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Die Insel des Mondes

Die Insel des Mondes

Titel: Die Insel des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrix Mannel
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hätte es dieses schwer missgebildete Kind gegeben, das nach wenigen Tagen gestorben war.
    Paula war mit siebzehn an einen Greis verheiratet worden und hatte weder einen Liebhaber noch irgendwelche Vorstellungen davon gehabt, was in der Hochzeitsnacht passieren würde, weil ihre Mutter sie in dieser Hinsicht völlig im Dunklen gelassen hatte. Natürlich hatte sie zusammen mit Johannes-Karl auf dem Hof bei Josefa kopulierende Schweine, Kühe und Hunde gesehen, aber sie war nicht auf die Idee gekommen, das auf Menschen zu übertragen.
    Bei dem Gedanken an ihren Ehemann lief trotz der Hitze ein Schauer über ihren Rücken und schüttelte sie. Auch nachdem zwei Ärzte bewiesen hatten, dass sie keineswegs an der Französischen Krankheit litt, sondern kerngesund war, hatte Eduard von Wagenbach überall erzählt, was für ein kolossales Flittchen sie war, was für ein Wolf im Schafspelz, dem er nur knapp entronnen war. Und nach der Scheidung war auch die finanzielle Unterstützung, die ihre Mutter und Gustav bis dahin von Wagenbach erhalten hatten, dahin, was dann zum endgültigen Bruch mit ihrer Mutter geführt hatte.
    Wenn Paula in dieser Zeit nicht das Rezeptbuch ihrer Großmutter und die Öle gehabt hätte, wäre sie gestorben.
Allein der Gedanke daran, dass es diese aromatische Süße gab, diese wundervollen Gerüche, so flüchtig sie auch sein mochten, hatte sie davon abgehalten, sich im Königssee zu ertränken. Ja, sie fand sogar heraus, dass Düfte sie nicht nur trösteten, so wie Vanille oder Zimt, sondern auch stark und wütend machen konnten, wie der fruchtig-zitronige Ingwer mit seinem scharfen, bitteren Feuer. Sie konnte sogar spüren, wie die hell duftende Angelikawurzel ihren Körper in den einer Amazone verwandelte. Und ihr Plan, ein Parfüm zu kreieren, das Frauen nicht nur schmückte, sondern heilte, ihnen Kraft gab und sie stark machte, wurde zu dem Ziel, das sie durch die üblen Tage trug, an denen ihre Wunden am Bauch nicht heilten. Ein Ziel, das ihr einen Grund gab weiterzuleben, nachdem ihr der Arzt sagen musste, dass durch den Kaiserschnitt, den ihr Mann bei der Geburt erzwungen hatte, ihre Gebärmutter für immer zerstört war. Ihr Arzt hatte sich zuerst geweigert, weil Paula noch nicht tot war und nur sehr wenige Frauen diesen gefährlichen Eingriff überlebten. Aber Wagenbach war so besessen davon, einen Erben zu bekommen, dass ihm alles andere gleichgültig gewesen war.
    Sie musste jetzt öfter stehen bleiben, weil der Jasminduft immer schwächer wurde, und jedes Mal, wenn sie sich neu in Bewegung setzte, musste sie sich zureden, sich zusehends überreden, denn ihre Füße fühlten sich an wie eine einzige offene Wunde, während ihre Kehle immer weiter austrocknete.
    Nach Stunden entdeckte sie zwischen den Palmen, Nest farnen, Moosen und Lianen endlich eine Ravenala. Mit deren Wasser konnte sie hoffentlich auch ihre Hände von dem klebrigen Film, den die Jackfrucht hinterlassen hatte, reinigen.
    Sie legte ihr Bündel ab und baute wieder eine Hängematte für Jo, in der er vor Insekten sicher war, zog dann die Buschmesser hervor und trat zur Ravenala. Diese Palme wuchs wie ein Fächer, angeblich immer in Ost-West-Richtung. Aus dem Boden sprossen die meterlangen Blattachsen, dicke hohle Röhren, die Wasser speichern konnten. Am Ende jeder Blattachse wuchs dann ein großes Palmblatt, deshalb sah diese Palme von Weitem so aus, als hätte jemand einen übergroßen Fächer in die Erde gerammt.
    Paula klopfte an eine der Röhren und freute sich, als sie ein Gluckern hörte. Dann rammte sie das Coup-Coup in den unteren Teil der Palme, wo sich die Blattröhren zu einem stammähnlichen Gebilde vereinten, und hielt ihre Wasserflasche darunter. Tatsächlich strömte Wasser heraus, aber es war voll toter Mücken, Larven und Dreck, und es roch modrig. Paula stiegen die Tränen in die Augen. Das also war die berühmte Palme, von der alle Reiseschriftsteller, deren Bücher sie vor ihrer Reise nach Madagaskar verschlungen hatte, behaupteten, ihr Wasser könnte Leben retten. Sie spähte in ihre Wasserflasche, und ihr wurde vom Geruch und dem An blick der toten Insekten übel. Na gut, versuchte sie sich zu trösten, wenn man vielleicht wirklich ganz kurz davor war, zu verdursten, dann würde man auch das trinken. Aber sie könnte es durch ein Mulltuch filtern. Sie holte die zweite Flasche und ein Tuch, verlor beim Umfüllen einiges, aber immerhin schwammen jetzt keine Tierchen mehr darin herum, nur der Modergeruch

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