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Die Inseln des Ruhms 01 - Die Wissende

Die Inseln des Ruhms 01 - Die Wissende

Titel: Die Inseln des Ruhms 01 - Die Wissende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glenda Larke
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Pritsche. Der Blick, den er uns zuwarf, war voller Hass. Ich stöhnte innerlich auf. Wieso im Namen aller Inseln hatte ich Thor nur davon abgehalten, den Mistkerl zu töten? Wir sollten unsere Großherzigkeit noch bereuen.
    Morthred saß auf einem Stuhl, umgeben von bezwungenen Silbbegabten – seinen Leibwächtern, wie ich vermutete. Der Stuhl war groß, mit einem kunstvollen Stoff versehen und stand auf einer erhöhten Plattform. Der ganze Raum war eine grobe Nachahmung des Audienzsaals des Wahrer-Herrschers in der Nabe, ganz zu schweigen von den Thronsälen anderer Inselherren, die ich im Rahmen meiner Arbeit für die Wahrer gesehen hatte. Damit war unmissverständlich klar, wie Morthred sich sah.
    Seit wir dieses Dorf erreicht hatten, musste ich gegen den Drang ankämpfen, mich zu erbrechen; die Dunkelmagie hier war derart konzentriert, dass ihr schrecklicher Geruch beinahe meine Kräfte überstieg. Jetzt, in Gegenwart von Morthred und so vieler anderer Dunkelmagier, erreichte sie eine Intensität, die körperlich schmerzte und sich mit Klauen in meinen Körper grub.
    Ich zwang mich, ihn anzusehen.
    Er hatte sich weiter verändert. Seine linke Hand, an der jetzt zwei Finger fehlten, war gerader als damals, als ich ihm das erste Mal begegnet war. Die Stümpfe waren zum größten Teil verheilt, obwohl ich ihm die Finger erst vor ein paar Stunden abgehackt hatte. Er wurde von Stunde zu Stunde mächtiger.
    Und dann sah ich, was an der Wand über seinem Kopf hing: zwei Calmenterschwerter. Das eine, vermutlich das von Thor, war blank und noch blutverschmiert. Meines war in seine Scheide zurückgesteckt worden und hing wie ein Schmuckstück an einem Haken. Er wollte uns damit beleidigen, so viel war mir klar, aber ich fand das Ganze einfach nur kindisch. So leicht konnte man mich nicht aus der Fassung bringen. Im Augenblick war ich einfach nur froh zu wissen, wo meine Waffe war. Ich verlor die Hoffnung nie so leicht.
    Er lächelte, als er sah, wohin mein Blick gewandert war.
    » Glut«, sagte er. » Im Dienste der Wahrer stehend. Eine Wissende. Ein Halbblut. Du hast meinen Diener Domino angelogen. Alles Gründe, dich bestrafen zu wollen, und bestraft werden wirst du. Bis in alle Ewigkeit – oder bis du an Altersschwäche stirbst. Hoffe nicht auf den Tod als Erlösung, Mischling.« Er wandte den Kopf etwas, ohne den Blick von mir zu nehmen. » Hast du gehört, Domino? Sie wird nicht durch Misshandlung sterben: Sie wird sich nur wünschen zu sterben.«
    » Ich verstehe, Syr-Meister.«
    Er wandte sich mir wieder zu. » Domino ist ein bisschen unpässlich, wie du unschwer erkennen kannst. Zweifellos wird er dafür sorgen, dass die Ursache seiner Schmerzen ebenfalls Schmerzen erleiden wird.« Er richtete sich jetzt an Thor. » Du bist, wie ich glaube, Thor Reyder von den Versprengten. Noch ein Wissender. Ich weiß nicht, warum du dich entschieden hast, dich in meine Angelegenheiten zu mischen, aber es ist eine Entscheidung, die du bereuen wirst.« Er nickte in Richtung der Dunkelmagier, die uns hergeführt hatten. » Steckt sie beide in das Vergessen, bis es Domino gut genug geht, dass er sich persönlich um sie kümmern kann. Vielleicht kann die Cirkasin die, äh, Freuden deiner Behandlung teilen, Dom, wenn sie hier eintrifft. Eine nette Vorstellung, finde ich.«
    Ich verspürte beinahe Erleichterung. Ich hatte damit gerechnet, wieder mit etwas wie den Blutdämonen zu tun zu bekommen; ein Vergessen wirkte beinahe luxuriös dagegen, besonders, da das nicht zwangsweise hieß, dass wir voneinander getrennt wurden. Allerdings wusste ich in diesem Moment noch nicht, dass es verschiedene Arten von Qualen gibt.
    Ich weiß nicht, ob Ihr jemals auf Euren Reisen mit einem Vergessen zu tun hattet. Einer der Barbakanherren von Xolchaspack hatte es ein paar Generationen zuvor erfunden, glaube ich. Es handelt sich im Grunde einfach nur um einen Raum, einen Kerker oder ein Loch im Boden – irgendeinen Platz, von dem jedes Licht und jedes äußere Geräusch ferngehalten wird, so dass der Gefangene keinerlei Vorstellung bezüglich der Tageszeit hat. Der Gefangene erhält Essen und Wasser in unregelmäßigem Maße und in unregelmäßigen Abständen, so dass er nie genau weiß, wie viel Zeit vergeht und wann er das nächste Mal wieder etwas erhalten wird. So viel wussten wir über das Vergessen. Was wir allerdings nicht wussten, war, wie schrecklich ein solcher Ort sein kann.
    Unser Vergessen war ein unterirdisches Loch, errichtet aus

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