Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Insel - Roman

Titel: Die Insel - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon Thomas A Merk
Vom Netzwerk:
Gedanke, noch länger zu warten, unerträglich. Ich verließ mein Versteck und rannte über den Rasen auf das Haus zu. Niemand schrie. Niemand schoss auf mich. Nichts passierte. An der Hauswand blieb ich stehen und versuchte so leise, wie ich konnte, erst einmal wieder zu Atem zu kommen.
    So weit, so gut.
    Am besten gehe ich erst mal um das Haus herum, dachte ich mir. Einfach mal nachsehen, ob nicht doch vielleicht irgendwo ein Licht brennt.
    Wenn alles dunkel war, würde ich versuchen, irgendwie hinein zu kommen.

Das Spiel
    Ich wollte mich gerade von der Mauer lösen, als ich plötzlich glaubte, in dem Fenster links von mir einen schwachen Lichtschein erkennen zu können. Er war kaum wahrnehmbar, sodass ich zunächst dachte, das Mondlicht oder meine eigene Einbildung würden mir einen Streich spielen.
    Aber dann wurde er heller.
    Völlig perplex starrte ich das Fenster an, und ein paar Sekunden lang wagte ich es nicht, mich zu bewegen. Dann aber zwang ich mich, hinüber zu dem Fenster zu schleichen.
    Auch wenn ich Angst hatte vor dem, was ich in dem Zimmer sehen würde, ich musste einfach hineinschauen. Mein Herz hämmerte mir bis in den Hals, mein Magen krampfte sich zusammen, und meine Knie fühlten sich auf einmal ganz weich an.
    Am ganzen Körper zitternd spähte ich vorsichtig in das Zimmer hinein.
    Im Licht einer einzigen Kerze sah ich Thelma, die gerade eine Petroleumlampe angezündet hatte und den langen Glaszylinder über die langsam heller werdende Flamme stülpte. Dann ging sie durch das Zimmer und zündete nach und nach weitere Kerzen und Petroleumlampen an.
    Thelma trug einen dunkelblauen Kimono aus einem glänzenden Material, das mir wie Seide vorkam. Er war ihr etwas zu klein, und wenn sie sich streckte, um die Kerzen in den ziemlich hoch angebrachten Wandhaltern anzuzünden,
rutschte er so hoch, dass ich die Hälfte ihres nackten Hinterteils sehen konnte. Das war kein schöner Anblick. Ihre dicken Gesäßbacken waren knallrot von einem Sonnenbrand und voller hässlicher Orangenhaut. Dazu kamen viele blaue Flecken und rote Striemen.
    Auch ihre Beine sahen noch mitgenommener aus als damals in unserem Lager.
    Als Thelma sich in meine Richtung drehte, sah ich, dass sie den Kimono nur locker zugebunden hatte. Vorne klaffte ein schmaler Spalt, durch den ich ein paar Zentimeter sonnenverbrannte Haut sehen konnte.
    Ich erkannte, dass sie direkt auf mein Fenster zukam und ging rasch in die Hocke.
    Direkt über meinem Kopf wurde das Fenster nach oben geschoben. Ich hörte, wie Thelma seufzte.
    Was ist, wenn sie sich herauslehnt und mich sieht?
    Das kann sie nicht, beruhigte ich mich. Wegen des Fliegengitters.
    Ich fragte mich, ob es nicht trotzdem möglich wäre. Oder vielleicht hatte sie meinen Kopf gesehen und kam jetzt nachsehen.
    Ich lauschte angestrengt, hörte aber keinerlei Geräusche, die darauf schließen ließen, dass sie irgendwie beunruhigt war. Nur einen lang gezogenen Seufzer. Ein paar Augenblicke später hörte ich dann, wie ihre nackten Füße vom Fenster wegtappten.
    Ich hob wieder den Kopf und spähte durch das Fliegengitter.
    Das Zimmer war leer und wurde jetzt von etwa zwanzig Kerzen und Petroleumlampen erhellt, die Thelma der Reihe nach angezündet haben musste. In gelblichem Licht sah ich, dass eine der Wände aus einem großen Spiegel bestand.
Wegen der etwa auf Hüfthöhe vor ihm entlang laufenden hölzernen Stange erinnerte mich der Spiegel an den Übungssaal einer Ballettschule. Zum Glück befand sich der Spiegel nicht an der Wand direkt mir gegenüber, sonst wäre ich vielleicht darin zu sehen gewesen.
    Der Eindruck eines Ballettsaals wurde noch dadurch verstärkt, dass in einer Ecke des Raumes ein kleiner Konzertflügel stand.
    In der anderen befand sich eine Stereoanlage mit Plattenspieler, Radio und zwei Lautsprechern.
    Ich sah Lampen an der Decke.
    Und Stehlampen, von denen Kabel zu Steckdosen an der Wand führten.
    Es gab ganz offensichtlich Strom im Haus. Warum also die Kerzen?
    Vielleicht gab es irgendwo einen Generator, den Wesley und Thelma nicht in Gang bekamen, vielleicht hatten sie aus bestimmten Gründen beschlossen, keinen elektrischen Strom zu benutzen. Vielleicht waren sie aber auch nur romantisch veranlagt, und Kerzenlicht gefiel ihnen einfach besser.
    Der Raum, in den ich schaute, diente offensichtlich nicht nur als Tanzstudio, er war auch Bibliothek oder Lesezimmer. An der Wand rechts vom Fenster sah ich deckenhohe Bücherregale, vor denen ein paar kleine Tische

Weitere Kostenlose Bücher