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Die Inseln des Ruhms 01 - Die Wissende

Die Inseln des Ruhms 01 - Die Wissende

Titel: Die Inseln des Ruhms 01 - Die Wissende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glenda Larke
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zumindest ein bisschen –, aber der Großteil des Tages wurde von sportlicher Betätigung in Anspruch genommen. Man brachte mir die Grundregeln der Schwertkunst bei, ich lernte Schwimmen, einen Bogen zu spannen – alles sogenannte » männliche« Beschäftigungen –, und auch etwas weniger interessante Dinge wie das Schustern von Schuhen, Holzhacken und Töpfe spülen. Letzteres sollte dafür sorgen, dass die Jungen nach Verlassen der Schule eine einträgliche Arbeit verrichten konnten, sofern sie natürlich nicht dem Patriarchat beitreten wollten.
    Was immer ich an Moral, Anstand, Sanftheit, Güte und Lernen lernte, lernte ich dort, von diesen unweltlichen, aber ehrbaren Männern. Sie waren keine herausragenden Gelehrten, aber sie kannten sich mit Kindern aus. Darüber hinaus hatten sie Ahnung von Armut, und wie man die Armut des Geistes linderte, die nur zu häufig mit leeren Taschen einhergeht. Sie verwandelten mich von einem Kind, das an gar nichts glaubte, in jemanden, der an sich selbst glaubte. Dafür werde ich ihnen stets dankbar sein, auch wenn ihre Lehren am Ende für mich nicht ausreichend waren.
    Gelegentlich kam Dasrick vorbei und nahm mich für eine Weile mit, damit ich die eine oder andere Aufgabe erfüllte: Ich sollte ihnen sagen, ob ein Kind silbbegabt war oder nicht, oder in einem Gerichtsfall bezeugen, ob ein Mann Dunkelmagie besaß oder nicht.
    Ich hätte glücklich sein müssen. Zum ersten Mal in meinem Leben hatte ich genug zu essen, genügend Decken in kalten Nächten, und niemand schlug mich oder stahl mir mein Brot. Mein Leben war aber trotzdem nicht vollkommen sorglos. Ich war ein Halbblut und damit nach wie vor einem Spott ausgeliefert, den die meisten Leute nicht einmal erahnen konnten. Die Menoden waren sehr freundlich; die Kinder waren es nicht. Und immer war da die Drohung, dass ich nach Gorthen-Nehrung geschickt werden würde, wenn ich zwölf war, denn ich besaß ja nicht die Tätowierung, die mich als Bürgerin kennzeichnete …
    » Haariges, haariges Halbblut!«, höhnten die Jungen, die wussten, dass ich es hasste, meine Haare lang zu tragen. » Pass auf, haarige Titten, irgendwann kommen sie und lassen dich auf Nehrung sitzen.«
    » Du bist nur hier, weil wir es erlauben«, pflegte Dasrick zu sagen. » Ein falscher Schritt, und wir schicken dich in diese sandige Fäulnis von flohverseuchter Hölle. Mischlinge gehören ihrem Wesen nach auf die Nehrung …«
    Manchmal stahl ich mich davon und ging eine Weile zurück zum Friedhof, aber es war nutzlos. Dieses Leben hatte mir nichts mehr zu bieten; sogar seine Freiheiten waren Schwindel. Die meisten Kinder dort lebten nicht lange genug, um erwachsen zu werden.
    Als ich älter war, versuchte ich erneut dem Zugriff der Wahrer zu entkommen. Was dann geschah, war schlimmer als alles, was zuvor geschehen war. Am Ende kehrte ich zurück, weil es in der Welt noch schlimmere Leute gab als Dasrick, und schlimmere Dinge, als auf dem Schulhof gehänselt zu werden. Aber ich möchte jetzt nicht darüber reden. Sagen wir, ich war an die Wahrer gebunden, an meinen Dienst, weil die Alternativen undenkbar waren. Ich war schließlich ein Halbblut.
    Zwei Stunden, nachdem ich zur Trunkenen Scholle zurückgekehrt war, trat Syr-Silb Dasrick ein.
    Mein Mund war so trocken wie ausgetrockneter Tintenfisch, als ich ihn quer durch den Raum ansah. Er war derjenige, der mir diesen Auftrag gegeben hatte. Seine unnachgiebige Leistungsfähigkeit war schon zu guten Zeiten furchteinflößend, und die Vorstellung, dass meine Aufgabe für die Wahrer wichtig genug war, um mir jemanden hinterherzuschicken, ängstigte mich so sehr, dass beinahe meine Locken aufhörten sich zu kringeln. Oder war es wirklich nur einer jener absurden Zufälle, die, wie die Leute sagen, ständig passierten? Ich glaubte nicht wirklich daran.
    Er blickte sich im Zimmer um, errichtete mit einer Geste seiner Hand zum Schutz vier strahlende Säulen aus Silbmagie und verband sie dann zu einem spitzenartigen Rechteck, das uns umgab und sicherstellte, dass uns niemand belauschen konnte. Erst dann ließ er sich dazu herab, den ergrauenden Kopf zu neigen und in meine Richtung zu lächeln. Im Laufe der Jahre hatten wir eine Art und Weise gefunden, wie wir miteinander umgehen konnten: gewöhnlich zivilisiert und höflich. Drohungen wurden immer mit guten Manieren vermischt, und Abneigung wurde durch Lächeln gemildert. Es war absolut unsinnig, sich anders zu verhalten. Natürlich blieb der Blick seiner

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