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Die Inseln des Ruhms 02 - Der Heiler

Die Inseln des Ruhms 02 - Der Heiler

Titel: Die Inseln des Ruhms 02 - Der Heiler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glenda Larke
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ich frag mal nach.«
    Flamme schnaubte. » Siehst du, Glut? Er mag das Riesenflohvieh auch nicht.«
    » Undankbares Pack«, sagte sie entrüstet. » Dieses Tier hat heute unseretwegen etliche Fellih-Gläubige gebissen.«
    Ich vermutete, damit hatte sie recht. Aber das Tier erschien mir dadurch kein bisschen attraktiver.
    Lange vor Anbruch der Dämmerung erwachte ich aus einem qualvollen Traum, an den ich mich nicht mehr erinnern konnte. Nicht mehr erinnern wollte. Bei den Himmeln, die Wirklichkeit war schon schlimm genug. Dieser Blick, den sie mir zugeworfen hatte. Der Augenblick, als der Stein sie getroffen hatte. Das Geräusch, der Geruch ihres Blutes. Und sie war weg, durch meine Hand gegangen. Dieser zerbrechliche Atem von ihr, der das Leben war, existierte jetzt nicht mehr.
    Jastriá. Wie hatte ich sie nur so sehr im Stich lassen können?
    Ich rollte mich aus dem Tagaird, den ich als Decke benutzte, und ging nach draußen. Es hatte in der Nacht etwas geregnet, und die Luft war frischer geworden. An einzelnen Stellen war der Himmel sogar klar, und schimmernde Sterne waren zu sehen. Es war ein Doppelmondmonat, und ich ging im Mondschein einen Pfad entlang, der an den letzten Häusern vorbei durch die Mangroven zum Ufer des Flusses führte. Dort befand sich ein Landungssteg mit Stufen, die zu dem schlammigen Wasser darunter führten, aber es war kein Boot in Sicht. Und auch kein Platz, an dem man eines hätte festmachen können, was eigenartig war. Das Wasser stand nicht sehr hoch, da Ebbe war. Ich setzte mich ans Ende des Landungsstegs und stellte überrascht fest, wie viele Geräusche hier bei den freien Schlammflächen zu hören waren: das Geräusch von Hin- und Herglitschen, von zuschnappenden Krabbenscheren, von über den Matsch gleitenden Schwänzen, die revierverteidigend um sich peitschten. Hundert verschiedene Botschaften hörte ich, ohne sie deuten zu können.
    Ich versuchte darüber nachzudenken, was ich falsch gemacht hatte; wieso ich nie in der Lage gewesen war, ihr zu helfen. Es schien, als gäbe es keine Antwort darauf, und am Ende konnte ich nur weinen, in großen, den Körper erschütternden Schluchzern, die von einem tiefen, dunklen Ort nach oben drangen und mich in Stücke rissen.
    Ganz und gar versunken in meine Trauer roch ich nicht, dass Glut kam. Ich hörte sie auch nicht; für eine große Frau konnte sie so lautlos wie ein Graslöwe durch eine Wiese streichen. Ich begriff erst, dass sie da war, als sie einen Arm um meine Schultern legte, während sie sich neben mich setzte. Sie ließ mich ausweinen, dann reichte sie mir ein Taschentuch. Eine praktisch veranlagte Frau. Genau das, was ich in diesem Moment brauchte.
    » Ich glaube nicht, dass Ihr sie irgendwie hättet retten können«, sagte sie, als ich mich schließlich beruhigt hatte. » Sie wollte sterben, so einfach ist das.«
    Ich hatte das Gefühl, als hätte man mich vor ihr ausgezogen, aber es kümmerte mich nicht. » Aber warum ?«, fragte ich flüsternd.
    » Manchmal«, sagte sie bedächtig, als hätte sie schon bei anderen Gelegenheiten eingehend darüber nachgedacht, » manchmal werden Leute in die falsche Welt hineingeboren. Sie bemühen sich, einen Sinn darin zu erkennen, aber es gelingt ihnen nicht. Manche suchen dann eine Lösung, indem sie versuchen, die Welt zu verändern: Das sind die Revolutionäre. Dann gibt es die anderen, die versuchen, sich so zu verändern, dass sie zu den Erwartungen der anderen passen. Sie enden so unglücklich wie eine Krabbe, die versucht gerade zu gehen, denn sie sind sich selbst gegenüber nicht wahrhaftig. Viele von ihnen laufen schließlich weg, so wie Jastriá, weil sie denken, sie würden irgendwo einen Ort finden, wo nicht versucht wird, sie zu etwas zu machen, das sie nicht sind. Dieser Traum von Freiheit ist gewöhnlich eine Illusion, besonders dann, wenn sie ihr Problem mitnehmen. Jastriás Problem war, dass sie nicht wusste, wie sie die Kontrolle über ihr eigenes Schicksal erlangen konnte. Ihre Tragödie war die einer Frau ohne Fähigkeiten, denn so eine Frau hat nur wenige Möglichkeiten, wie sie entkommen kann. Männer haben häufig mehrere Möglichkeiten.«
    » Was hätte ich tun sollen?«, fragte ich, ohne wirklich eine Antwort zu erwarten. Die Frage war an mich selbst gerichtet, nicht an sie, aber sie beantwortete sie dennoch.
    » Das Problem lag nicht bei Euch«, sagte sie, eher gereizt als freundlich. » Es war ihres. Und am Ende konnte sie nur einen einzigen Weg finden, es zu

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