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Die Insel oder Rechtfertigung des sinnlosen Reisens (German Edition)

Die Insel oder Rechtfertigung des sinnlosen Reisens (German Edition)

Titel: Die Insel oder Rechtfertigung des sinnlosen Reisens (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wassili Golowanow
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Genossenschaftsversammlungen. Mit dem Faktoreidirektor, dem Artelvorsitzenden, dem Dorfsowjet … Und dann wurde gefragt: Was braucht ihr? Und einmal, da sagt die Versammlung: Nosoki! Nosoki für die Jagd! Und da kommt der Faktoreidirektor doch mit Socken wieder. Mit Socken für jeden und alle. Darauf die Männer: Was sollen wir denn mit Socken! Und es stellt sich raus, der Faktoreidirektor hat geglaubt, sie hätten russisch »noski« gesagt, aber sie haben »nosoki« gesagt, das heißt auf Nenzisch »Harpune«. Nicht Socken haben sie gewollt, sondern Harpunen. Harpunen für die Jagd auf Meeressäuger. Für die Ringelrobbenjagd, Nosoki, nicht Noski, Harpunen, nicht Socken …
Die mageren Zeiten
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    Es gab eine Tierfarm hier. Blaufüchse. Die wurden aus Archangelsk hergebracht. So um 56 rum … Und dichtgemacht hat sie um 62 rum … Irgendwie in dem Dreh, jedenfalls wurde sie nach 1960 liquidiert. Hat sich nicht gelohnt. Von wegen dem vielen Futter. Hinkende Rene wurden geschlachtet und dann aus der Tundra hergebracht, aller möglicher Fisch verfüttert, Platt- und Dorschfische, sogar Meeressäuger. Aber die Qualität war schlecht. Von den Blaufüchsen. Der Balg war normal, aber beim Schweif, da gab es Fehlfarben. Da haben eine Menge Leute gearbeitet. Aber die Kosten, das hat sich kaum gelohnt. Wie das mit den Kühen. Genau dasselbe. Ist noch nicht lange her. Die wurden auch hergebracht, und sogar das Heu. Aus Archangelsk, gepresstes Heu … Obwohls hier genügend gibt, Gras in Hülle und Fülle … Hätte man bloß mähen müssen … Gutes Gras … In den Senken. Natürlich nicht überall … Drüben auf Kanin, in Pjoscha, meine ich, da gibts eine Herde, da mähen sie sogar auf den Abhängen …
    Mit einem guten Direktor wärs gegangen: Der hätt im Sommer einen offenen Schuppen bauen lassen, und rein mit dem Heu, dass es nicht nass wird vom Regen, unterm Dach getrocknet, und dann eingelagert.
    Oder siliert. Da hätt man ein Eisensilo bauen müssen.
    Aber heutzutage will ja keiner mehr arbeiten.
    Wies damals lief? Erst ging es nach Tagelohn. Dann hat der Direktor gesagt: Lass uns nach Leistungslohn abrechnen, erklär deinen Leuten, wies geht, weil, wenn die auf Tagelohn gehn, strengen ein paar sich nicht an, gerade noch, dass sie kommen. Da hab ich gesagt: Künftig kriegt ihr so viel, wie ihr arbeitet. Wie Tiere haben die geschuftet, meine Leute. Aber nach meiner Zeit gings wieder nach Tagelohn. Ob der Stücklohn aus Faulheit wieder abgeschafft wurde? Bestimmt. Am ehesten bestimmt aus Faulheit. Ist leichter so, für den Brigadier und die Arbeiter, kein Papierkram.
    Oder der Anleger. Es gab schon einen vor meiner Zeit, einen spillerigen. Ich hab dann später diese Beton-, na diese Pfeiler gebaut. Jetzt stehn nur noch Reste da. Ist alles eingestürzt. Zwei hab ich gebaut, noch einen beim Fleischkombinat. So einen kurzen Anleger.
    Das haben die Wellen alles kaputtgehauen. Das Meer haut alles klein … Du bist die ganze Zeit nur am Reparieren … Von da, wo der Kuhstall gewesen ist und der Schlachtplatz, von da gingen sogar mal Schienen runter, so eine Schmalspurbahn mit Loren zum Schieben. Wenn Lebensmittel geliefert wurden, wurde eine Pontonbrücke gebaut und alles gleich von dort auf den Anleger rauf, und unsere Leute haben die Sachen dann von da nach oben gewuchtet. Und das Fleisch: einfach in die Lore rein – und runter gings an den Pier. Da brauchte kein Traktor hin. Gab eine kleine Kurve an der richtigen Stelle. Wenn du bei der warst, gings geradeaus runter. Ab mit der Lore. Und bei Flut hast du die Tierleiber direkt auf den Pier gekippt, dort gabs so eine Rutsche, die da gebaut worden war. Über die sind die Leiber dann von allein weitergerutscht, gleich vom Pier runter. War ein bisschen leichter, als sie bis zum Ende vom Anleger zu schleppen. Aber heute interessiert das keinen mehr …
    Überhaupt waren die Menschen anders früher. Mit denen von heute nicht zu vergleichen, nicht mal mit uns. Wir haben ja gedacht, wir sind Mordskerle. Aber – nein. Wir haben bloß die Disziplin gehalten. Und als wir gegangen sind, da ist alles zusammengestürzt …
Die Wölfe
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    Manchmal haben sich Wölfe nach Kolgujew verirrt. Einer 1947. Ein anderes Paar, ein Wolf und eine Wölfin, im 51er Jahr. Da wurde gleich eine Treibjagd organisiert. Aber wie macht man bei
den
Schluchten eine Treibjagd? Da findest du nicht gleich eine Möglichkeit runterzukommen in die Schlucht. Zwei Treibjagden wurden organisiert – vergeblich. Ihre

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