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Die Intrige

Titel: Die Intrige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Peterson Haddix
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er nachvollziehen, wie man sie für einen Engel halten konnte.
    Er schluckte.
    »Und wenn wir durch das, was wir gesagt haben, die Dinge so sehr verändern, dass wir Chip und Alex nicht retten können?«, wandte er ein.
    »Dann hätte HK uns aus der Zeit geholt«, sagte Katherine zuversichtlich. »Wenn es alles ruiniert hätte, hätte er uns nicht mit Richard reden lassen. Du weißt doch, dass sämtliche Berechnungen darauf hinauslaufen, dass wir Chip und Alex retten.«
    Jonas beschloss, sie lieber nicht daran zu erinnern, was HK noch gesagt hatte: dass die Berechnungen manchmal auch falsch waren.
    Katherine rollte sich herum.
    »He, was ist denn das?«, murmelte sie und tasteteüber den Boden. Sie hob etwas auf und hielt es ins Mondlicht. »Sieh mal, eine Birne! Das hier ist ein Birnbaum!«
    »Essen!«, sagte Jonas und spürte wieder das Loch in seinem Magen.
    Es war zwar keine Pizza, aber immerhin etwas Essbares. Er fing an, Birnen von den untersten Ästen zu pflücken.
    »Auch das hier könnte sich auf die Zeit auswirken«, meinte Katherine, als sie nebeneinandersaßen und die Früchte vertilgten, die ein bisschen hart, aber trotzdem gut waren. »Was ist, wenn dieser Kern hier eigentlich dort drüben runterfallen und zu einem großen Baum werden sollte? Und jemand anderes baut eine Straße um den Baum, damit fünfhundert Jahre später jemand die Kurve nicht bekommt, gegen den Baum fährt und stirbt? Nur dass all das nicht passieren wird, weil ich nämlich den Kern … genau … hier fallen lasse.« Mit großer Geste hob sie den Birnenkern hoch und ließ ihn ins Gras fallen. »Oder wenn gerade diese Veränderung dazu führt, dass Menschen sterben? Was ist, wenn der Baum hier wächst und die Straße hier einen Bogen macht und dann –«
    »Katherine?«, sagte Jonas. »Hör auf, ständig von sterbenden Leuten zu reden.«
    Auch wenn er es ihr noch nicht sagen wollte, zeigte sich im Westen eine dünne hellrote Linie am Horizont. Es war kurz vor der Dämmerung, kurz vor Beginn derSchlacht. Ihr Baum – und Richards Zelt – befanden sich auf einer Anhöhe, damit der König die ganze Umgebung vor sich liegen sah, sobald es hell wurde. Verkündeten die Banner in der Ferne das Herannahen einer Armee? Das Schwirren, das er gerade gehört hatte – war das der erste Bogen, der den ersten Pfeil losschickte?
    »Wollen wir Chip und Alex suchen?«, fragte Katherine.
    Jonas sah nach rechts, er wusste, dass sich Chip und Alex dort mit anderen Soldaten versteckt hielten. Nur wenige wussten, wo sie sich befanden. Die Schlacht, die sich vor ihnen zusammenbraute, würde ein Kampf zwischen Richard III. und Heinrich Tudor werden, seinem aus Frankreich eingefallenen Rivalen. Chip und Alex warteten hinter den Kulissen, um zu sehen, ob sich vielleicht ein Vorteil daraus ziehen ließ, wenn andere die Seiten wechselten oder sich das Glück auf dem Schlachtfeld wenden sollte.
    »Neiiin«, sagte Jonas gedehnt. »Noch nicht. Lass uns erst nachsehen, was Richard vorhat.«
    Achselzuckend wischte Katherine die klebrigen Hände im Gras ab und stand auf, um ihm zu folgen. Jetzt, wo die Männer auf den Beinen waren und geschäftig herumeilten, mussten sie sich in ihren klappernden Rüstungen sehr in Acht nehmen, wenn sie an Rittern, Soldaten oder Wachen vorübergingen.
    Was geht diesen Männern wohl durch den Kopf, wosie doch wissen, dass jeder von ihnen heute in der Schlacht sterben kann?, fragte sich Jonas. Warum machen sie nicht kehrt und laufen davon?
    Er und Katherine umgingen zwei Wachmänner und schlüpften wieder in Richards Zelt.
    Der König trug nun eine Rüstung und hatte sich von dem schuldbeladenen und gramvoll schluchzenden Mann der vergangenen Nacht in einen kalten, zielstrebigen militärischen Führer verwandelt.
    »Auf Norfolks Mannen ist gewiss Verlass«, sagte er zu einer Schar Männer, die ebenfalls Rüstungen trugen. »Was haltet Ihr von Lord Stanley?«
    »Eure Majestät!« Ein abgehetzter Page stürmte in das Zelt. »Lord Stanleys Erwiderung!«
    Jonas machte dem jungen Pagen Platz, der dem König einen Umschlag überreichte.
    Lord Stanley …, grübelte Jonas. HK hatte ihn und Katherine in einem Crashkurs mit sämtlichen Adligen vertraut gemacht, die mit ihren Männern in die Schlacht zogen. Es war nicht leicht gewesen, dabei den Überblick zu behalten. Aber Richards Verhalten ihm gegenüber hatte bewirkt, dass ihnen Lord Stanleys Name aufgefallen war. Da Richard nicht wusste, ob er darauf vertrauen konnte, dass Lord Stanley an

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