Die Insel der Verdammten
höchstens mit einem Lendenschurz umgürtet.
Ich war der Menschen bereits so entwöhnt, daß sich beim Anblick dieser beiden meine Kehle zuschnürte und ich schwindlig wurde. Die nahe Gefahr und das unverhoffte Erscheinen menschlicher Wesen machten mich ganz benommen. Ich prüfte nochmals meine Waffen und hielt sie fest in beiden Händen.
Weshalb liefen sie so? fragte ich mich. Ob sie mich sahen? Unmöglich! Ich hatte doch meine Nasenspitze nicht aus dem Gebüsch gesteckt . . .
Sollten es Indianer sein, so haben sie Falkenaugen! Am
Ende erblickten sie mich doch.. .?
Wenn das der Fall wäre, so stünde die Sache schlecht. Nur
die Überraschung verschaffte mir eine Aussicht auf Sieg, besonders wenn man bedachte, daß sie zwei oder gar mehrere waren.
War es ratsam, unter solchen Umständen weiterzugehen, oder sollte ich lieber in die Höhle zurückkehren.
Nein, es gab keinen anderen Ausweg; ich mußte weitergehen und mich überzeugen, wer sie seien und was sie vorhätten.
Da ich jetzt wußte, wo ich sie suchen sollte, zog ich mich ins Dickicht zurück. Unter seinem Schutz wand ich mich, fern vom Wasser, eiligst durch die Sträucher und gelangte in weitem Halbkreis um die Bucht. Auf ihrer anderen Seite bot ich meine ganze Wachsamkeit und Umsicht auf, die mich das Waldleben gelehrt hatte. Sollten mich jene vorhin bemerkt haben, so rechneten sie sicherlich, ich würde von der Wasserseite her erscheinen. Daher drang ich noch tiefer in die Insel ein und machte einen großen Bogen, um sie irrezuführen und ihnen in den Rücken zu fallen. Von dorther würden sie mein Kommen bestimmt nicht erwarten.
Das Buschwerk war hier sehr dicht und leider, wie überall auf der Insel, voller Stacheln, die mir die Haut aufrissen. Oft mußte ich am Erdboden entlangkriechen. Ich hatte nur ein Ziel vor Augen: sie als erster zu entdecken und zu überrumpeln.
Es kam anders. Sie erblickten mich zuerst. Als ich das am wenigsten erwartete, pfiff ein Pfeil an meinen Ohren vorbei und blieb im nahen Strauch stecken. Ich warf mich zu Boden. Ein Glück, daß er hier Unebenheiten aufwies. Durch eine grabenähnliche Vertiefung gedrückt, konnte ich mich sicher entfernen. Niemand schoß nach mir. Nach ungefähr zweihundert Schritt blieb ich stehen und schaute mich um. Weder Geräusche noch Stimmen verrieten den Gegner. Hinter mir sah ich niemand. Ich wußte, in welcher Richtung der Schütze lauerte, der den Pfeil auf mich abgeschossen hatte. Aber wo war der andere. Vielleicht vor mir?
Eilends zog ich mich aus der Falle. zurück. Erst eine halbe Meile von der Schußstelle entfernt, atmete ich ruhiger.
Auf Umwegen strebte ich meiner Höhle zu, wanderte kreuz und quer und traf wiederholt auf meine eigene Spur, da
ich mich über die Absichten des Gegners vergewissern wollte. Es schlich jedoch niemand hinter mir her. Um die möglichen Verfolger zu täuschen, sprang ich an geeigneter Stelle — wo die Felsen an kleinen Einbuchtungen flach zum Meer abfielen — ins Wasser und watete den Strand entlang. In der Nähe der Höhle verwischte ich meine Fußstapfen. Die wenigen Stunden, die mir bis zum Abend blieben, benutzte ich, um alle früheren Merkmale meiner Anwesenheit in dieser Gegend zu tilgen. Eine mühselige, aber notwendige Arbeit. Überzeugt, daß jene meinen Aufenthaltsort nicht so leicht ausfindig machen könnten, legte ich mich schlafen.
Die Abenteuer des Tages hatten mich aufgeregt. Eines stand für mich fest: Ich würde mich in nächster Zeit mit fremden Menschen auf der Insel entscheidend auseinanderzusetzen haben; doch war ich zu sehr erschöpft, als daß ich über einen bestimmten Plan für mein Vorgehen hätte nachdenken mögen. Ich schlief bald ein.
Arnak und Wagura
A ls ich am frühen Morgen erwachte, sah ich die Welt in einem anderen Lichte als bisher: Sie war starr und voll unbekannter Gefahren, die in jedem verdächtigen Strauch zu lauern schienen. Doch dann ging die Sonne auf, die Papageien im Käfig lärmten und verlangten ihr tägliches Futter, und als ich sie und auch mich gesättigt hatte, gewann ich Kraft und Mut wieder. Das Leben forderte seine Rechte. Es ließ nicht zu, daß die Tagespflichten vernachlässigt wurden. Zu ihnen gehörten vor allem die Jagdausflüge.
Doch schritt ich nicht mehr so sorglos durch das Gebüsch wie vordem, als ich nur nach Jagdwild oder vierbeinigen Räubern zu spähen brauchte. Die gestrigen Ereignisse gingen mir nicht aus dem Kopf. Die Entdeckung zweier rätselhafter Menschen hatte eine Art
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