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Die Inseln des Ruhms 01 - Die Wissende

Die Inseln des Ruhms 01 - Die Wissende

Titel: Die Inseln des Ruhms 01 - Die Wissende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glenda Larke
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umhin zu bemerken, dass es noch am Leben war und es ihm gut ging. Und ein Dunkelmeister, dessen Pläne man vereitelt hatte, neigte zur Rachsucht.
    Und der Versprengte? Seine rasche Einschätzung dessen, was er im Zimmer des jungen Mannes gesehen hatte, sowie seine anschließende Bemerkung mir gegenüber deuteten darauf hin, dass er ein Wissender war, so wie ich.
    Ich stand am Fenster und blickte hinunter auf die mittlerweile verlassenen Kais, bemerkte nur halb die Seequäker, die sich um die Fischreste stritten. Ihr normalerweise blütenweißes Gefieder war von den Innereien blutverschmiert, als sie mit ihren geriffelten Schnäbeln in böser Absicht aufeinander einpickten und einhackten. Das Letzte, was ich mir wünschte, war, in irgendwelche Angelegenheiten mit Magie hineingezogen zu werden; als Wissende konnte mir zwar die Magie selbst nichts tun, aber diejenigen, die die Dunkelmagie ausübten, verabscheuten sowohl die Wissenden als auch die Silbbegabten. Ein kluger Mensch mit Weißbewusstsein oder jemand mit Silbbegabung würde seine Fähigkeiten in der Nähe eines Dunkelmagiers verborgen halten. Man konnte schließlich auch auf eine Art und Weise sterben, die nichts mit Magie zu tun hatte.
    Ich verspürte eine übelkeiterregende Furcht in mir. Da war das unangenehme Gefühl, dass Magie sich – in Gestalt der Cirkasin – bereits mit meinen Angelegenheiten verbunden hatte. Es schien mir ein zu großer Zufall zu sein, dass diese Frau gerade in dem Moment auftauchte, als ich nach einer cirkasischen Sklavin suchte. Cirkasische Frauen waren sogar in besonders guten Zeiten nur selten außerhalb von Cirkase zu sehen. Zwei solcher Frauen zu gleicher Zeit auf Gorthen-Nehrung zu treffen, ohne dass eine Verbindung zwischen ihnen bestand, wäre ein ziemlich großer Zufall gewesen. Ich war hinter einem bestimmten Sklavenmädchen her und ziemlich überzeugt, dass sie es nicht sein konnte, und doch spürte ich, dass es da irgendeine Verbindung geben musste. Aber welche? Es war ein Rätsel. Und beunruhigend.
    Meine Gedanken schwammen in nutzlosen Kreisen wie Zierfische in einem Glas, als eine zufällige Bewegung unterhalb von mir meine Aufmerksamkeit erregte. Der Schankjunge hatte sich aus der Hintertür der Küche geschlichen und huschte zwischen den Trockengestellen auf dem Kai herum. Als ein Fischer mit einem Topf voller Krebse in den Händen vorbeiging, versteckte er sich unter einigen Netzen, bis der Mann vorüber war. Ich beobachtete fasziniert, was da vor sich ging. Beinahe kam es mir so vor, als würde ich wieder in der Nabe im Theater sitzen, mich in der Hauptstadt der Wahrer befinden und vom Balkon aus eines der schrecklichen Melodramen auf der Bühne verfolgen. Stets hatte ich an den völlig falschen Stellen lachen müssen … Dieses Drama hier war allerdings real, und es war vor allem deshalb so faszinierend, weil alles darauf hingedeutet hatte, dass der Junge schwachsinnig war. Im Gegensatz zu vorhin, als ich ihn in der Schenke gesehen hatte, bewegte er sich jetzt gar nicht wie ein Schwachsinniger. Er verschwand hinter einem Haufen verrottender Fischkörbe, die schon bessere Zeiten gesehen hatten, und tauchte einen Moment später mit irgendetwas in seinen Armen wieder auf. Er setzte sich auf den Kai, inmitten der Körbe. Ich vermutete, mein Zimmerfenster war die einzige Stelle, von der aus er zu sehen war.
    Er hielt einen Hund in den Armen, ein räudiges Bündel mit einem übergroßen Schwanz und riesigen Pfoten. Er fütterte ihn und spielte eine Weile mit ihm, dann schob er ihn wieder zurück hinter die Kisten. Wenige Minuten später verschwand er wieder in die Küche.
    Sogar Schankjungen hatten auf Gorthen-Nehrung ihre Geheimnisse.
    Als ich von einem zweiten kurzen Nickerchen erwachte, hatte sich die größte Hitze des Tages bereits gelegt, und eine Brise rüttelte leicht an den Fensterläden.
    Im Nebenzimmer war alles ruhig.
    Ich fand die Sklavin der Schenke und brachte sie mit Hilfe einer Münze dazu, mir etwas gewöhnliche Hautsalbe zu geben. Als sie damit zurückkehrte, vermischte ich die Salbe mit getrockneten Kräutern, von denen es hieß, dass sie gut bei Hautleiden wären, dann ging ich nach unten in die Küche und überredete den Koch – ebenfalls gegen ein Entgelt –, mir etwas Seetangbrot und Fischpaste zu geben. Schließlich trat ich damit hinaus auf den Kai der Fischer. Er war noch immer leer, auch wenn nach wie vor der Gestank nach Fischinnereien in der Luft hing und Leute an den Booten damit

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