagte endgültig den Hunger. Kein Wunder, daß mich freudige Erregung überwältigte.
Es war noch Frühlingszeit, der Tag hatte soeben erst begonnen. Ich wanderte weiter, um festzustellen, was im Innern der Insel vor sich ging, entdeckte jedoch nichts Außergewöhnliches. Bald endete der Wald, er ging an einer Stelle in Bambusdickicht, an einer anderen in eine grasbewachsene Lichtung über. Dann traten wieder trockene Sträucher und Kakteen auf, die sich wohl bis zum Meer am Westrand hinzogen. Ich erreichte das Innere der Insel, ohne jedoch auf Wild zu treffen.
Auf dem Rückwege pflückte ich so viel Paradiesäpfel, wie mein Korb faßte. Die Last erwies sich für meine von der Krankheit geschwächten Kräfte als reichlich schwer, da aber mein Herz sang, schritten auch die Beine munter voran. Wie vom Füllhorn gespendet, so häuften sich an diesem Tage die glücklichen Ereignisse. Als ich das Hasenrevier erreichte, sah ich, daß sich in den ausgelegten Schlingen bereits zwei Hasen gefangen hatten. Sie zerrten verzweifelt, aber erfolglos hin und her.
Ich konnte sie jetzt von nahem besehen. Sie gehörten ebenfalls zur Gattung der Nagetiere und hatten überdies zierliche Läufe. Unseren Hasen ähnelten sie keineswegs; da ich ihnen jedoch diese Bezeichnung bereits beigelegt, nannte ich sie auch weiterhin Hasen. Vorsichtig, um sie nicht zu verletzen,
band ich ihnen alle vier Füße zusammen. Ich befestigte die Tierchen oben auf dem Korb und trat, Bogen und Pfeile in der einen und den Spieß in der anderen Hand, in gehobener Stimmung den Rückweg zur Höhle an.
Nun besaß ich bereits drei Arten von Lebewesen: Papageien, Eidechsen und Hasen. Die Unterbringung der Nagetiere bereitete mir aufs neue Sorge. Als ich sie in den Papageienkäfig steckte, warfen sich die feindseligen Vögel auf die Neuankömmlinge und pickten sie mit den Schnäbeln. Da ihre Schnäbel scharf waren, mußte ich die Hasen, solange sie noch lebten, schnellstens wieder herausnehmen. Vorläufig setzte ich sie in die Höhle, die ich sorgsam absperrte. Um einen neuen Käfig zu zimmern, fehlte mir die Zeit. Für die Nagetiere mußte eine Grube ausgehoben werden.
Sobald am Nachmittag die Hitze nachließ, eilte ich den Strand entlang zu der Stelle, wo der Panzer der. durch das Raubtier getöteten Schildkröte lag. Ich fand sie leicht. Ein Stück von diesem Panzer, das ich mit einem Stein abschlug, setzte ich keilartig in einen gespaltenen starken Ast und band beides mit Lianen fest zusammen. Meine Schaufel war fertig. Ich probierte sie sogleich aus — das Gerät hielt gut zusammen.
Ungefähr fünfzig Schritt von der Höhle entfernt hob ich eine Grube aus. Die Arbeit ging mir gut von der Hand, denn der Boden hier war weich. Die Grube bildete ein Quadrat von fünf mal fünf Schritt, sie war mehr als mannstief. Ich setzte die Hasen hinein und bedeckte die Grube mit Zweigen. Das hinderte die Nagetiere am Ausbrechen, gab ihnen Schutz vor den Sonnenstrahlen und sicherte sie, wenn auch unzureichend, gegen ungebetene Gäste. Die Hasen machten sich am gleichen Tage an die Paradiesäpfel heran, die auch den Papageien so gut mundeten. Hätte ich sie ihnen nicht in Rationen zugeteilt, so wäre der ganze mitgebrachte Vorrat in kaum einer halben Stunde vertilgt worden. In der Grube brachte ich
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