Die Invasion - 5
Angriff auf Mutter Kirche angeschlossen hat, da hat sie sich selbst zu einer Feindin Gottes gemacht, Mytrahn«, sagte er. »Natürlich bin ich ihr nie persönlich begegnet. Aber nach allem, was ich über sie gehört habe, schien sie immer eine gute Regentin gewesen zu sein, der die Gerechtigkeit ebenso am Herzen lag wie das Wohlergehen ihres Volkes. Doch was auch immer sie in der Vergangenheit gewesen sein mag, jetzt ist sie es nicht mehr. Es mag wohl sein, dass sie tatsächlich glaubt, was Cayleb und sie tun, sei wirklich Gottes Wille. Sollten beide dieser Überzeugung sein, täuschen sie sich! Und in vielerlei Hinsicht ist eine gute, aufrichtige Person, die unwillentlich Shan-weis Werk verrichtet, ohne auch nur die geringste böse Absicht zu haben, die tödlichste Gefahr von allen. Jene, die ganz offen und offenkundig dem Bösen dienen, lassen sich leicht erkennen und einfach in Misskredit bringen. Jene, die mit guter, aber fehlgeleiteter Absicht der Sünde anheim fallen, klingen nur allzu oft vernünftig und überzeugend. Sie handeln nicht in böser Absicht, wie böse das Endergebnis ihres Handelns auch sein mag. Derartige Leute sind ungleich besseres Werkzeug der Verführung als jene, die offen und bereitwillig Feinde Gottes sind.
Das war schon immer so. Aber in Sharleyans Fall ist es leider von noch größerer Bedeutung. Seht euch doch nur an, wie ihre Beliebtheit hier in Charis bereits jetzt dazu führt, dass Cayleb und die anderen Anführer dieses Schismas immer mehr Unterstützung finden, selbst angesichts einer drohenden Exkommunizierung und eines Interdikts.«
Rings um den Tisch wurde genickt, und mehr als einer der Anwesenden verzog gequält das Gesicht. Die Schreiben, in denen die Exkommunizierung Cayleb Ahrmahks und Maikel Staynairs verkündet wurden, waren vor weniger als zwei Fünftagen eingetroffen, ebenso die Erklärung, dass das gesamte Königreich Charis mit dem Interdikt belegt worden sei. Doch das Entsetzen darüber war weniger deutlich ausgefallen, als man hätte erwarten sollen, gerade angesichts der Schwere der hier verhängten Strafen. Es gab stattdessen nur sehr wenige Anzeichen dafür, dass man sich gegen die Autorität der Krone oder des Erzbischofs der Kirche von Charis auflehnen wollte. Zum Teil lag das zweifellos daran, dass Staynair und Cayleb von Anfang an die Möglichkeit einer solchen Reaktion bedacht und auch ihre Anhänger und Unterstützer davor gewarnt hatten, etwas Derartiges könne auf sie zukommen. Ein weiterer Faktor war gewiss, dass sogar die Kirche in Charis diese Proklamationen fröhlich ignoriert hatte. Trotz des Interdikts blieben die Kirchen geöffnet, auch Sakramente wurden weiterhin gespendet. Wenn schon die Priesterschaft die rechtmäßigen Dekrete und Proklamationen von Mutter Kirche so missachtete, wie sollte man das dann den Laien vorwerfen, die es ihnen gleichtaten? Vor allem, da der ursprüngliche Grund für die Schismatiker, die Autorität von Mutter Kirche zurückzuweisen, genau die Rechtmäßigkeit eben dieser Schreiben bestritt. Schließlich verurteilten sie aus vollem Halse die Verderbtheit eben jenes Vikariats, das diese Schreiben verfasst hatte.
Doch es gab noch einen anderen Aspekt, dessen war sich Halcom sicher. Sharleyan hatte man nicht exkommuniziert - offensichtlich, weil zum Zeitpunkt, da diese Schreiben abgefasst worden waren, niemand in Zion die Möglichkeit in Betracht gezogen hatte, sie könnte Cayleb ehelichen. Nun also war Sharleyan nicht exkommuniziert. Zudem hatte sie das Herz der Charisianer im Sturm erobert. Beides machte sie zu einer Person, die über Autorität verfügte und der gegenüber man zu Lehnstreue verpflichtet war - mit anderen Worten: Sharleyan hatte all die rechtmäßige Autorität, die die Kirche Cayleb formal genommen hatte.
»Im Augenblick«, fuhr Halcom fort, »verbirgt dank Sharleyans Ruf als gute und gerechte Regentin - und auch, weil sie eben so sympathisch ist - ein Lächeln Shan-weis Verderbtheit. Das allein ist schon schlimm genug. Doch Sharleyan glaubt ernsthaft an das, was sie tut. Cayleb hat sie nicht in die Irre geführt oder sie gezielt getäuscht, und so wie ich das sehe, ist sie in der Sache ebenso zielstrebig wie Cayleb selbst. Sie wird nicht zulassen, dass man sie zu einer Waffe gegen genau jene Dinge macht, an die sie wahrhaft glaubt. Deswegen denke ich, dass unser Freund im Palast sich täuscht.«
»Damit habt Ihr wahrscheinlich leider Recht«, erwiderte der Priester, der mittlerweile den Poncho
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