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Die Insel des Mondes

Die Insel des Mondes

Titel: Die Insel des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrix Mannel
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prüfend. »Sie sind zwar ein wenig mager, aber eine wie Sie könnte ich noch gut gebrauchen, momentan habe ich eine Merina, eine Chinesin, eine Inderin und zwei Afrikanerinnen. Eine Weiße würde sicher noch ein paar mehr zahlungskräftige Männer anlocken. Schade nur, dass Sie nicht blond sind, das wäre die Krönung …«
    Paula benötigte einen Moment, um zu verstehen, was Madame Rivet da gerade zu ihr gesagt hatte, und als es endlich in ihren Verstand eingesickert war, stand sie sofort auf, um sich zu verabschieden.
    »Ich habe Sie gekränkt, nichts lag mir ferner, es war als Kompliment gedacht.« Madame Rivet lachte laut, was sich wie eine Art tiefer Husten anhörte.
    »Nein, nein, Sie haben mich nicht verletzt«, erklärte Paula hastig, allein der Gedanke, einen Mann je wieder in ihre Nähe zu lassen, war unerträglich und verursachte ihr Übelkeit. »Männer sind für mich Vergangenheit.«
    Madame Rivet stand nun ebenfalls auf, trat näher zu Paula und betrachtete ihr Gesicht intensiv. Strich dann mit dem ringgeschmückten Zeigefinger ihrer rechten Hand ganz leicht über Paulas Wangen und schüttelte den Kopf, was die silbernen Fruchtkörbchen an ihren Ohren zum Schwingen brachte. »Was für eine Verschwendung, diese zarten Knochen schreien förmlich nach Berührung.«
    Paula benötigte all ihre Erziehung, um sich zu beherrschen, am liebsten hätte sie die Hand der Bordellwirtin weggeschlagen. Seit ihrer Scheidung hatte es niemand gewagt, ihr so nahe zu kommen, geschweige denn sie anzufassen.
    »Kindchen, sie sind niemals passé, die Männer! Das wünschen wir uns wohl manchmal, aber sie verleihen unserem Leben die nötige Würze, wie armselig wäre denn ein Leben ohne sie?«
    Sehr arm, dachte Paula bissig, Madame Rivet wäre natürlich sehr arm ohne Männer, doch sie schaffte es zu schweigen, denn schließlich brauchte sie das Geld, und Madame Rivet war ihr erster Großabnehmer.
    »Ich muss jetzt gehen. Sobald ich die gewünschten Seifen fertiggestellt habe, lasse ich sie Ihnen zukommen.«
    »Denken Sie an meine Worte, Sie sind noch lange nicht fertig mit den Männern. Ich kenne mich da aus.« Madame Rivet lachte tief und schallend und brachte sie persönlich zur Tür, wo sie, immer noch empört über Madame Rivets Worte, beinahe über Morten gefallen wäre, der dort auf den Stufen hockte und in seine Bibel starrte.
    Als er sie bemerkte, stand er sofort auf, taumelte aber so stark, dass sie nach seinem Arm griff, um ihm einen Sturz zu ersparen.
    »Schschöner Tach heute, gnädischesch Fräulein«, hatte er genuschelt und ihr seinen Arm angeboten. Paula, die für heute genug Berührungen über sich hatte ergehen lassen, lehnte ab, und Morten war trotz seines Zustandes Gentleman genug, um sie nicht zu bedrängen.
    Offensichtlich kannte er den Weg in die Stadt so gut, dass er ihn auch im Schlaf hätte gehen können, und Paula war froh, denn allein hätte sie nicht zurückgefunden. Zu Beginn versuchte er ihr zu erklären, was er bei Madame Rivet gemacht hatte, aber Paula wollte seine Lügen nicht hören, und so war er nach einer Weile an der Seite seiner einsilbigen Begleiterin verstummt.
    Zwei Tage später war er wiedergekommen, um sich zu entschuldigen, und hatte ihr versichert, dass er kein Säufer sei, sondern ein Missionar von echtem Schrot und Korn, der sogar an den übel beleumdeten Orten nach Gottes Kindern sucht. Und jetzt saß er hier am Feuer, war betrunken und redete davon, die Königin zu treffen. Alle wollten eine Au dienz bei der Königin, aber Morten glaubte, dass er die besten Chancen hatte, weil er Missionar war. Denn die amtierende Königin Ranavalona II. war die erste Königin in Madagaskar, die sich zum christlichen Glauben bekannte, und sie war überzeugte Anglikanerin.
    Noria hatte ihnen trotzdem wenig Hoffnung gemacht. Es war höchst unwahrscheinlich, dass die Königin sie empfangen würde, da Ambohimanga eine heilige Stätte war, zu der Europäer nur in seltenen Ausnahmefällen Zutritt erlangen konnten. Das wäre in dem Palast in Antananarivo leich ter gewesen. Trotzdem hatte keiner von ihnen auch nur einen Moment gezögert, weil sie hofften, dass es ihnen gelingen würde, bis zur Königin vorzudringen.
    Paula fürchtete, ihr Grund, die Königin sprechen zu wollen, war am wenigsten überzeugend, aber sie musste mit ihr reden, denn das war ihre letzte Hoffnung. Trotz all ihrer Anstrengungen war es ihr bis jetzt nicht gelungen, auch nur das Mindeste über das Erbe ihrer Großmutter

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