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Die irische Meerjungfrau

Die irische Meerjungfrau

Titel: Die irische Meerjungfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carolin Roemer
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Reaktion feststellen.
    Sie schien den Köder zu schlucken. »Das heißt wohl, du recherchierst hier irgendwas.« Wieder hörbares Misstrauen.
    »Shergar.«
    Man sollte beim Lügen bei ein und derselben Version bleiben, dann musste man sich nicht so viel merken.
    »Shergar?« Sie wirkte ehrlich erstaunt.
    »Das Rennpferd, das entführt wurde und …«
    »Ich kenn die Geschichte«, fiel sie ihm ins Wort und schien plötzlich entspannt, geradezu redselig, »ich war zwar damals noch ein Teenie, aber das halbe Land stand Kopf. Die Polizei war da. Hat das ganze Dorf verhört. Als ob wir in Foley überall unsre Finger im Spiel gehabt hätten.«
    »Es soll Leute geben, die sind davon überzeugt.«
    Sie schnaubte verächtlich. »Das ist fast dreißig Jahre her. Über die Sache ist längst Gras gewachsen. Warum also gräbt ein Reporter nach so langer Zeit diese alte Geschichte wieder aus?«
    »Nun, es sind neue Spuren aufgetaucht, die vielleicht doch nach Foley führen«, deutete er vage an. Er durfte sich nicht zu weit vorwagen. »Briefe.«
    »Briefe? Was für Briefe?«
    Fin schüttelte abwehrend den Kopf. Ein guter Reporter gab niemals seine Quelle preis. Schon gar nicht, wenn es gar keine Quelle gab. »Außerdem gibt es eine Zeugin.«
    »Eine Zeugin?«
    Er legte eine bedeutungsschwangere Pause ein, bevor er die Katze aus dem Sack ließ. »Nora Nichols.«
    »Nora? Joeys Schwester?«
    »Joey?«
    »Joe MacGann. Er war Pferdepfleger beim Aga Khan, als es passierte.«
    Jetzt war die Reihe an Fin, erstaunt aus der Wäsche zu gucken. »Joey MacGann, der vor zehn Jahren bei dem mysteriösen Bootsunfall dabei war, als Thomas Keane ums Leben kam?«
    »Genau der. Damals hatte er noch Glück. Aber vor drei Jahren ist er doch draußen geblieben … Seitdem ist die gute Nora nicht mehr dieselbe.« Sie schob sich den Rest Brot in den Mund. »Du kanntest ihn?«
    »Kennen ist zu viel gesagt.« Fin ruderte mit Lichtgeschwindigkeit zurück. Es war gar nicht so einfach, sich mit einem derart dicken Schädel zu konzentrieren. »Ich hab die Leute aus dem Umfeld Shergars unter die Lupe genommen. Natürlich auch die Angestellten auf dem Gestüt. Dabei bin ich auf seinen Namen gestoßen. Ich hätte ihn gerne befragt, aber leider bin ich zu spät gekommen.« Er sollte sich bei Gelegenheit alles aufschreiben, was er zusammenfabulierte, ehe seine Tarnung aufflog. »Was ist eigentlich damals genau passiert?«
    »Naja, der Trawler, mit dem Joey rausgefahren ist, ist vor Island in einen Sturm geraten und abgesoffen. Joey war nie ein echter Seemann. Er und zwei seiner –«
    »Nein, ich meine, damals bei dem Unfall mit den Keanes«, unterbrach Fin.
    »Keine Ahnung.«
    Er hatte auch nicht wirklich eine Antwort erwartet. Über gewisse Dinge sprach man in Foley eben nicht und die Keanes waren nun mal ein ganz besonders sensibles Thema. Er versuchte trotzdem sein Glück. »Kanntest du Jack und Thomas Keane?«
    Sie zögerte. »Ich bin mit Tommy zur Schule gegangen.«
    »Hat er nicht auch in Galway studiert?«
    »Ja, aber wir haben uns ziemlich bald aus den Augen verloren.«
    »Aber ihr müsst euch doch bestimmt dann und wann übern Weg gelaufen sein. Jack und Tom waren oft genug in Foley, um unterzutauchen.«
    »Aber ich nicht«, erwiderte sie mit Nachdruck und begann, das Geschirr zusammenzuräumen, »ich war in Dublin.«
    Fin merkte, wenn ihm jemand die Tür vor der Nase zuschlug.
    »Das Wasser geht zurück. Der Damm müsste jetzt eigentlich frei sein.«
    Und er wusste, was ein Rauswurf war.
    Hastig kippte er den Rest des viel zu heißen Kaffees hinunter, ehe sie ihm die Untertasse wegzog. Mit lautem Geklapper verschwand das Geschirr im Ausguss. Da sie ganz offensichtlich keinen Wert darauf legte, dass er sich nützlich machte, ging er auf die Suche nach seinen Schuhen.
    Auf dem Sofa döste die rote Katze, als ginge sie das alles überhaupt nichts an. Ihre Augen jedoch waren einen winzigen Spalt geöffnet, gerade so weit, dass man die Bewegung der Pupillen eben noch ahnte, während die Ohren wie Radarschüsseln jedes Geräusch orteten.
    Seine klammen Schuhe boten einen traurigen Anblick. Leicht deformiert und mit einer angetrockneten Salzkruste überzogen schienen sie den Kampf gegen das nasse Element endgültig verloren zu haben. Sie seufzten schicksalsergeben, als er sich mühsam hineinquetschte.
    Irgendwo im Haus knarrte eine Holztreppe. Fin schulterte seinen leeren Rucksack, schüttelte ein paar vergessene Grashalme aus seiner Jacke und folgte dem

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