Die Inseln des Ruhms 3 - Die Magierin
Nachrichten zwischen den Pfeilern hin und her zu befördern. Glut beherrschte ihre Ungeduld ziemlich gut, aber ich bemerkte sie trotzdem. Sie stank danach. Statt jedoch unruhig im Palast auf und ab zu gehen, entschied sie sich, mir bei der Arbeit mit den Dunstigen-Kindern zu helfen, was mich überraschte. Ich hatte nicht gedacht, dass sie so viel Geduld bei den Allerkleinsten aufbringen würde. Ich hatte gedacht, dass sie gar nicht wissen würde, wie sie mit einem Säugling umgehen sollte. Es war daher seltsam zu erleben, wie die Not der Kinder sie berührte und wie gut sie sie festhalten und wiegen konnte, während sie ihnen das ins Ohr flüsterte, was eine Mutter gewöhnlich einem verletzten Kind zuflüstert. Vielleicht waren beim Anblick der verlorenen Kinder alte Erinnerungen an eine Zeit in ihr aufgestiegen, als sie als Kind ebenfalls aufgegeben worden war– als sie auf einem Friedhof zurückgelassen und der Gnade von Fremden ausgeliefert worden war.
Am Ende war ich es gewesen, der das Krankenhaus eine Weile hatte verlassen müssen, um meine wirren Gefühle wieder zu ordnen. Der Anblick eines Kindes, das versucht hatte, nicht mehr vorhandene Federn mit einem Schnabel glattzustreichen, den es ebenfalls nicht mehr besaß, hatte mich schlagartig in einen Zustand der Erstarrung getrieben, aus dem ich mich nicht mehr lösen konnte. Das Mädchen hatte mich einfach zu fassungslos angesehen, hatte zu wimmern begonnen und dann den Kopf unter den Arm gesteckt. Ich musste dringend nach draußen gehen und mich in den Wind stellen, musste die Frische der Seeluft riechen. In diesem Moment fand Reyder mich.
Er sah mich nur einmal an und fragte: » Schlimmer Morgen?«
» Ja«, sagte ich kurz angebunden und fragte mich, wie er wohl die Zeit verbracht hatte. Vermutlich hatte er sich mit Xetiana amüsiert.
Er musste gespürt haben, dass ich ihm gegenüber ziemlich verdrossen war, denn er erklärte: » Ich habe mit dem Oberhaupt der Menoden-Patriarchen in Xolchasturm gesprochen, damit Hilfe für die Dunstigen organisiert wird.«
» Und so gleich auch Dunstigen-Seelen für die Menoden gesammelt werden?«, fragte ich zynisch. Kaum hatte ich das gesagt, schämte ich mich dafür; es war keine sehr angemessene Bemerkung.
Er ließ sich davon allerdings nicht beleidigen. » Nun, ich vermute, auch diese Seite gibt es. Aber der Glaube der Menoden geht nicht davon aus, dass er allein einen Weg zum Leben nach dem Tod oder zu Gott bietet. Vielleicht bietet unser Glaube den besten Weg, aber er ist nicht der einzige. Was wir bieten, ist Führung für das Leben– und für das Sterben–, für jene, die eine gute Führung möchten. Mehr nicht.« Er lächelte. » Wir haben nie richtig versucht, die Leute von Xolchas zum Übertritt zu bekehren, wisst Ihr. Sie haben ihren Windgott, der ihnen gut dient.« Wie zur Bestätigung seiner Worte wirbelte der Wind mit neuer Kraft um uns herum, und wir konnten die traurigen Töne hören, die vom Windtempel auf der Kralle zu uns herüberwehten. » Er muss mich gehört haben. Kelwyn, ich habe mit Kapitän Scurrey gesprochen: Der Schoner ist zum Ablegen bereit.«
» Ihr seid ja wirklich sehr davon überzeugt, dass ich mit Euch mitgehen werde.«
» Es ist unnötig, dass Ihr Glut begleitet. Ihr habt selbst gesagt, dass sie Flamme zu spät erreichen wird, um das Kind abtreiben zu können, ohne ihr Leben zu gefährden.«
Ich musste die Vorstellung unterdrücken, dass er mich einfach nur nicht in Gluts Nähe haben wollte; so erbärmlich war er nicht. Stattdessen bestätigte ich, was er gesagt hatte. » Ja. Das Kind muss inzwischen ein ganzes Stück gewachsen sein.« Der Abkömmling eines Dunkelmeisters, der Flamme von innen her umgewandelt hatte. Morthreds Vermächtnis.
» Dann besteht die einzige Chance für Flamme darin, dass wir eine Möglichkeit finden, die Dunkelmagie zu vernichten.«
» Wieso im Namen der Schöpfung glaubt Ihr nur, dass ich dazu irgendwas beitragen kann?«
» Ihr seid Arzt, und wir wissen, dass die Magie auf ähnliche Weise weitergegeben wird wie bestimmte Krankheiten… von der Mutter an das Kind. Vom Kind an die Mutter. Ihr findet vielleicht den Schlüssel, der all das erklärt– und das Heilmittel, das es heilt. Ihr könntet das Mittel finden, das Flamme heilen wird.«
» Macht Euch nich lächerlich, Mann.«
» Ihr glaubt doch immer noch, dass es eine Krankheit ist, oder nicht?«
Ich zögerte. Ich hatte es einmal geglaubt, aber damals hatte ich noch nicht gesehen, was Magie
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