Die Inseln des Ruhms 01 - Die Wissende
menschlicher durchführen lassen, vielleicht hätte er dafür gesorgt, dass Silbmagie mir die Schmerzen nahm, aber er hatte nie gewollt, dass ich mit der Möglichkeit auf den Inseln des Ruhms herumlief, Kinder in die Welt zu setzen.
An diesem Tag starben auch die letzten Reste meiner Kindheit, ohne dass ich jemals wirklich ein Kind gewesen war.
Eine Woche später lief ich weg. Ich hatte vor, die Wahrer-Inseln für immer zu verlassen. Ganz sicher hatte ich nie vorgehabt, Dasrick jemals wiederzusehen.
Ich reiste als Blinde Passagierin auf einem Küstenhüpfer, der Kohle von der Nabe nach Xolchaspack brachte. Natürlich wurde ich schon bald gefunden, und der zornige Kapitän ließ mich für die Überfahrt mit der Verrichtung von Sklavenarbeit bezahlen. Ich wurde auf einer der Inseln an Land gesetzt, die zur Inselgruppe Xolchaspack zählte – Felssäulen ragten wie pockennarbige Phallussymbole aus dem Meer empor –, und musste sehr schnell lernen, wie schwer das Leben für ein Halbblut ist, das weder Geld noch den Rückhalt der Wahrer besitzt.
Ich wanderte von einer Insel zur nächsten, bettelte um eine Überfahrt nach der anderen, immer in der Hoffnung, dass es auf der nächsten besser sein würde als auf der vorherigen. Was nie so war.
In der Hauptstadt Xolchaswacht befahl man mir schließlich, die Inselgruppe ganz zu verlassen und zwang mich auf eines der unregelmäßig verkehrenden Schiffe, das nach Breth unterwegs war. Auf Breth wurde alles noch schlimmer. Eine Weile konnte ich mich durch mein Schwert schützen, doch am Ende wurde mir sogar dieses gestohlen, während ich schlief. Verzweifelt und hungernd wurde ich selbst zur Diebin, versank tiefer und tiefer in den Eingeweiden des Lebens von Breth, immer gezwungen, denjenigen, die zu den Herrschenden gehörten, aus dem Weg zu gehen, mich zu verstecken, wegzuschleichen, ein Leben im Verborgenen zu führen. Den Tiefstpunkt erreichte ich in einer Nacht, in der ich im Schlaf angegriffen und vergewaltigt wurde. Ich tötete den Mann, als er den Fehler machte, neben mir einzuschlafen. Er war der erste Mensch, den ich selbst umgebracht habe, und ich habe es als Hinrichtung betrachtet. Ich wusste nicht einmal, wer er war.
Ich nahm seine Geldbörse und floh aus der Stadt. Ein paar Tage später verhandelte ich an der Küste mit dem stinkenden Kapitän eines Fischerkahns darum, dass er mich nach Venn mitnahm; der Preis dafür war hoch, aber ich zahlte ihn. Den ganzen Weg bis nach Venn schlief ich mit ihm. Ich fühlte mich so schmutzig wie ein Wattwurm, der im Schlamm vergraben liegt, sowohl innen als auch außen dreckig, und es kam mir so vor, als würde ich nie wieder sauber werden.
Auf Venn war das Leben ein kleines bisschen besser. Ich hatte die grünen Augen der Venner, und so war ich nicht immer sofort als Halbblut zu erkennen – was sich noch verstärkte, als ich meine Haare so lang wachsen ließ, dass sie meine Ohren bedeckten, und die Sonne mied, damit meine Haut hell blieb. Hin und wieder fand ich sogar richtige Arbeit, zumindest für ein oder zwei Tage. Außerdem wuchs ich weiter. Ich würde eine große Frau werden, die nicht wie ein leichtes Opfer wirkte. Dennoch war es kein freundliches Leben, und tief in meinem Herzen wusste ich das auch.
Als ich im Hafen ein Schiff des Rates der Wahrer sah, auf dem sich etliche dieser großen, violettäugigen Leute mit ihren zahlreichen Fähigkeiten und Kenntnissen tummelten, war das wie eine Offenbarung für mich. Das war es, was ich wollte. Eine von ihnen sein – nicht nur eine Frau zweiten Ranges, die sich durch irgendwelche Betten schlief, um eine Gleichstellung zu erlangen. Schön, ich würde nie eine Silbmagierin sein, aber ich konnte eine Wahrerin sein. Ich konnte den Status eines geachteten Menschen erringen. Zumindest dachte ich das damals.
Als das Schiff sich auf den Weg zur Nabe machte, war ich an Bord.
Ich kehrte zu Dasrick zurück, der jetzt ein Rat war, aber ich war gefestigter, entschlossener und zäher als früher. Ich rechnete damit, dass er mir höchstens ein bisschen mehr anbot als das, was ich zuvor gehabt hatte. Ich rechnete damit, dass er in mir nichts weiter als eine Handlangerin mit Weißbewusstsein sah, die dafür arbeitete, dass sie versorgt wurde und als rechtlose Nichtbürgerin die Zusicherung erhielt, nicht von einem Ort zum anderen gejagt zu werden. Ich war darauf vorbereitet, um mehr zu kämpfen.
Zu meiner Verwunderung hatten wir kaum ein paar Worte gewechselt, als ich begriff, dass er
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