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Die Insel der Verdammten

Die Insel der Verdammten

Titel: Die Insel der Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arkady Fiedler
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mächtiger Verbündeter!
    Rasch holte ich trockene Zweige herbei, die in großer Menge umherlagen. Als ich die Kraft des Feuers gesichert und mich überzeugt hatte, daß es nicht ausgehen würde, tötete ich einen Hasen, zog ihm das Fell ab, weidete ihn aus und steckte das Fleisch an eine Stange, um es langsam über dem Feuer zu wenden. Bald verbreitete sich in der Luft scharfer Bratengeruch. Er war so betäubend, daß mir schwindlig wurde. Ich hatte den Mund voller Speichel. Wie hungerte doch mein Magen nach einem Braten!
    Diesen ersten Schmaus werde ich niemals vergessen. Während das Feuer fröhlich loderte und zischte, stand ich freudetrunken dabei und labte mich an dem leckeren Mahl. Ich war stolz darauf, daß ich den Naturkräften diesen kostbaren Schatz entrissen hatte.
    Wieder kam mir eine Erfahrung aus den virginischen Wäldern zustatten. Mühelos konnte ich das Feuer unterhalten, ohne daß es erlosch. Nur gab es aus diesem Grunde mehr zu tun, da sich zu meinen Pflichten eine neue hinzugesellte: Ich mußte von jetzt an Brennstoffvorräte herbeiholen.
    Das Bewußtsein, daß ich nun Feuer besaß, gab mir Mut, stärkte meinen Unternehmungsgeist und beflügelte meine Gedanken. Ich überlegte bereits, wie ich nach Robinsons Vorbild Gefäße aus Ton brennen und darin Speisen kochen könnte. Vorher gab es jedoch eine andere Arbeit zu verrichten.
    Um diese Zeit, in der ersten Maihälfte, gingen am Himmel große Veränderungen vor. Dicke Wolken ballten sich mehr und mehr über der Insel zusammen, und der Platzregen nahm von Tag zu Tag zu. Kein Zweifel, daß die Regenperiode nahte.
    Ich befand mich bereits reichlich zwei Monate auf der Insel. Wie oft war ich in dieser Zeit auf den Gipfel der Anhöhe geeilt und hatte mir vergebens die Augen ausgeschaut! Immer mehr machte ich mich mit dem Gedanken vertraut, daß ich hier länger als vermutet bleiben würde. Und dieser Notwendigkeit mußte ich mich nun anpassen. Im Sack befand sich eine geringe Menge Mais-und Gerstenkörner. Früchte und Fleisch in rohem Zustand wurden mir allmählich zuwider. Das angefachte Feuer ermöglichte es mir, meine Speisen ab-
    wechslungsreicher zu gestalten; wären mehr Körner dagewesen, so hätte ich sie zu Mehl verreiben und daraus Brot backen können. Aus den Erzählungen Robinsons erinnerte ich mich, daß die Regenperiode der Zeitpunkt für die Aussaat sei, und so beschloß ich, unverzüglich den Boden zu bebauen.
    Etwa zweihundert Schritt von der Höhle entfernt fand ich am Ufer des Baches eine geeignete Stelle. Der Boden schien mir fruchtbar zu sein; üppig wucherten hier Unkraut und Sträucher. Ich machte mich mit Eifer daran, die Wildgewächse auszurotten. Seit Urzeiten hielten sie hier die Erde im Joch, sie hatten sich tief verwurzelt. Der Kampf mit ihnen war deshalb schwer, mein Gerät mehr als primitiv. So mancher Schweißtropfen fiel mir von der Stirn, und es dauerte eine Woche, bis ich das fünfzig mal fünfzig Schritt große Feld gesäubert hatte. Den Boden umzugraben kostete ebenfalls viel Mühe, denn die harte Erde war mit Wurzeln durchsetzt. Ich zerbrach meine Schaufel und mußte aus dem Schildkrötenpanzer eine neue anfertigen. Nach einer Woche war ich endlich mit dem Graben fertig.
    Die Körner säte ich auf zwei getrennten Schlägen aus: auf dem einen Mais, auf dem andern Gerste. Es stellte sich heraus, daß ich mehr Land bereitet hatte, als ich Körner besaß. Nach der Aussaat eggte ich den Boden mit einem Ast, um die Körner vor den Vögeln zu schützen. Als die Arbeit geschafft war, streckte ich die Glieder und atmete erleichtert auf.
    „Nun ist die große Sache vollbracht!" sagte ich mir und betrachtete befriedigt das Feld. „Wie wird wohl die Ernte sein?" Der Mai ging zu Ende. Es regnete. Der Regen fiel, von Gewittern begleitet, oft und reichlich, war aber jeweils nur von kurzer Dauer. Mehrmals am Tage trat die Sonne hinter den Wolken hervor. Die schwüle Luft duftete nach feuchtem, warmem Laub.

Ich erblickte zwei Menschen
    D ie Einsamkeit machte sich fühlbar. Immer öfter sprach ich laut mit mir selbst. Mein Ich spaltete sich gewissermaßen in zwei Individuen: das eine aufbrausend und hitzig, das andere widerspenstig und zurückhaltend. Wenn der Hitzkopf etwas behauptete, so neckte ihn das andere Ich und widersprach ihm. Wahrscheinlich mußte ich mich, da ich gewohnt war, in einer menschlichen Gesellschaft meine Gedanken zu äußern, an irgend jemand reiben, sei es auch an mir selbst. Solche Wunderlichkeiten

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