Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Interstellaren Freihändler: Science-Fiction-Zyklus (German Edition)

Die Interstellaren Freihändler: Science-Fiction-Zyklus (German Edition)

Titel: Die Interstellaren Freihändler: Science-Fiction-Zyklus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanns Kneifel
Vom Netzwerk:
geschleudert, befand sich plötzlich darinnen und veränderte sie, passte sich ihr an oder umgekehrt; nach einem lautlosen Gewitter kalkig-greller Blitze saß er wieder in einem Raum, in dem sich nichts verändert zu haben schien.
    »Jedenfalls lebe ich noch«, sagte er und versuchte sich an den Gedanken zu gewöhnen, dass er die Gegenwart (und alles, was den Begriff Gegenwart umfasste) um 370 Tage hinter sich gelassen hatte.
    Er verließ die Kugel, öffnete die Schotts, grüßte die Posten und dachte daran, dass er nicht eine Sekunde zu spät zurückkommen durfte. Er zwang sich dazu, die Rampe nicht aufwärts zu hasten, verließ die Höhlen und Gänge des gewachsenen Felsens und winkte am Rand des weißen Platzes – es war tiefe Nacht, und er sah deutlich das Spiel beider Monde zwischen den Sternen – einem Gleiter. Seine beiden Ziele waren der Lesesaal der größten, besten, planetenweit ins Netz gestellten Zeitung und das Publikumszentrum eines ebensolchen Nachrichtendienstes.
    Plötzlich schien die Zeit zu jagen, zu rasen, unproportioniert zu schrumpfen.
    Zuerst die elektronische Tageszeitung: Strongfort richtete die Mikrolinsen auf eine Computer-Seite nach der anderen und ließ die dreidimensionalen Bildschirminhalte in sinnverwirrender Schnelligkeit an sich vorbeiprojizieren. Als er das ersehnte Datum sah, waren neun Zehntel der ersten Stunde vergangen. Er wiederholte mit kaltem Angstschweiß, klopfendem Herzen und den Verfluchungen seiner Geburt nach einem Gleiterflug in scheinbar unerträglicher Langsamkeit das Verfahren bei der Nachrichtenagentur; um Mitternacht war er in beiden Büros der einzige Interessent. Alle seine redundanten Aufnahmegeräte liefen. Informationen in Teraflopquantitäten wurden gespeichert.
    Ein Zwischenfall, anscheinend unbedeutend, beunruhigte ihn. Als er sich einer Reihe wartender Gleiter näherte und hastig an seiner Zigarette sog, strömten vor einem öffentlichen TriâVisoschirm Menschen und einige humanoide Aliens zusammen. Sie lauschten einem hageren Rauschebärtigen, der in einer verworrenen Rede längst vergessene Begriffe von ›Ausbeutung‹, ›Arbeiterklasse‹ und ›notleidender Basis‹ gebrauchte. Eine junge Frau, die seinen Weg kreuzte, musterte ihn verächtlich und sagte schroff:
    »He, Soldat – schade um die schöne Uniform.«
    Strongfort blickte an sich herunter und verstand nicht, was sie meinte. Etwa Meuterei? Aufstand? Einige Polizisten kletterten aus landenden Gleitern und redeten auf die Versammelten ein, die sich auseinander drängen ließen und langsam verliefen. Nur noch Strongfort hörte dem TriâViso-Sprecher zu und verstand:
    »... schauten teilnahmslos jahrzehntelang zu, wie um uns herum der Reichtum in unvertretbarem Maß wuchs ...«
    Wahlreden einer politischen Gruppierung, die es zu dieser Zeit nicht mehr geben konnte, und schon gar nicht auf Aikmon. Er zertrat seinen Zigarettenrest und ließ sich zu seinem Ziel fliegen. Seine Unruhe wuchs.
    Die Sekunden seiner Uhr waren wie Boliden aus kosmischer Schwärze, die ihn nur dann verfehlten, wenn er sich im richtigen Sekundenbruchteil aus ihrer Bahn entfernte. Wieder eine Gleiterfahrt; in der Zukunft – für ihn überlebenswichtige Gegenwart – hatten weibliche Wachen die Doppelposten abgelöst. Die Studenten waren verschwunden, die Reste der Party weggeräumt; nichts anderes war zu erwarten gewesen. Die WächterInnen sahen ihm so grimmig entgegen, als hätten sie Schnurrbärte. Seine Schockwaffe fauchte zweimal auf.
    Auch der Kode für den 370ten Tag nach seinem Eindringen stimmte.
    Er erreichte ohne Zwischenfälle die unterste Ebene, grüßte exakt, wurde eingelassen und stand sechs Minuten vor Ablauf der Zeit in der Montagehalle. Mit vier Schritten war er an der Kugel und schwang sich hinein. Abermals das lautlose Blitzgewitter, das die Rückkehr in die Gegenwart signalisierte. Nur noch zehn Minuten, sagte er sich; notfalls kämpfe ich mich feuernd an die Oberfläche. Als sich vor ihm die Portale öffneten, saßen, standen und lagen alle Studentinnen, die Wachen, Teile des betrunkenen Orchesters und unzählige halbwelke Blumenkränze vor dem Eingang. Ein Mann mit geschlossenen Augen, offensichtlich betrunken, blies auf der Basstuba seltsam verschlungene, überaus laute Klangfolgen.
     
    Als sich, zehn Minuten nach dem Studenten-Überfall und Strongforts Eindringen, sein Positionssignal abschwächte und schließlich ausblieb, wandte sich Karasingh Gargir an Don Spitfire.
    »Strongfort ist weg.

Weitere Kostenlose Bücher