Die irische Heilerin
ihr plötzlich viel zu warm vor, und sie trank rasch den Rest ihres Weines, um die ungewollten Gefühle zu vertreiben.
Der Rausch des Weines ließ ihr die Ohren klingen, und für einen langen Augenblick schaute sie ihn voller Begehren an. Bei Belenus, er war unglaublich gut aussehend. Sein goldenes Haar war mit einem Lederband zurückgebunden, sein Kriegergesicht stark und von schönen, sinnlichen Konturen. Ihre Aufmerksamkeit wandte sich auf seinen Mund, die männlich geschwungenen Lippen, die ihr so viel Vergnügen bereitet hatten.
Sie schloss die Augen, wie um die Versuchung aus ihrem Blickfeld und damit aus ihren Gedanken zu verbannen.
„Willst du mehr?“, fragte Connor sie plötzlich und hielt ihr den Krug mit Wein hin. Seine Stimme betörte sie mit ihrem tiefen Klang. Dunkelgraue Augen brannten sich in die ihren und spiegelten ihr eigenes Verlangen.
„Ja“, flüsterte sie. Als er ihren Becher füllte, schien es ihr, als würde sie gleich verbrennen, so sehr hatte er sie entflammt. Trotz ihres verwirrten Zustands war ihr durchaus bewusst, in was für einer Situation sie sich befand. Sie war eine erwachsene Frau mit eigenen Bedürfnissen. Und hier war der Mann, von dem sie immer geträumt hatte, der sie mit demselben Verlangen ansah. Sie sollte sich endlich nehmen, was er ihr anbot, selbst wenn es ihr Herz in Aufruhr brachte. Vielleicht war es ihre einzige Chance.
Séamus räusperte sich und zog so ihre Aufmerksamkeit wieder auf sich. „Ich wollte dich fragen, warum du Flann Ó Bannión herausgefordert hast.“
Eileen sah die Besorgnis im Blick ihres Clanoberhaupts. Er wusste genau wie sie, dass Connor verlieren würde, wenn er sein Schwert gegen Ó Banníon heben würde.
„Wenn es eine Frage der Entlohnung ist …“, sagte Séamus.
„Nein. Er schuldet mir ebenso einige Silberstücke als Strafe wie ich ihm. Die brehons wollten einen gerechten Ausgleich.“
„Warum nimmst du den Spruch dann nicht einfach an?“
Connors Gesicht verdunkelte sich in nur mühsam in Zaum gehaltener Wut. „Weil es meine Ehre ist, von der wir sprechen. Ich habe seine Tochter nicht angerührt. Wenn ich diese Abmachung akzeptiere, gebe ich etwas zu, was ich nicht getan habe.“
Séamus’ Gesicht verfärbte sich, aber er zuckte schließlich nur mit den Schultern. „Warum solltest du dein Leben wegen eines Fehlers riskieren?“
„Weil ich Rache will. Er hat mir meine Fähigkeit zu kämpfen genommen, meine Fähigkeit, eine Ehefrau zu ernähren.“
Eileens Herz zog sich zusammen. Das war der wahre Grund, warum er sich Flann Ó Banníon stellen wollte. Er glaubte, er wäre kein Mann mehr und könnte auch nicht mehr die Familie haben, die er sich so sehr wünschte. Es waren nicht seine Hände, die zertrümmert worden waren. Es waren seine Träume.
Plötzlich blickte sie hinter seinen Schild aus Stolz. Genau wie sie alles riskieren würde, um wieder als Heilerin zu arbeiten, würde er sein Leben für seine Ehre opfern.
Wenn er seine Stärke wiedererlangte, würde er ein Stammesführer oder sogar ein König werden? Würde er über sein eigenes Land herrschen und Söhne haben, die er wie Lorcan und Whelon unterrichten könnte? In diesem Augenblick konnte sie seinen Traum so deutlich vor Augen sehen, als wäre es ihr eigener.
Aber wenn er es nicht schaffte, würde er den höchsten Preis zahlen müssen. „Was, wenn du stirbst?“, flüsterte sie, ihre Kehle wie zugeschnürt.
Sein Blick wurde hart wie Stein. „Ich bin schon tot, Eileen. Aber auf diese Art kann ich in dem Wissen Abschied nehmen, dass ich mich meinem Feind gestellt habe. Ich werde nicht als Feigling sterben.“
Die Endgültigkeit seiner Worte machte ihr klar, dass ihn nichts von diesem Kampf abhalten würde.
Er hatte nicht die Kraft, um gegen einen Meister mit dem Schwert anzugehen, wie es Flann Ó Banníon einer war. Selbst ohne seine verletzten Hände wäre ein solcher Kampf eine Einladung, dem Tod zu folgen. Sie wusste, dass er keine Chance hatte.
„Du wirst als Narr sterben“, flüsterte sie. Sie war unfähig, ihm länger zuhören zu können, weshalb sie vom Tisch aufstand und die aufsteigenden Tränen wegblinzelte. „Es tut mir leid, Séamus und Riona, aber ich muss euch jetzt verlassen.“ Sie weigerte sich, Connor auch nur mit einem letzten Blick zu bedenken.
Draußen schritt sie durch das Tor, hörte die nächtlichen Geräusche eines knisternden Feuers und einer leisen Unterhaltung. Sie nahm eine Fackel von einem der Wachen an und ging aufs
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