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Die Intrige

Titel: Die Intrige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Peterson Haddix
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aneinander.
    »Katherine!«, schimpfte Jonas. »Wir müssen leise sein. Hast du das vergessen?«
    »Dann stoß mich nicht an«, erwiderte Katherine.
    »Ich hab dich nicht angestoßen. Du hast dich an meinem Arm festgehalten«, hielt Jonas ihr vor.
    »Hab ich nicht!«, erwiderte Katherine.
    »Sie hat recht«, sagte eine andere Stimme. »Das hat sie nicht. Ich war es.«

Neunundzwanzig
    Die Stimme klang tief und erwachsen und einen einzigen Moment lang wagte Jonas zu hoffen, dass es nur Chip sei, dessen Stimme, wie seine Muskeln und sein Bart, zwei Jahre älter geworden war. Doch dann hörte man ein Schaben in der Dunkelheit und eine Kerze leuchtete auf.
    Jonas starrte geradewegs in das Gesicht von König Richard.
    »Ah! HK!«, schrie er und vergaß vor Schreck, dass sie den Definator nicht mitgenommen hatten. Er wollte auf der Stelle mit HK sprechen. Nein, anschreien wollte er ihn.
    Wie konnte HK sich so vertun?, fragte er sich. Ich dachte, wir landen irgendwo an einem ruhigen, abgelegenen Ort. Und nicht im Zelt des Königs!
    Jetzt, wo es zu spät war, bemerkte Jonas eine geisterhafte Gestalt – den Marker des Königs –, die sanft leuchtend auf einem Bett am anderen Ende des Zeltes lag. Der Marker wälzte sich mit gequälter Miene unruhig hin und her.
    »Was ist das?«, fragte der echte Richard und beugte sich vor. Blinzelnd sah er ins Licht und streckte suchend die Arme aus. Jonas konnte der Kerze nur mit knapper Not ausweichen.
    Wenigstens ist es nur eine Kerze und keine Fackel, sagte er sich.
    Katherine machte ein ähnliches Ausweichmanöver, um Richards anderer Hand zu entgehen. In ihrer Hast riss sie beide Arme nach hinten und die Rüstung schlug laut scheppernd gegen den Oberkörper.
    König Richard starrte mit weit aufgerissenen Augen scheu und blind um sich.
    »Wollt Ihr euch diesmal nicht zeigen?«, fragte er bekümmert. »Ich weiß, dass ihr da seid. Ich höre euch. Ich habe eure Stimmen vernommen und euch berührt. Ich weiß, wer ihr seid.«
    Es fühlte sich nicht richtig an, ihm nicht zu antworten. Der König wirkte so verzweifelt. Und … so hoffnungsvoll.
    »Für wen halten Sie uns?«, flüsterte Jonas.
    Das Gesicht des Königs war erstaunlich ruhig.
    »Ihr seid die Engel, die mir in Westminster erschienen sind«, sagte er. »Jene, die meine armen Neffen in den Himmel geleiteten.« Er zögerte. »Jene, dir mir sagten, dass mir durch meine Taten der Weg ins Himmelreich versperrt ist.« Ein Schluchzen schien ihm in der Kehle zu sitzen. »Mein Weib und mein geliebter Sohn sind im Himmel.«
    »Äh, ja«, sagte Jonas. »Das wissen wir.«
    Katherine, deren Gesicht im Kerzenlicht alles andere als durchsichtig war, sah ihn böse an. Jonas streckte hilflos die Hände aus, um ihr zu sagen: Was soll ich denn sagen?
    »Dann habt ihr sie gesehen?«, fragte Richard begierig. Er streckte die Hand aus, als wollte er Jonas wieder am Arm packen, der diesmal jedoch rechtzeitig zurückwich. »Geht es ihnen gut? Sind sie glücklich? Ist Gottes Segen mit ihnen?«
    »Dafür ist der Himmel da«, sagte Katherine leise. Achselzuckend sah sie zu Jonas hinüber, als wollte sie sagen: Schon gut, du hast recht – es ist wirklich schwer, ihm nicht zu antworten.
    Richard ließ die Schultern hängen.
    »Aber ich werde ihnen dort niemals begegnen«, sagte er. »Mir ist der Eintritt ins Himmelreich versperrt.«
    Katherine beugte sich vor und flüsterte Jonas ins Ohr. »Welche Art von Religion haben diese Leute?«, fragte sie. »Glauben sie an Vergebung oder so etwas?«
    Offenbar hatte Richard zumindest das Wort »Vergebung« gehört, denn plötzlich fiel er auf die Knie und rang die Hände, die Kerze immer noch zwischen den Fingern.
    »O bitte«, flehte er. »Ich könnte Buße tun, Ablässe verkaufen lassen …«
    Katherine schnaubte.
    »Klar«, sagte sie. »Sie haben leicht reden. Jetzt, woSie die Krone tragen. Jetzt, wo Sie glauben – ich meine, jetzt, wo Sie wissen, dass Ihre Neffen tot sind.«
    Richard sah mit ernstem Gesicht zu ihr auf, auch wenn er sie nach wie vor nicht sehen konnte.
    »Ich musste den Thron besteigen, zum Wohle Englands«, sagte er. »Ihr seid himmlische Wesen und mögt von den bösen Taten der Menschen nichts wissen. Ein König im Knabenalter öffnet Spitzbuben, Dieben und Thronräubern Tür und Tor –«
    »Und Sie standen ganz vorn in der Reihe«, murmelte Katherine.
    »Nein, nein!«, rief Richard und schüttelte vehement den Kopf. »Die Woodvilles waren es, die Familie der Mutter. Sie waren gierig und

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