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Die Insel oder Rechtfertigung des sinnlosen Reisens (German Edition)

Die Insel oder Rechtfertigung des sinnlosen Reisens (German Edition)

Titel: Die Insel oder Rechtfertigung des sinnlosen Reisens (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wassili Golowanow
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weiß keine Dankesworte, bin außerstande, die Worte zu sagen, die ich sagen wollte: »Geliebte, welches Glück, dass ich dort war. Und welches Glück, dass nach allem, was uns widerfahren ist, wir uns doch getroffen haben …«

V
DAS BUCH DER BEIGELEGTEN SEITEN

»… Ursprünglich, in der Mitte des vergangenen Jahrhunderts, von russischen Gelehrten (u.a. von dem berühmten Botaniker Ruprecht) erforscht, wurde Kolgujew in den neunziger Jahren von dem Engländer Trevor-Battye, der hauptsächlich im Nordwesten und Südosten der Insel arbeitete, sowie von der Expedition von Pearson und Feilden besucht, welche das Küstengebiet an der westlichen Seite derselben untersucht hat. Im Jahre 1902 haben der Botaniker R. Pohle, der Zoologe Buturlin und der Pedologe Schulga grosse Strecken untersucht, allein nur wenig die Grenzen der von früheren Forschern besuchten Gebiete überschritten. Deswegen, und da nach 1902 keine gründlichen Forschungen in Kolgujew betrieben worden waren, verblieben einzelne Gebiete der Insel, besonders ihr nordöstlicher Teil, fast völlig ununtersucht. Da ich mir demgemäss die Erforschung der nordöstlichen Gebiete Kolgujews als erste Aufgabe stellte, musste ich auch möglichst vollständiges Material über die Flora der Insel einsammeln, da dieselbe noch ungenügend bekannt ist und unbestreitbar viele interessante Züge darbietet …«
    A. Tolmatchev, »Eine Sommerreise nach der Insel Kolgujew i.J. 1925«,
    Geografiska Annaler
, Band 9, Stockholm, 1927.

I.
Die Síde
    Hier soll von den kleinen Menschen die Rede sein, die heutzutage fest in den europäischen Zaubermärchen beheimatet sind, Menschen, die ihre unendliche Zeit damit verbringen, leichtblütig auf transparenten Flügeln im Schutz undurchdringlicher Wälder einherzuschweben und müßigen Wanderern den Verstand zu verwirren. Sie firmieren unter dem seltsamen Namen »Feen und Elfen«, aber ich werde von jenen Zeiten sprechen, als diese Wesen noch einen würdigeren Status besaßen, auch ein erhabeneres, bisweilen sogar bedrohliches Aussehen und sie zu den Menschen ernste, um nicht zu sagen, lebensnotwendige Beziehungen unterhielten.
    Aus dem
Buch von den Einnahmen Irlands
wissen wir, dass die eigentliche Geschichte der Menschheit (jene seltsame Geschichte im »bedingten Chronotop«, wo in einem weiten Panorama reale Menschen und ihre phantastischen Verwandten sich vermischen) mit der fünften (und letzten) Einnahme Irlands beginnt. Míl und seine Söhne – Éber, Éremón und Ir – sind die ersten Menschen auf der irischen Insel, die bis dahin nur von Wesen göttlichen Ursprungs besucht (und im Laufe dieser Besuche geschaffen) worden war. Míl wird in Nennius’
Geschichte der Briten
erwähnt. Dass er und seine Söhne aus dem Süden übers Meer gekommen sein sollen, widerspricht weder dem, was bei Nennius zu lesen ist, noch dem gesunden Menschenverstand, denn die Kelten zogen sich mit ihrer Verdrängung aus Europa durch andere Völker auf die Inseln zurück. Auch wenn es für sie gewiss eine Art moralischer Niederlage darstellte, aus glücklicheren Regionen verdrängt worden zu sein, so wäre es doch Mäkelei gewesen, über Irland die Nase zu rümpfen: während der vier vorausgegangenen Einnahmen war die Welt dort voll und ganz eingerichtet worden. So erfolgte die vierte Einnahme Irlands durch die Tuatha Dé Danann, das Volk der Göttin Danu, das zu den göttlichen Vorbewohnern der Insel in verwandtschaftlicher Beziehung steht und aus dem Norden stammt: »Auf den nördlichen Inseln der Welt lebten die Tuatha Dé Danann; dort erwarben sie Weisheit, Kenntnis in Magie, Zauberei, Druiderei und andere Geheimnisse, bis sie alle Erdenbewohner darin übertrafen.« Von dorther auch – aus dem Norden – bringt das Volk der Danu
die vier Schätze Irlands
mit: das Schwert des Nuadu, den Kessel des Dagda, den Speer des Lug und den Stein von Fál – den Stein des Wissens, des Reichtums und der Weisheit, dem zu Ehren später das ganze Land Ebene von Fál genannt werden sollte.
    Es sind die Tuatha Dé Danann, die die Fomorier besiegen – Personifizierungen von Höllenwesen, die im Norden in gläsernen, bis zum Himmel reichenden Türmen leben. Bedeutend an diesem Sieg ist, dass er zu jenen kosmischen Schlachten gehört, bei denen der geordnete Ursprung der Welt den chaotischen besiegt. Anders gesagt, der Aufenthalt der Tuatha Dé Danann auf der Insel bedeutet unermüdliche Arbeit an der Einrichtung und Organisierung der Welt, eine aus menschlicher

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