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Die Insel oder Rechtfertigung des sinnlosen Reisens (German Edition)

Die Insel oder Rechtfertigung des sinnlosen Reisens (German Edition)

Titel: Die Insel oder Rechtfertigung des sinnlosen Reisens (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wassili Golowanow
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seltsam: das Lager wirkte unbewohnt, ein Eindruck, der sich in den zehn Minuten, die wir bis dorthin noch brauchten, weiter verstärkte. Auf dem Plateau war niemand zu sehen, der Korral leer. Aus keinem der Häuschen drang Licht, aus keinem der Schornsteine stieg Rauch auf. Uns witternd, begannen die Hunde zu kläffen, aber ihr Gebell wurde vom Wind verzerrt und fortgerissen. Nirgends ging eine Tür auf, nirgends klirrte ein Eisenstück, nirgends war ein Lebenszeichen zu hören – nicht einmal das heimliche Sichumdrehen eines erwachten Menschen, der nicht gehört werden wollte, oder ein unterdrücktes Altershusten.
    Nur der Wind trieb seine galoppierenden Herden über das Plateau. Auf der Seite liegende Schlitten waren zu sehen, umwickelt von Seilen oder Riemen, die der Wind zauste wie lange schwarze Bänder.
    Niemand, der uns empfing und willkommen hieß: Das konnte doch einfach nicht sein!
    Ich spürte, dass Alik und Tolik verblüfft waren.
    »Ich geh mal irgendwo klopfen«, sagte Tolik leise.
    »Versuchs zuerst bei Jegor, dann bei Sergej und bei Wowka Apizyn«, schlug Alik vor, aber seine Stimme verriet, dass er beim besten Willen nicht begriff, was da los war.
    Tolik trabte davon.
    Genau in dem Moment hörte ich Klänge. So schrie kein Vogel, ich würde wirklich soweit gehen, von Klängen zu sprechen … Musik. Eine seltsame – wie mehrstimmiges Schalmeienspiel. Ziemlich tief, nicht ganz harmonisch. Es kam irgendwo vom Abhang her, vielleicht von unten, vom Fluss herauf.
    »Hörst du das?«, fragte ich Alik.
    »Was?«
    »Na, diese Klänge, wie von einer Flöte oder Fanfare …«
    »Nein.«
    Ich wartete. Die Klänge kehrten wieder.
    »Hast dus jetzt gehört?«
    Alik lauschte, dann betrachtete er mich aufmerksam.
    Eine Weile war nichts zu hören, aber dann erklang die Musik erneut, diesmal besonders laut und rein. Ich hörte deutlich den Akkord einer erhabenen, traurigen, sehr schönen Musik.
    »Aber jetzt hast dus doch gehört?«
    Alik blickte mich verwundert an.
    »Nein.«
    Zum Glück mussten wir unser Gespräch unterbrechen, weil Tolik angelaufen kam.
    »Bei Jegor ist jemand, macht aber nicht auf, bei Sergej ist alles leer, und bei den Apizyns reagiert niemand …«
    »Sag mal«, fragte ich, »die Musik … hast du die da drüben gehört, beim Abhang?« Ich wollte es unbedingt wissen, um sicher zu sein, dass bei mir im Kopf noch alles stimmte, aber Tolik sah mich noch verdutzter an als sein Bruder.
    »Was für eine Musik?«
    »Der Wind, das ist der Wind, der in deinem Gewehr pfeift«, sagte plötzlich Pjotr und zerstreute mit seiner Entdeckung augenblicklich meine Furcht, die den Gedanken begleitet, dass man allmählich verrückt wird oder die Engelsposaunen hört, die einen vor den Thron des Allmächtigen rufen. Und tatsächlich: Ich hatte Aliks Gewehr auf dem Rücken, und der Wind pfiff in dem langen Rohr, spielte es wie eine Panflöte …
    Diese Geschichte heiterte uns ein klein bisschen auf. Wir setzten die Rucksäcke ab. Der Rücken spürte augenblicklich die Kälte, als habe man ihm seinen Panzer heruntergerissen.
    Niemand da, der uns unter die Arme greift. Auch Fleisch wird es keins geben.
    Wir müssen also selber, und zwar sofort …
    Die Gedanken kamen mit mechanischer, telegraphischer Geschwindigkeit. Feuer machen, Tee kochen, ihn heiß und mit Zucker trinken, und sobald wir etwas aufgewärmt sind, sofort eine Grütze kochen, mit einer Büchse Fleisch, dann einen Balok mit Beschlag belegen und ab in den Schlafsack und abgetaucht. Sonst ist die Lungenentzündung vorprogrammiert.
    Vor unsern Füßen Äste, Spuren eines Feuers – eines gewaltigen –, eine Axt. Alles ging rasch und wie von selbst. Schon schleppen Petja und Tolik unsere Habe in einen leeren Balok und zerhacke ich wie ein Wahnsinniger diese kleinen, dicken, federnden Weidenäste, während Alik eine Handvoll möglichst trockener Hackschnitzel und winziger Zweige vom Boden aufliest und zu Spänen spleißt. Dann zupft er aus seiner Jacke ein Büschel Watte heraus und formt mit einer Umsicht, als baue er ein Nest, alles zur Kugel, damit das Ganze mit einem einzigen Streichholz auflodert. Ratsch! Beinah hätte ein Windstoß die Flamme wie ein Stiefel ausgetreten, doch das Feuer nistete sich in der Watte ein, sprang aufs Moos über und fing schon mit fröhlichem Knistern an, die dünnen, spatzenrippengleichen Zweiglein zu zerknacken, wurde kräftiger, verwandelte sich zum Lichtball. Erst da bemerkte ich, dass unser Tun und Treiben neben einem

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