Die Invasion - 5
betrifft, können wir, wenn Taryls Abschätzung über die gegnerische Truppenstärke zutrifft, Koryn mit ungefähr doppelt so großer Kampfkraft dorthin schaffen. Wenn wir früh genug damit anfangen, können wir Cayleb vielleicht sogar einen empfindlichen Schlag verpassen, solange er sich noch auf der Ostseite der Dark Hills befindet. Vielleicht gelingt es uns ja auch, Koryn früh genug in Position zu bringen, um Cayleb und seine Truppen in Dairos festzunageln.«
»Ja, sicher, und dann brennt er Dairos nieder, lässt die Truppen wieder an Bord gehen und setzt Segel, bloß um uns dann an einem beliebigen anderen Punkt anzugreifen! Koryn und einen Großteil unserer gesamten Armee lässt er dabei einfach hinter sich zurück«, spann Hektor mit säuerlicher Miene den Gedanken fort.
»Wir können nur unser Bestes tun, Mein Prinz«, erklärte Tartarian sehr ruhig. »Wenn wir unsere Truppen rasch genug massieren können, um Cayleb anzugreifen, bevor er in Dairos ein richtiges, befestigtes Lager aufgeschlagen hat, besteht immerhin noch die Chance, ihn zum Rückzug aufs Meer zu zwingen. Wir können ihn im Augenblick vielleicht nicht auf See erfolgreich bekämpfen. Aber wenn seine neue Armee erst einmal einen herben Rückschlag erlitten hat und empfindliche Verluste hinnehmen musste, dann verschafft uns das mindestens sechs Monate Aufschub, vielleicht sogar ein ganzes Jahr. Und diese Zeit können wir dazu nutzen, unsere eigene Kampfkraft deutlich zu steigern. Aber wenn wir diese Chance haben wollen, müssen wir auch Risiken eingehen. Das heißt: Wir werden uns vielleicht an der einen oder anderen Stelle eine Blöße geben müssen! Nur so können wir unsere Truppen in dem Maße massieren, dass sie dort, wo es darauf ankommt, zumindest die Chance haben, etwas zu erreichen.«
Mit ernster Miene nickte Anvil Rock erneut, und Hektors Nasenflügel bebten. Viele der vorgetragenen Argumente hörte Hektor nicht zum ersten Mal. Er wusste genau, dass Tartarian und Anvil Rock Recht hatten. Als die Invasion seines Landes in einer zwar bedrohlichen, aber noch unbestimmten Zukunft lag, war es ihm sehr viel leichter gefallen, ihrer Argumentation zu folgen.
»Also gut«, sagte er schließlich und blickte wieder zu Hahlmyn hinüber. »Pater, wenn Ihr einverstanden seid, würde ich gern die Semaphoren der Kirche dazu nutzen, Befehle nach Dairos sowie an Baron Dairwyn und Sir Koryn zu übermitteln. Cayleb mag seine Truppen schneller bewegen als wir. Aber wenigstens können wir Nachrichten schneller weiterleiten als er. Wenn der Bischof-Vollstrecker es gestattet, dann ist es, so denke ich, an der Zeit, sich diesen Vorteil auch zunutze zu machen.«
.IV.
Dairos, White Sail Bay,
Baronie Dairwyn, Corisande-Bund
Erneut grollte und krachte der Donner, und eine neue Wand schmutzig-grauen Rauchs stieg auf, immer wieder durchzuckt von Flammen. Die charisianischen Galeonen zogen gerade in langer Reihe ein weiteres Mal majestätisch an den schwimmenden Geschützbatterien vorbei.
Das rasche, äußerst disziplinierte Bellen ihrer Kanonen zeigte Wirkung. Drei der verankerten Batterien waren bereits verstummt und bestanden trotz des schweren Schanzkleides nur noch aus geborstenen Trümmern. Mit massiven Kugeln war es außerordentlich schwierig, hölzerne Gefährte zu versenken. Die Löcher, die derartige Geschosse rissen, waren in der Regel recht klein und lagen häufig oberhalb der Wasserlinie. Allerdings war es eben doch möglich. Eines der großen, massiven Flöße neigte sich bereits gefährlich zur Seite und sank langsam tiefer, je mehr Wasser sich darauf ergoss. Ein weiteres Floß stand lichterloh in Flammen, und das dritte war einfach durch und durch durchlöchert. Doch es waren noch vier weitere im Einsatz, auch wenn deren Schussrate immer weiter abnahm und rings um die hölzernen Bauten Leichen auf den Wellen trieben. Man hatte die Toten einfach durch die Geschützpforten ins Meer gestoßen, damit die noch überlebenden Geschützbedienungsmannschaften mehr Platz hatten, ihre Aufgabe zu erfüllen.
Aus dieser Entfernung betrachtet, mit der Stadt Dairos und den funkelnden Wogen der White Sail Bay als Hintergrund, hätte man den Anblick als beeindruckendes Spektakel bezeichnen können, eigens dazu gedacht, Zuschauer zu unterhalten und zu begeistern. Beeindruckend wäre es jedoch nur dann gewesen, hätten besagte Zuschauer ein Spektakel wie dieses noch nie erlebt - was auf Cayleb Ahrmahk gewiss nicht zutraf. Er wusste, was mit den allzu
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