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Die Inseln des Ruhms 3 - Die Magierin

Die Inseln des Ruhms 3 - Die Magierin

Titel: Die Inseln des Ruhms 3 - Die Magierin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glenda Larke
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eigenen Unglück, wäre herzzerreißend gewesen, wäre es mir in diesem Moment möglich gewesen, für jemand anderen überhaupt irgendeine Art von Mitgefühl aufzubringen.
    Die Ketsch war ein kleines Schiff, und das Steuerruder befand sich achtern von den Wanten, an die ich mich klammerte, so dass es nicht lange dauerte, bis Kayed auf mich aufmerksam wurde. Weit davon entfernt, gleichgültig zu sein, schärfte sich sein Blick, und er runzelte die Stirn. Er sah zu den beiden Frauen, den Dunkelmagierinnen, hinüber, die jedoch, seit wir Xolchasturm verlassen hatten, damit beschäftigt waren, einen armen Seemann zu quälen. Sie stießen mit einem Marlspieker auf ihn ein und lachten über seine Versuche zu entkommen.
    Ich hatte Kayed während der Reise nach Xolchasturm eingehend beobachtet und bemerkt, dass er wachsamer wirkte als die anderen versklavten Seeleute. Ich hatte mich sogar eine Zeitlang gefragt, ob er vielleicht ein Wissender war, der verbarg, dass er durch Magie nicht beeinflusst werden konnte, aber ich spürte keinerlei Verwandtschaft mit ihm. Ich kam also schließlich zu dem Schluss, dass er genauso verzaubert worden war wie die übrige Mannschaft, nur war es ihm irgendwie gelungen, einen Rest von unabhängigem Denken aufrechtzuerhalten. Er gab sich Mühe, es im Beisein der Dunkelmagierinnen nicht sichtbar werden zu lassen, aber natürlich war ihm niemals in den Sinn gekommen, es vor einem unscheinbaren Vogel geheim zu halten, der zwischen der Takelage und der Reling des Schiffes hin und her flatterte.
    Er war ein großer Mann, dunkelhäutig und breitschultrig, und er hatte das Fehlen des einen Unterarms zu seinem Vorteil genutzt, indem er eine eigens dafür angefertigte Klinge an ihm befestigt hatte. Diese Klinge, die über den Stumpf hinausragte, war an der einen Seite geriffelt und hatte vorne einen Haken. Er benutzte sie für alles Mögliche, angefangen beim Zerteilen seines Essens bis hin zur Bedrohung seiner Mannschaft. Er hatte die hässliche Angewohnheit, die Klinge mit einem Wetzstein zu schleifen und dabei immer mal wieder denjenigen anzustarren, der ihn gerade als Letzter geärgert hatte.
    Als Kayed jetzt sicher war, dass er nicht beobachtet wurde, nickte er in meine Richtung und bedeutete mir, auf das Deck herunterzuklettern. Er musste mir nicht erklären, wieso. Da, wo ich war, fiel ich zu sehr auf. Es war nicht nötig, dass Seeleute in die Takelage der Ketsch kletterten, und ich hing noch dazu da wie ein Stück nasser Wäsche an einer Trockenleine. Nackt, zu allem Überfluss.
    Ich brauchte eine ganze Weile, um nach unten zu klettern. Da war der beständige Wunsch, einfach loszulassen und die Flügel auszubreiten… Ich konnte meine Finger immer noch nicht kontrollieren. Die Krallen eines Vogels greifen automatisch, wenn sie entspannt sind, und müssen angespannt werden, um den Griff loszulassen; bei den Händen schien das anders zu sein. Es war verblüffend. Mit meinen Zehen konnte ich gar nichts greifen. Mein Körper fühlte sich riesig an. Meine Sehfähigkeit war gedämpft, mein Gehör gemindert. Aber die Empfindungsfähigkeit der Haut gegenüber Berührungen war erstaunlich ausgeprägt. Das Seil piekste, es war hart und grob. Der Wind war kalt. Das Salz der Gischt brannte.
    Schließlich kam ich unten auf dem Deck an. Meine Beine sackten unter meinem Gewicht sofort zusammen, und ich musste kriechen. Ich wollte zu Flamme gehen, wollte ihr sagen…
    Kaum hatte ich mich in Bewegung gesetzt, als ich am Arm zurückgerissen wurde. Bevor ich Einwände erheben oder mich wehren konnte, wurde ich vorwärtsgestoßen und dann wie ein Bündel durch die Ladeluke nach unten geworfen. Es war Kayed; er musste jemand anderem das Steuer übergeben haben, seit wir aus der Hafenmündung herausgesegelt waren. Ich wollte ihm sagen, dass ich zu Flamme gehen wollte, aber als ich meinen Schnabel öffnete– meinen Mund–, kamen nur unverständliche Geräusche heraus. Ich musste erst noch die Herrschaft über meine Stimme erlangen.
    » Bist du wahnsinnig?«, zischte Kayed mich an. » Willst du, dass diese Windreiter dich sieht?«
    Ich schaffte es zu nicken.
    » Diese Frau ist eine Dunkelmagierin. Sie wird dich zum Frühstück rupfen und braten, sobald sie weiß, was du bist!«
    Ich starrte ihn an und versuchte zu verstehen, was er mir sagen wollte.
    Er erklärte es mir. » Ich habe gesehen, dass da oben in der Takelage ein Vogel hockte. Danach sind alle diese Leute aus der Luft auf den Kai gefallen. Als ich dann

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