Die Invasion - 5
Widrigkeiten der Schlacht zu trotzen und nicht aufzugeben, hing vor allem von ihren Offizieren ab: von deren Kenntnis über die Männer, die sie zur Verfügung hatten, von ihrem Verständnis dafür, auf wen man sich unbedingt verlassen konnte und wen man genau im Auge würde behalten müssen, wenn der Druck auf die Männer anstieg. Und, vielleicht mehr noch, von dem Vertrauen der Männer auf ihre Anführer. Die Männer kannten ihre Offiziere. Im Kampf hörten sie genau auf deren Stimme und lasen ihr eigenes Schicksal und den Verlauf der ganzen Schlacht am Tonfall ab, in dem Befehle ausgegeben wurden.
Und nun war das, was eine Kraftquelle hätte sein sollen, zu einer Schwäche geworden, und die Männer, die unter dem Kommando jener nun toten oder verwundeten Offiziere gestanden hatten, würden genauso rasch wie Myllyr begreifen, dass das, was hier geschehen war: Sie waren Zeugen einer gezielten, ausgezeichnet geplanten und brillant ausgeführten Taktik geworden ... mit genau dem Ziel, das sie auch erreicht hatte.
Colonel Zhanstyn verzog die Lippen zu einem angespannten Grinsen und ließ die Zähne aufblitzen, als die Aufklärer-Schützen die Subalternoffiziere der Gegenseite so effektiv dezimierten. Hätte er die Gedanken gekannt, die in diesem Augenblick Phylyp Myllyr durch den Kopf gingen, so hätte er dem gegnerischen Offizier nicht an einem einzigen Punkt widersprochen. Es war eine gezielte Hinrichtung gewesen, und wenngleich Zhanstyn ebenso wenig darauf erpicht war, andere Menschen umzubringen wie jeder andere auch, so hätte er doch jederzeit wieder in genau dieser Art und Weise gehandelt.
Die sauber gezogenen Gefechtslinien der Corisandianer waren längst nicht mehr so ordentlich wie zuvor. Einzelne Einheiten waren mit stetigem Schritt weiter vorgerückt. Andere dagegen waren stockend zum Stillstand gekommen, als ihre Kommandeure fielen. Wieder andere waren zwar weitermarschiert, das aber deutlich langsamer, beinahe schon zögerlich, während die Truppen darauf warteten, dass einer der Zugführer das Kommando übernähme. Bedauerlicherweise waren auch einige Zugführer unter den Opfern.
Die Teile der Gefechtsreihe, die weiter vorgerückt waren, blieben abrupt stehen, als sie begriffen, warum so viele ihrer Landsleute zurückgefallen waren. Sie hielten die Stellung, wo sie sich gerade befanden, und warteten darauf, dass sich die in Unordnung geratenen Einheiten disziplinierten. Und das gab unter anderem den Aufklärer-Schützen die Zeit, die sie brauchten, um ihren Rückzug bis zu den eigenen Linien abzuschließen.
Die Scharfschützen in ihrer Tarnkleidung schlichen sich durch die Reihen ihrer Kameraden, glitten geschickt durch Lücken, ohne den stetigen Vormarsch zu behindern. Hier und da nahm jemand die Hand vom Lauf der Waffe, um den zurückgekehrten Heckenschützen anerkennend auf die Schulter zu klopfen, und Zhanstyn selbst nickte zum Gruß, als Sergeant Major Sahlmyn Sergeant Wystahn zur Kommandogruppe führte.
»Gute Arbeit, Sergeant! Ich bin froh, dass Sie es in einem Stück hierher zurück geschafft haben.« Gratulierend drückte der Colonel Wystahn die Schulter. »Und ich denke, Sie haben auch den Zeitpunkt ziemlich perfekt abgepasst.«
»Das hoff ich, Sir.« Der Aufklärer-Schütze schüttelte den Kopf, und seine Miene wirkte sehr grimmig. »Verzeih'n Sie, Sir, aber ich würd's vorzieh'n, so was nich so bald wieder mach'n zu müssen. Kaninchen und Bergechsen zu schieß'n, das is eine Sache. Aber so was ...«
»Hoffen wir das Beste, Sergeant.« Wieder drückte ihm Zhanstyn die Schulter. »Hoffen wir das Beste!« Kurz blickten die beiden Männer einander an. Dann schaute Zhanstyn wieder zu dem immer schmaler werdenden Abstand zwischen den beiden Streitkräften hinüber.
»Jetzt, da Sie Ihre Aufgabe so gut erledigt haben, Sergeant, liegt es wohl am Rest von uns, es Ihnen nachzutun!«
Gahrvai befand sich zu weit hinter den vorrückenden Regimentern, um zu sehen, was geschehen war. Er hatte zwar mitbekommen, wie plötzlich diese weißen Rauchwolken über dem Weizenfeld aufgestiegen waren. Instinktiv hatte er begriffen, dass seine Truppen auf eine Reihe verstreuter Plänkler gestoßen sein mussten. Was er nicht begriffen hatte, war, dass es mehr als vierhundert Plänkler gewesen waren - und dass sie gerade der Kommandostruktur allzu vieler seiner führenden Bataillone empfindlichen Schaden zugefügt hatten.
Gahrvai brauchte etwas länger als Myllyr, um zu begreifen, dass besagte Plänkler
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