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Die Invasoren von Ganymed

Die Invasoren von Ganymed

Titel: Die Invasoren von Ganymed Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick , Ray Nelson
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möglich ihrer kostbaren Körperwärme zu erhalten.
     Und sie sprachen leise miteinander, oder sie schliefen – obwohl sie die unumgängliche Gewohnheit angenommen hatten, während des Tages zu schlafen und nachts wachsam zu bleiben.
     Joan Hiashi und Percy X lagen inmitten des Hügels aus menschlichen Leibern, teilten miteinander einen übergroßen Mantel.
     Percy hielt das Mädchen locker in seinen Armen und sagte: »Gefahren sind notwendig, vor allem tödliche, damit die Menschen einander berühren. Aber wenn sie es tun, dann ist es gut; es ist das Schönste, was es gibt. Wir Menschen haben uns immer voreinander gefürchtet. Wir stellen uns uns selbst als körperlose Geister vor oder als Bewußtsein, das über die Materie triumphiert hat, nicht aber als eine Herde von Tieren, die sich der Wärme wegen zusammendrängen. Ich bin den Ganys dankbar dafür, daß…«
    »Jesus, ist das kalt«, sagte Joan, und ihre Zähne klapperten.
     »Sei froh, daß du die Kälte spüren kannst. Wenigstens spürst du etwas.«
     Irgend jemand in dem Haufen menschlicher Leiber begann zu summen.
     »Werden die Geräuschdetektoren der Ganys das nicht auffangen?« fragte Joan.
     »Da ist der Wind«, sagte Percy. »Der Wind und die Geräusche der Vögel und der Tiere machen es ihnen schwer, die Herkunft von Geräuschen zu bestimmen.«
     Eine andere Stimme fiel ein, noch eine und noch eine. So etwas hatte sie noch nie gehört. Langgezogene Seufzer, die sich die Tonleiter auf- und abbewegten, ohne jede Unterbrechung, und über einen Rhythmus angelegt, der mehr angedeutet denn ausgeführt war, ein Rhythmus, der wie das Schlagen eines großen gemeinsamen Herzens war. Es schien keine feststehende Melodie zu geben, und eine jede Stimme fiel ein und hörte auch wieder auf, wie immer es dem Sänger gefiel.
     Weitere Stimmen kamen jetzt hinzu. Das Tempo nahm zu. Einige der Männer begannen einen Rhythmus zu klatschen, indem sie mit den Innenflächen ihrer Hände gegen ihren Körper schlugen. Joan verspürte die Schönheit der Musik wie einen Schmerz in ihrer Brust. Ihr Bewußtsein leistete Widerstand, um sich schlagend wie ein Ertrinkender, aber ihre Emotionen wurden von der Musik eingefangen und mitgerissen wie ein Stück Treibholz, das in Stromschnellen geraten war.
    »Mach nur«, sagte Percy. »Nimm es auf.« Er wußte offensichtlich, daß sie ein mikrominiaturisiertes Aufnahmegerät bei sich trug, als Armbanduhr getarnt. »Nimm es mit, wenn du zurückgehst. Es ist schließlich egal.« Er schien von der Musik ebenfalls ergriffen zu sein. »Wenn diese Würmer uns endgültig fertigmachen sollten, dann wird wenigstens unser Lied zurückbleiben und euch Wüks vielleicht ein bißchen unangenehm in eurer Haut fühlen lassen – und euch daran erinnern, wie sich ein Mann anhört.« Zärtlich glitten seine Hände durch ihre Haare… und erstarrten in der Bewegung. Er hatte etwas in ihren Haaren entdeckt, das klein, rund und metallen war.
    Sie schrie auf, als er es herausriß.
     Er untersuchte es rasch im Licht eines Feuerzeugs. »Ein Sender«, murmelte er, dann schleuderte er es in die Dunkelheit hinaus, so weit er nur konnte. Er sprang auf die Füße und rief seinen Männern zu: »Bewegt euch! Verteilt euch! Dieses verdammte Wük-Mädchen hatte einen Sender in den Haaren! Sie können uns jeden Augenblick eingekreist haben!«
     Sie verteilten sich, ohne auch nur einen Augenblick zu zögern, und rissen ihre Waffen heraus. Joan lief hinter Percy her. »Laß mich nicht hier zurück«, keuchte sie, während sie hinter ihm hertaumelte und in der von Nebeln durchzogenen Dunkelheit fast stürzte. Ein Licht erschien am Himmel, klein, wie ein vom Himmel fallender Stern; es schien jedoch sehr nahe zu sein.
     »Achtung, Percy!« rief Joan. Es war ein miniaturisierter selbststeuernder Pfeil, der mit beträchtlicher Geschwindigkeit genau auf Percy herabstürzte.
     Lincoln hob sein Lasergewehr an und schoß den Pfeil ab, bevor er sein Ziel erreichte. Lincoln hatte mit einer Geschicklichkeit reagiert, die fast schon einem automatischen Reflex gleichkam.
    »Noch einer«, schnappte Percy. »Dort rechts!« Es war ihm keine Furcht anzumerken, aber seine Stimme war schneller und etwas schrill geworden. »Ein dritter! Sie sind schon zu dicht; wir können sie nicht alle abschießen.« Es war mehr wie die Feststellung einer Tatsache, enthielt nicht einmal mehr die Wärme der Verzweiflung: keine Zeit für eine so belanglose Emotion, nicht einmal mehr Zeit, um

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