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Die Inseln des Ruhms 3 - Die Magierin

Die Inseln des Ruhms 3 - Die Magierin

Titel: Die Inseln des Ruhms 3 - Die Magierin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glenda Larke
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ich zwölf war, bin ich gegen seinen Willen zurückgekehrt, um ihn in genau diesem Zimmer zur Rede zu stellen. Wir würden uns beide stets an diesen Tag erinnern, an dem wir uns nach sieben Jahren zum ersten Mal wieder begegneten und uns über den Tisch hinweg ansahen. Er sah die Wahrheit in meinen Gesichtszügen. Wie hätte es auch anders sein können? Ich war das Ebenbild meines Erzeugers. Gesichtszüge, die bei dem kleinen Jungen noch nicht zu sehen gewesen waren, traten jetzt beim Jugendlichen deutlich hervor. Wir hatten die gleiche Kinnlinie, die gleichen Grübchen in den Wangen, die gleiche Art und Weise, wie die Brauen außen nach oben strebten. Wenn ich wissen wollte, wie ich im Alter aussehen würde, musste ich nur sein Gesicht ansehen.
    Ich hatte natürlich immer gewusst, wer ich war. Meine Mutter hatte es mir gesagt, bevor man sie zwang, sich von mir zu trennen. » Zweifle niemals daran, wer dein Vater ist, Elarn«, hatte sie mir zugeflüstert. » Du bist der Sohn von Korlass Jaydon. Nicht meine Vorfahren machen dich zu dem, was du bist, sondern seine.« Ich habe sie nie wiedergesehen. Sie ist sechs Monate später gestorben. Er hat mir viel genommen, mein Vater.
    Er seufzte und reichte mir den Brief. » Er ist für den Wahrerherrn bestimmt. Und ich möchte, dass du mir seine Antwort mit der ersten Ebbe bringst.«
    Ich hob den Blick vom Brief und sah ihn verblüfft an. Das bedeutete, dass ich in der Nabe gerade mal zwei Stunden Schlaf bekommen würde, ehe ich mich auf den Rückweg machen musste, und es bedeutete ferner, dass ich mitten in der Nacht zurückreisen würde. Mein Vater wusste natürlich genau, was er da von mir verlangte; er war Langbootmann gewesen, ehe er sich der Verwaltung der Gilde zugewandt hatte– der einzige Weg, um in der Gilde irgendwie aufzusteigen.
    » Ich soll also nachts die Ebbe nehmen?«, fragte ich vorsichtshalber, um ganz sicherzugehen.
    » Ja«, schnappte er. » Und wenn du wieder hier bist, kommst du direkt zu mir. Du wirst vorher mit niemanden sprechen. Du wirst dafür sorgen, dass dich niemand sieht. Bis die Wirkung nachlässt, kannst du dich zu Hause hinter geschlossenen Türen aufhalten. Wenn mein Sohn schon eine Missgeburt ist, können wir uns seine Missbildung auch genauso gut zunutze machen.«
    Ich erstarrte. Diese Worte hatte er seit Jahren nicht mehr benutzt. Missgeburt. Missbildung. Ich hatte gedacht– gehofft–, ich hätte ihm bewiesen, dass ich beides nicht war. In diesem Moment begriff ich jedoch, dass ich in den Augen meines Vaters nie etwas anderes sein würde, was immer ich auch tat. Selbst dann, wenn ich normal aussah, mich normal verhielt und meine angebliche Bösartigkeit vor der ganzen Welt verbarg, würde ich für ihn trotzdem nie etwas anderes sein als jemand, der von der Norm abwich und von Gott verschmäht wurde.
    Ich versuchte zu verhindern, dass der Schmerz darüber in meinen Augen zu sehen war. » Also dann bis morgen«, sagte ich.
    » Möge die Welle mit dir sein«, sagte er und verwendete damit den uralten Abschiedsgruß der Gezeitenreiter.
    » Wie es dem König beliebt«, antwortete ich etwas hölzern. Es gab natürlich keinen König; die formelhafte Antwort bezog sich auf den Walkönig, wie die Flutwelle in den Dunkelmond-Monaten– wenn sie am größten war– genannt wurde. Letztendlich hing der Erfolg eines Ritts genauso von der Natur der jeweiligen Welle ab wie von den Fähigkeiten des Gezeitenreiters; die Flutwelle war bekanntermaßen wankelmütig, und ihre Spannbreite reichte vom sanften Kleinen Fisch des Viertelmonds bis zum Walkönig des Dunkelmonds.

3
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    Erzähler: Ruarth
    Ich weiß, dass Ihr das alles nicht glaubt. Glut hat mir erzählt, dass Ihr die Existenz von Magie bezweifelt und auch nicht glaubt, dass ich– oder sonst jemand von den Dunstigen– früher ein Vogel war. Sie sagt, Ihr Kellen würdet nur an Logik und Wissenschaft glauben. Ihr haltet uns für Mythen-Erfinder. Oder für Lügner, um es etwas unfreundlicher auszudrücken.
    Tatsächlich finde ich diese Bemerkung eigenartig, denn ich habe mit den Priestern gesprochen, die Ihr auf Euren Schiffen mitgebracht habt. Sie wollen uns glauben machen, dass bestimmte fromme Leute unter Euch Gott sehen können, dass sie ihn in irgendeiner nicht substanziellen Gestalt erblicken können, die er annimmt, wenn er unter Euch wandelt. Wie sie sagen, spricht er manchmal mit hörbaren Worten direkt zu diesen Menschen, selbst wenn er keinen Körper hat. Aber so etwas haltet Ihr nicht

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