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Die Inseln des Ruhms 01 - Die Wissende

Die Inseln des Ruhms 01 - Die Wissende

Titel: Die Inseln des Ruhms 01 - Die Wissende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glenda Larke
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nicht so dumm, sich allein hierher zu wagen. Ich ließ meinen Blick durch den Raum schweifen, weil ich sehen wollte, ob es Tann gut genug ging, um zu arbeiten, aber Janko bediente hier. Als er mich sah, grinste er mich anzüglich an – ich schien diese Reaktion bei ihm ebenso sicher hervorzurufen wie der Anblick von Fressen bei einem sabbernden Hund –, aber ich beachtete ihn nicht weiter.
    Erst jetzt, als ich wieder draußen auf der Straße stand, spürte ich, dass etwas nicht stimmte. Irgendetwas war anders gewesen als vorher. Etwas, das mit Janko zu tun hatte. Seine Füße – ich versuchte, mir im Geiste vorzustellen, was sich verändert hatte, aber ich bekam es nicht zu fassen. Es schien mir in diesem Moment auch nicht wichtig genug zu sein, also nahm ich mir einfach nur vor, das nächste Mal einen genaueren Blick auf seine Füße zu werfen, und ging zu den Kais.
    Zuerst, hatte ich mir überlegt, würde ich dort nachsehen, wo Niamor bisher gewohnt hatte, in der vagen Hoffnung, dass er nicht umgezogen war.
    Der Weg war nicht vollkommen ereignislos; das war bei einem Gang durch Gorthen-Hafen kaum jemals der Fall. Ein paar hundert Schritt von der Schenke entfernt wurde ich von einem eher wabbeligen jungen Mann ohne Ohrläppchen-Tätowierung angemacht. Er war betrunken, und ich vermutete, dass das, was er mir vorschlug, mehr Wunschdenken war, als dass es tatsächlich möglich gewesen wäre – es war sehr wahrscheinlich, dass er ein ähnliches Brandzeichen auf der Schulter trug wie ich. Ich lehnte sein Angebot ab, und er sackte sofort gegen eine Mauer und schlief ein. Ich war fest davon überzeugt, dass das Geld, das er mir angeboten hatte – sofern er es tatsächlich gehabt hatte –, bis zum nächsten Morgen verschwunden sein würde.
    Ein Stückchen weiter fand ein Kampf zwischen zehn bis fünfzehn Leuten statt, die die unterschiedlichsten Waffen schwangen, allesamt wild entschlossen, einander wegen irgendeiner banalen Sache zu töten. Ich nahm einen Umweg in Kauf, um ihnen aus dem Weg zu gehen.
    Am Eingang zu Niamors Haus hockten wieder die Obdachlosen; selbst im Schlaf pressten sie ihre armseligen Habseligkeiten an sich. Sie reagierten nicht, als ich an die Tür klopfte. Innen rührte sich nichts, aber das spielte keine Rolle, da die Tür, wie ich bemerkte, gar nicht verschlossen war. Ich ging hinein, tastete mich in der Dunkelheit voran, stieg die Treppe hoch bis zu Niamors Wohnungstür. Noch bevor ich sie erreichte, spürte ich die Dunkelmagie. Ich war froh, dass ich Niamor gewarnt hatte.
    Auch seine Tür war nicht abgeschlossen.
    Ich schob sie auf, und eine Woge von stinkender Bösartigkeit traf mich und brachte mich unwillkürlich zum Würgen.
    Dann hörte ich, wie sich etwas bewegte: ein leises Rascheln, ein Grunzen. Irgendetwas Lebendiges war in der Dunkelheit hinter dem ersten großen Zimmer.
    Dunkelmagie flackerte ziellos über den Boden und die Möbel. Ihr Licht half mir, eine Lampe zu finden, und ich kramte in meiner Gürteltasche nach einem Handfeuerstein. Ich hatte den Eindruck, als würde es ein ganzes Jahr dauern, bis ich die Lampe entfacht hatte.
    In diesem vorderen Zimmer kam mir nichts irgendwie unpassend vor, und hier schien auch niemand zu sein. Ich trug die Lampe in den nächsten Raum. Das Schwert hielt ich jetzt in der anderen Hand, während ich leise auf den Fußballen ging und mich auf alles gefasst machte. Bei dem hinteren Zimmer handelte es sich um Niamors Schlafzimmer.
    Auf den ersten Blick schien nichts falsch zu sein. Alles hatte seine Ordnung, wie es aussah. Der Gestank allerdings war abscheulich. Es stank so heftig nach Fäulnis, dass mir die Augen brannten und meine Kehle beim Einatmen rau wurde.
    Und dann sah ich den Grund.
    Niamor war da; er lag auf dem Bett. Ein weiteres Opfer einer Magie, die so übel war, dass eigentlich jedes Lebewesen sie bis zur Selbstauslöschung hätte meiden müssen …
    Aber er lebte noch, sofern man so etwas leben nennen konnte. Das Einzige, woran er wiederzuerkennen war, war das goldene » ST« in seinem Ohrläppchen, und das lag auch nur daran, dass die unmittelbare Umgebung der Tätowierung klar und frei war. Der Rest allerdings bestand aus einer Masse aus grüner Fäulnis und war so zerfressen vom Zerfall, dass seine Arme und Beine und sein Hals in dicke, ekelerregende Fleischwülste eingehüllt waren. Sein Schmerz war greifbar und streckte sich nach mir aus, stieß mit so viel Macht in mich hinein, dass es mir den Atem verschlug.
    » Oh, Gott

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