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Die Insel der Verdammten

Die Insel der Verdammten

Titel: Die Insel der Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arkady Fiedler
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jedesmal meine Abwesenheit mit dem Verlust eines oder zweier Hasen zu bezahlen. Der rätselhafte Feind zerrüttete meine Nerven bis zu dem Grade, daß ich von neuem ernstlich um meine Gesundheit besorgt wurde.
    Die Bestie behielt mich dauernd im Auge, wovon ich mich wiederholt überzeugen konnte. Zu wissen, daß man von einem Räuber ständig beobachtet und aus nächster Nähe belauert wird, während man nicht sagen kann, wo er sich befindet, nicht einmal seine Gestalt kennt, nicht weiß, ob er einem vielleicht im nächsten Augenblick auf die Schulter springt, das ist fürwahr ein scheußliches Gefühl, ein gespenstisches Blindekuhspielen. Einmal entfernte ich mich nur für eine Viertelstunde, um Wasser aus dem Bach zu holen. Als ich zurückkehrte, fehlte bereits eines der Tiere. Und ringsum war alles wie zuvor, keinerlei Bewegung in den Sträuchern, keinerlei verdächtiges Rascheln. Ich begann an meinem gesunden Verstand zu zweifeln.
    Die Raubgier des Feindes ging Hand in Hand mit einer bei Tieren ungewohnten Frechheit und Hinterlist. Sollte er unsichtbar sein? Ich durchsuchte mit größter Vorsicht jeden Strauch und jeden Baum in der Nähe, ohne eine Höhlung oder ein Loch zu übersehen. In breitem Gürtel lockerte ich sogar die Erde rings um die unglückselige Grube und beseitigte alles Unkraut, da ich feststellen wollte, welche Spuren die Pfoten des Räubers hinterlassen würden. Als ich nach einstündiger Abwesenheit zurückkehrte, sah ich, daß er dagewesen war. Wieder fehlte ein Hase, ohne daß sich deutliche Spuren erkennen ließen. Der umgegrabene Erdboden wies allerdings einige Veränderungen auf, doch suchte ich vergebens nach Pfotenspuren. Einer völligen Nervenzerrüttung nahe, sprang ich, aus Furcht, der Räuber könnte sich auch auf mich stürzen, zur Höhle — doch, wer weiß, vielleicht lauerte er gerade dort auf mich?
    Als ich zu mir kam und das seelische Gleichgewicht wiedererlangte, schwor ich mir, alles, was meinen Tag bisher ausgefüllt hatte, zu vernachlässigen und nicht eher z.0 ruhen, bis ich hinter das Geheimnis gekommen sei. Ich beschloß, den Teufel an den Hörnern zu packen.
    Am folgenden Tage verließ ich zur gewohnten Zeit, und wie immer mit Messer, Bogen und Spieß ausgerüstet, die Höhle. Nachdem ich jedoch keine zweihundert Schritt in der üblichen Richtung gegangen war, legte ich mich hinter einem Strauch auf die Erde. Heimlich wie ein Dieb kroch ich zu
    meiner, eigenen Behausung zurück und näherte mich ihr bis auf fünfzig Schritt. In dieser sicheren Entfernung kauerte ich unter einem Busch nieder, von wo aus ich sowohl die Höhle als auch die Hasengrube und den Papageienkäfig gut übersehen konnte. Die Bestie mochte in der Nähe sein und mich aus dem benachbarten Dickicht beobachten — ich kümmerte mich nicht darum. Ein jäher Zorn hatte mich erfaßt. Was auch geschehen sollte, ich war entschlossen, nicht nachzugeben.
    Lange brauchte ich nicht zu warten. Ich sah, wie sich etwas bewegte, jedoch nicht im Gebüsch, in dem ich mich versteckt hielt, sondern am Hang der Anhöhe. Über meiner Höhle stieg der Berg ziemlich steil an. Der von Riefen und kleineren Spalten zerfurchte Abhang war mit Geröll und kümmerlichem Strauchwerk bedeckt. Von dort schlich das Tier abwärts. Da es sich zwischen den Unebenheiten der Erdoberfläche hielt, sah ich nicht viel von ihm.
    Erst am Fuße des Berges erkannte ich es. Eine riesige Schlange kroch langsam in Wellenlinie auf meine Grube zu. Sie sah wie ein Ungeheuer aus einer anderen Welt aus. Meinen erregten Augen erschien sie sehr lang. Ihr Körper, dicker fast als ein Männerschenkel, zeugte von gewaltiger Kraft; sicherlich konnte er einem ausgewachsenen Ochsen, wenn er ihn umschlungen hatte, sämtliche Rippen zerbrechen. Wie wollte ich nun diesem Riesen mit der armseligen Waffe, die ich besaß, entgegentreten? Der Zweifel ließ mich zögern.
    Inzwischen war die Schlange bis an die Grube herangekrochen und blieb vor ihr liegen. Sie hob den Kopf. In dieser Stellung verharrte sie eine Weile unbeweglich und horchte. Als ahne sie Gefahr, starrte sie mit ihren kleinen Äuglein ins Gebüsch, in dem ich lauerte. Dann durchschlug sie mit dem Kopf das Dach aus Zweigen und steckte ihn in die Grube. Der größere Teil des Körpers blieb draußen.
    Jetzt, dachte ich, greift dieser Hundsfott meine Hasen! Mich packte die Wut auf den Räuber.
    Ich verlor meine Beherrschung, sprang auf und rannte, auf nichts achtend, so schnell mich die Beine trugen,

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