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Die Insel des Schreckens

Die Insel des Schreckens

Titel: Die Insel des Schreckens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans W. Wiener
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Echo verklang allmählich in den Gewölben. Es wurde still um Mythor. So still, dass er seinen eigenen Herzschlag zu hören vermeinte. Irgendwo in dem Gewirr der Gänge fielen monoton Wassertropfen in eine Pfütze. Mythor war allein.
    *
    Ysider! Der Name schoss Mythor durch den Kopf. Die Schergen in den braunen Kutten hatten diesen Namen mehrfach erwähnt. Wenn sie ihn aussprachen, taten sie das mit Furcht und Achtung. »Du kennst die Gebote Ysiders!« hörte Mythor noch einmal die Schergen sprechen. »Ysider will diesmal vier!« War Ysider der Herr von Zuuk?
    Es sah so aus. Mythor griff nach Alton und zog das Gläserne Schwert aus der Gürtelschlaufe. In der feuchten Kälte dieser Gewölbe beruhigte der warme Griff der Waffe und ließ Mut und Kraft auf ihn überströmen. Er würde diesen Herrscher finden.
    Noch wusste Mythor nicht, in welche Richtung er sich wenden sollte. Die Gänge ähnelten sich zu sehr, es war kaum möglich, sich zu orientieren. Aber er wusste, dass Herrscher in der Regel die oberen Teile ihrer Residenzen bevorzugten.
    Mythor schlich den Gang zurück, den er gekommen war. Er hatte sich richtig erinnert, denn das Gewölbe teilte sich nach etwa dreißig Schritten, und eine enge, gewundene Treppe führte nach oben. Die Stufen waren dick mit braunem Moos bewachsen. Wahrscheinlich wurde der Aufgang nicht oft benutzt. Es entstanden saugende und schmatzende Geräusche, als Mythor die ersten Stufen betrat. Schmutziges Wasser quoll unter seinen Füßen hervor.
    Er brauchte nicht lange zu steigen. Schon bald erreichte er einen weiteren Quergang. Er hörte Schritte und gedämpftes Gemurmel. Er zuckte zurück und drückte sich in den Schatten einer Säule. Die Schritte näherten sich, und Worte waren zu verstehen.
    »... Dunkelzone. Morgen wird er abreisen. Es ist heute das letzte Mal. Es brechen fürs erste ruhigere Tage an.«
    »Ich werde sie genießen.«
    »Nicht nur du. Es ist schon lange her, dass...«
    Die Gestalten waren vorbei, ihre Schritte verhallten. Es waren Wesen wie die Schergen, die die Gefangenen zur Burg gebracht hatten. Sie waren ebenso gekleidet und vom gleichen Körperbau. Sie hatten den Lauscher nicht bemerkt.
    Dunkelzone! Dieses Wort hämmerte in Mythors Gedanken. Er hatte es schon die ganze Zeit geahnt, aber nicht wahrhaben wollen. Die Macht, die auf Zuuk regierte, stammte nicht aus der Lichtwelt. Hier hatten dunkle Gewalten ihre Hand mit im Spiel.
    Was bedeuteten die Worte, die Mythor erlauscht hatte? Wer war mit »er« gemeint? War es Ysider, der abreisen wollte? Reiste er womöglich in die Schattenzone?
    Mythor überlegte, ob er den beiden Gestalten folgen sollte. Doch dann entschied er sich dafür, Ysider selbst aufzusuchen. Er benutzte weiter die Wendeltreppe.
    Die Treppe endete plötzlich, ohne dass sie in einen Gang mündete. Mythor klopfte vorsichtig die Wände ab, um eine versteckte Tür zu finden, aber er entdeckte nichts. Dafür bemerkte er, dass manche der Steinquader trockener wirkten als andere. Sie waren auch heller und weniger vermodert. Es musste hier einmal eine Tür gegeben haben, aber sie war später zugemauert worden. Hier ging es nicht weiter.
    In diesem Augenblick sah er den feinen Lichtstrahl, der durch eine Mauerritze fiel und einen gelben Streifen in das Moos der Treppenstufen malte.
    Mythor kniete sich auf den Boden und presste ein Auge gegen die Wand. Mörtel hatte sich im Lauf der Jahre aus der Fuge gelöst und war heraus gerieselt. Jetzt ermöglichte die Ritze einen Blick in den anliegenden Raum.
    Der Raum war groß, und der schmale Mauerspalt ließ nur einen kleinen Ausschnitt erkennen. Doch das, was er freigab, sagte Mythor genug.
    Die Wände und das Gewölbe des Raumes waren pechschwarz und mit keinerlei Verzierung geschmückt. Hunderte von Leuchtern, die kleine Talglichter trugen, spendeten ein unruhiges, flackerndes Licht. Auch die Leuchter waren schwarz gefärbt. Den Boden bedeckte ein samtroter Teppich aus feinem, kostbarem Gewebe. An manchen Stellen wies der Stoff dunklere, bräunliche Flecken auf.
    Blut! fuhr es Mythor unwillkürlich durch den Kopf, und dann fiel sein Blick auf den Altar.
    Er war aus schwarzem Ebenholz gefertigt und glich den Altären, die Mythor schon auf den Schiffen der Caer gesehen hatte. An ihnen zelebrierten die Priester der Schattenzone ihre furchtbaren Rituale und Beschwörungen. Hier geboten sie den Dämonen und raubten ihren Opfern die Lebenskraft.
    Der Altar war etwa zwei Schritt lang und einen Schritt breit. Auch auf

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