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Die Insel der verlorenen Kinder

Die Insel der verlorenen Kinder

Titel: Die Insel der verlorenen Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer McMahon
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kann das sein, dass du all das vergessen hast?»
    Er schüttelte den Kopf und meinte nur: «Es ist schon lange her.»
    Sie schwiegen eine Weile. Peter rauchte und starrte in seine leere Flasche, die er wie ein Kaleidoskop hin und her drehte. Rhonda betrachtete sein Gesicht und versuchte sich vorzustellen, wie es damals, an jenem fernen Ostertag, ausgesehen hatte, suchte die Erinnerung an den Jungen, mit dem sie hinter dem fliehenden Hasen hergerannt war. Sie dachte auch an Peters Schwester Lizzy, von der sie, genau wie von Daniel, kaum jemals sprachen. Rhonda erinnerte sich, wie Lizzy und Daniel in den Garten zottelten, als siean jenem Ostertag als Letzte aus dem Wald zurückkehrten. Im Rückblick dachte Rhonda, das könnte vielleicht ein Zeichen gewesen sein, ein Omen, das schon damals darauf hindeutete, dass die beiden eines Tages verschwinden würden, als wären sie auf Eierjagd in den Wald gegangen und niemals zurückgekehrt.
    «Tut mir leid wegen des Themas», sagte Rhonda. «Ich wollte gar nicht darüber sprechen, nur hatte ich all das bis heute Nachmittag vollkommen vergessen. Schließlich sieht man nicht jeden Tag einen riesengroßen weißen Hasen.»
    «Oder eine Entführung», fügte Peter hinzu und beugte sich vor, um seine Zigarette auszudrücken, anscheinend erleichtert über den Themenwechsel. Er mied noch immer ihren Blick. Rhonda ließ sich so weit nach unten gleiten, dass ihr Kinn die Oberfläche des dampfenden Wassers berührte.
    «Ich habe wahnsinnige Schuldgefühle, dass ich hier hocke und Bier trinke, während das arme kleine Mädchen irgendwo da draußen ist – und nur weil ich zugelassen habe, dass der Hase sie mitnimmt», sagte Rhonda.
    «Was hättest du denn machen sollen, Ronnie?», fragte Peter.
    «Ich weiß nicht. Hupen. Aussteigen und schreien. Den Notruf wählen – dafür hab ich doch das verdammte Handy, oder? Auf das Autokennzeichen schauen. Irgendwas. Aber ich bin einfach auf meinem Arsch hocken geblieben. Ich hab mich   … ich weiß nicht   … wie betäubt gefühlt. Wie hypnotisiert. Als hätte der Hase mich irgendwie verhext. Und ich hatte Angst, Peter. Ich meine, erst als die beiden losfuhren, hab ich gemerkt, dass ich die ganze Zeit den Atem angehalten hatte. Mein Herz raste wie blöd.»
    «Natürlich hattest du Angst», meinte Peter.
    «Und jetzt hocke ich einfach hier in diesem verdammten Whirlpool, wo ich doch eigentlich unterwegs sein und irgendwas unternehmen sollte.»
    «Was möchtest du denn machen?», erkundigte er sich.
    «Ernie finden.»
    Tack kehrte zurück, einen glimmenden Joint im Mund.
    «Wir sollten die Dreiundzwanzig-Uhr-Nachrichten schauen», sagte Tack. «Ich wette, die wissen irgendwas Neues. Zum Teufel, vielleicht ist sie inzwischen sogar schon gefunden worden. Vielleicht war das einfach nur ein dummer Streich?»
    «Wer sollte denn so was machen?», fragte Rhonda.
    «Keine Ahnung», gab Tack zurück. «Vielleicht hat das Mädchen in dem Loch in Virginia ja jemanden auf dumme Gedanken gebracht. Das kommt schon seit Wochen täglich in den Nachrichten. Vielleicht war es einfach so ein junger Draufgänger, der die Kleine irgendwo draußen absetzt, wenn ihm klar wird, was für eine totale Scheiße er da gebaut hat.»
    Ella Starkee, das Mädchen aus Virginia, war von einem Farmer und seinem Border Collie gefunden worden. Der Farmer und sein Hund wurden seitdem von einer Nachrichtenshow im Frühstücksfernsehen an die nächste weitergereicht. Zusammen mit Ella hatten sie sich für die Titelseite des Wochenmagazins
People
ablichten lassen. Das kleine, rotwangige Mädchen mit den ordentlich geflochtenen Zöpfchen strahlte darauf über beide Backen.
    Rhonda ertappte sich bei dem Gedanken, wie groß die Käfer wohl gewesen sein mochten, die das kleine Mädchengegessen hatte – waren es winzige Käferchen gewesen oder eher größere wie die Junikäfer? Richtig nahrhafte vielleicht?
    «Wo warst du heute eigentlich?», fragte Rhonda Peter. «Du arbeitest doch normalerweise montags?»
    «Ich hab mir freigenommen, um wandern zu gehen», antwortete er.
    «Wart ihr zu dritt unterwegs?», wollte Rhonda wissen.
    Tack reichte Peter den Joint, atmete aus und sagte: «Nein. Er hat sich ohne uns aus dem Haus geschlichen. Suzy und ich haben uns ein Picknick zurechtgemacht und sind zum Parkplatz beim Gunner’s Ridge gefahren, weil wir dachten, er wäre dort unterwegs, aber da war er nicht. Also haben wir ein kleines Picknick nur unter Frauen gemacht.»
    «Ich habe eine andere

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