Die Inseln des Ruhms 02 - Der Heiler
Leute verschwunden, die in den Dörfern um den See herum gelebt haben. Mädchen. Die Männer, die der Sache auf den Grund gehen wollten und sie verfolgt haben, sind ebenfalls verschwunden, bis niemand mehr bereit war nachzuforschen.«
» Dunkelmagier«, sagte ich.
» Dunkelmagier? Davon war nie die Rede«, sagte Maryn. » Die Leute sagen, die Fremden müssen die Seegeister aufgeweckt haben. Oder Ungeheuer, die im See leben. Ich kann mich erinnern, dass es auch früher schon ähnliche Mythen gegeben hat. Bitte, lieber Gott, nicht schon wieder Dunkelmagier!«
» Schon wieder?«
» Vor sieben oder acht Jahren gab es hier in Amkabraig einen Statthalter, der ein Dunkelmagier war, bis die Wahrer Hilfe geschickt haben«, erklärte Keothie. » Er hätte alles getan, um seine Begierde zu stillen. So viele Leute sind gestorben, bevor sie begriffen haben, was er war. Es heißt, Dunkelmagier würden sich von Schmerz und Tod ernähren …« Seine Stimme verklang, und die Augen wurden größer. » Ginna …?«
» Ich glaube, dass sie von einem Dunkelmeister vergewaltigt worden is. Ich vermute, er hat sie in einem Prozess, der als Umwandlung bezeichnet wird, mit seiner Krankheit angesteckt. Und ich vermute, dass auch ihr Kind diese Krankheit hat.«
Keothie zögerte. » Diese K-Krankheit?«
» Es is meine Überzeugung, dass Dunkelmagie eine Krankheit is. Ich denke, sowohl Ginna als auch ihr Ungeborenes sind jetzt angesteckt. Das Gefühl von Brennen, das Ihr habt: Es is Dunkelmagie, kein Fieber.«
Sie sahen mich voller Entsetzen an, als sie das wahre Ausmaß dessen, was ich gesagt hatte, zu begreifen begannen. » Wollt Ihr damit sagen«, sagte Maryn schließlich, » dass Ginna eine Dunkelmagiern ist? Und dass sie einen weiteren gebären wird?«
» Ich halte es für sehr wahrscheinlich. Ja.« Der Schmerz in mir schrumpfte schließlich auf ein erträglicheres Maß zurück. Ich sah auf meine Hände, die noch immer die Stuhllehne umfassten. Als ich den Griff lockerte, begannen meine Finger zu zittern.
» Könnt Ihr nicht irgendetwas tun?« Die Frage kam von Keothies Frau.
» Ich habe keine Erfahrung mit Dunkelmagie. Ich bin keiner vom Weißvolk, ich kann nich einmal sicher sein, ob das, was ich sage, die Wahrheit is. Ich schlage vor, dass Ihr einen von ihnen findet, damit er bestätigen kann, was ich gesagt habe. Und ich schlage weiter vor, dass Ihr Eure Vorurteile gegenüber Silbmagie herunterschluckt und einen Silbheiler holt, der sie behandeln kann. Sie könnten in der Lage sein, sie zu heilen, besonders, wenn Ihr nicht zu lange lange wartet.«
» Das Weißvolk? Silbheiler? Wir sind hier in Porth!«, rief Keothie. » Wer hat hier denn solche Fähigkeiten? Und selbst wenn jemand sie hätte, wie könnten wir uns einen Silbheiler leisten?«
Seine Frau warf ihm einen Blick zu, der voller Verachtung war. Ich schätzte, dass sie der Meinung war, es würde Keothie nicht an Geld mangeln, lediglich an dem Willen, es auszugeben.
» Ginna is als Silbbegabte auf Porth geboren«, erklärte ich. » Wo eine is, sind auch andere. Ich schlage vor, Ihr sucht unter den Reichen nach praktizierenden Silbmagiern. Vermutlich sind sie darin ausgebildet, ihre Gaben einzusetzen, um ihren Wohlstand zu mehren. Und wenn sie zögern, Eure Nichte zu behandeln, weist sie darauf hin, dass bald zwei weitere Dunkelmagier auf die Welt losgelassen werden, wenn sie es nich tun.«
» Es könnte sie töten«, wandte die Frau ein. » Wisst Ihr, was Silbheiler über Dunkelmagie sagen?«
» Ja«, erwiderte ich und fügte brutal hinzu: » Ich weiß, was alle über Dunkelmagie sagen. Aber selbst der Tod wäre besser für Ginna als das, was passiert, wenn sie nich geheilt wird. Wenn ich recht habe, muss sie Hilfe von Silbbegabten bekommen, und zwar sehr, sehr schnell. Nich mehr lange, und sie wird sich allen Versuchen der Heilung widersetzen. Es könnte bereits jetzt zu spät sein. Und jetzt entschuldigt mich. Ich muss gehen.« Ich hörte mir ihre Einwände und ihre Nöte nicht mehr an; ich musste so rasch wie möglich so viel Abstand zwischen mich und die Dunkelmagie bringen, wie ich konnte. Ich hätte nie gedacht, dass mein Geruchssinn mir einmal so viel Schmerz bereiten könnte.
Draußen vor dem Haus beugte ich mich vornüber und erbrach mich in die Gosse. Danach atmete ich zweimal tief durch und lehnte mich an die Mauer; sie war mit blühenden Kriechpflanzen bedeckt, und ich vergrub mein Gesicht in den Blüten. Noch immer konnte ich den Gestank der
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