Die Inseln des Ruhms 01 - Die Wissende
hat, darin, dass er die vagen Anfänge von Selbstachtung weiter kultivierte, deren Samen die Menoden gelegt hatten. » Guter Boden«, pflegte er zu sagen, » wird selbst dann, wenn er ins Meer fällt, zu einer Insel. Du bist guter Boden, Glut, also lass dir von niemandem etwas anderes einreden.«
Unser Auftrag in Bethanie, so erklärte Arnado, bestand darin herauszufinden, ob an dem Gerücht etwas dran war, dass einer der Hauptberater des Festenherrn ein Dunkelmagier war, und falls dem so war, etwas dagegen zu unternehmen. Ich war so naiv, dass ich gar nicht auf die Idee kam nachzufragen, was dieser zweite Teil unseres Auftrages genauer bedeutete. Ich folgte Arnado in seinem Kielwasser, genoss jede noch so kleine Erfahrung und freute mich darüber, dass ich von der schrecklichen Schule und den feindseligen Schulmädchen weg war.
Arnado besaß Empfehlungsschreiben, die ihm Zutritt zum Hof des Festenherrn gewährten, und ich zuckelte als sein Page hinterher. Es war meine erste Begegnung mit dem Leben der Adeligen, und ich fühlte mich vollkommen hin und her gerissen zwischen Lachen und Entsetzen und bloßer Faszination. Die Reichen, fand ich heraus, konnten ungeheuer absurd sein. Sie verbrachten täglich viele Stunden damit, sich vor einen Spiegel zu setzen und zu putzen, so wie Seequäker, wenn sie ihre Federn glätteten. Lieber kleideten sie sich unbequem, als dass sie unmodisch waren, was ich nur schwer nachvollziehen konnte. Tatsächlich fand ich ihre übermäßige Beschäftigung mit sich selbst beunruhigend: Wie konnten sie in derart verschwenderischem Luxus leben, wenn andere sich noch nicht einmal ein Dach über dem Kopf leisten konnten? Ich vermute, ich bin die ganze Zeit völlig benommen herumgelaufen, wie ein Sandaal, der gerade zum ersten Mal ein Korallenriff gefunden hat und vor lauter Staunen darüber den Mund nicht mehr zubekommt.
Es dauerte mehr als einen Monat, bis ich den Gestank und die Eigenschaften der Dunkelmagie wahrnehmen konnte, hauptsächlich deshalb, weil es so lange dauerte, bis wir zu den obersten Rängen der Gesellschaft von Bethanie Zutritt erhielten. Wie auch immer, innerhalb weniger Tage, nachdem wir eine Einladung zu einem privaten Empfang des Festenherrn erhalten hatten, stieß ich auf den Dunkelmagier. Aber es war nicht der Berater des Herrschers von Bethanie, sondern dessen neue Frau. Sie hatte den alten Mann dermaßen mit Zaubersprüchen benebelt, dass er genau das sagte, was sie wollte. Da war sogar eine leise Färbung von Dunkelmagie auf dem Festenherrn selbst, was bedeutete, dass sie auch in seine Richtung ein oder zwei Flüche losgelassen hatte.
Ich erklärte Arnado, was ich herausgefunden hatte. Er fuhr mir durch die Haare und lächelte. » Bist du dir sicher, mein kleiner Heißsporn? Vergiss nicht, ich werde aufgrund deiner Aussage etwas tun, und wenn du dich irrst, könnten die falschen Leute sterben.«
Nicht einmal in diesem Augenblick verstand ich ganz. Ich sagte etwas empört: » Natürlich bin ich mir sicher. Sie ist eine Dunkelmagierin, und ihr Ehemann ertrinkt so sehr in Karmesinrot, dass ich glaube, er hat keinen einzigen eigenen Gedanken mehr.«
» Gut. Dann ist deine Aufgabe hiermit erledigt.« Er drückte mir etwas Geld in die Hand. » Ich möchte, dass du all deine und meine Sachen einpackst und zur Anlegestelle am Fluss gehst. Miete uns zwei Plätze auf dem nächsten Boot, das flussabwärts Richtung Meer fährt. Nimm das Gepäck mit und warte an der Anlegestelle auf mich. Wirst du das schaffen?«
Ich nickte. Er hatte mir bereits gezeigt, wo die Anlegestelle war und wie die Fahrkarten gekauft wurden. Ich lief glücklich weg und tat, was er mir aufgetragen hatte, dann setzte ich mich hin und wartete.
Als er kam, wirkte er sehr ernst und gar nicht zum Sprechen aufgelegt. Wir betraten das Boot, und er stand am Bug und starrte aufs Wasser, während wir flussabwärts fuhren. Als er schließlich zu reden begann, rissen seine Worte mich aus jeder Selbstzufriedenheit, jeder Illusion, die ich darüber gehabt haben mochte, wie die Wahrer mich in ihre Strategien einbanden. » Ich habe sie beide getötet, Glut«, sagte er, » aufgrund deiner Aussage. Ich dachte daran, ihn zu verschonen, aber wenn er tatsächlich so sehr in dem Rot versunken war, wie du gesagt hast, wäre sein Geist nie wieder so geworden, wie er vorher war, nicht einmal nach ihrem Tod. Daher habe ich auch ihn getötet.«
Ich starrte ihn in vollständigem Entsetzen an. Das zeugte natürlich von meiner
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