Die irre Heldentour des Billy Lynn
dich?«, fragt Billy. Die sechstausend Dollar hauen ihn um. Seine Carcasse hat die Army komplett zum Nulltarif gekriegt.
»Weiß nich. Was meint ihr’n?«
Billy und Mango kneifen die Augen zu. Sekunden später brechen alle drei in Gelächter aus.
»Alles ziemlich ätzend«, sagt Billy. »Ich weiß gar nicht, was es da zu lachen gibt.«
»Echt wahr«, sagt Mango, »ich denk auch andauernd, Mann, mir geht die ganze Scheiße hier so auf die Eier, und dann wieder so, okay, ich komm da erst raus, wenn meine Zeit rum is, aber is die Scheiße hinterher eigentlich besser? So’n verfickter Job bei Burger King? Da is mir dann wieder klar, wieso ich überhaupt zur Army gegangen bin.«
Hector nickt. »Genau, so ungefähr geht’s mir auch. Was ich jetzt hab, is ätzend, da kann ich genauso gut zur Army.«
»Sonst gibt’s ja nichts«, sagt Mango.
»Sonst gibt’s ja nichts«, stimmt Hector zu.
»Sonst gibt’s ja nichts«, echot Billy, aber er denkt an zu Hause.
Gemütsrüpel
ZWEI NÄCHTE und einen Tag hatten sie freibekommen. Sykes fuhr nach Fort Hood, da wohnen seine Tochter und seine schwangere Frau in einem winzigen Postenhäuschen direkt neben dem Panzerübungsplatz. Lodis fuhr nach Florence, South Carolina, das ist nicht nur seine Heimatstadt, sondern auch die von Snoop Dog, seinem Cousin vierten oder vielleicht auch zweiten Grades, behauptet er jedenfalls. A-Bort fuhr nach Lafayette, Louisiana, Crack nach Birmingham, Mango nach Tucson und Day nach Indianapolis. Dime fuhr nach North Carolina. Lake verlängerte seinen Daueraufenthalt im Brooke Army Medical Center in San Antonio, Texas, und Shroom wurde gegen seinen Willen festgehalten im Merriam-Gaylord Funeral Home in Ardmore, Oklahoma. Und Billy, Billy fuhr nach Stovall, in ein Backsteinfarmhaus auf der Cisco Street mit drei Schlaf- und zwei Badezimmern und massiven Rampen vorn und hinten für den Rollstuhl seines Vaters, ein motorisiertes dunkelrotes Ungetüm mit weißen Breitwandreifen und einer amerikanischen Flagge als Heckaufkleber. »Das Biest«, hieß das Gefährt bei Billys Schwester Kathryn, es war verbautund bucklig und etwa so anmutig wie ein Teerkocher oder ein gigantischer Mistkäfer. »Das Mistding macht mich noch irre«, gestand sie Billy, und in der Tat schien Ray es mit seinem aggressiven Fahrstil geradezu anzulegen auf maximales Nervensägen. Whhhhhhhiiiiirrrrrrr , sirrte er morgens zum Kaffee in die Küche, dann whhhhhhiiiiirrrrrrr ins Wohnzimmer zur ersten Nikotindosis des Tages und den Fox News, dann whhhhhhhiiiiiirrrrrr zurück in die Küche zum Frühstück, whhhhhhiiiiirrrrrr aufs Klo, whhhhhhiiiiirrrrrr zurück ins Wohnzimmer zum quasselnden Fernseher, whhhhhhiiiiirrrrrr, whhhhhiiiiiiirrrrr, whhhhhhiiiiiiirrrrrrr , er würgte so heftig am Joystick auf dem Gummisockel herum, dass der Motor schmerzhaft quiekte wie ein Tätowierbohrer, das stechende ääääääännnnnhhhhhh als Kontrapunkt zur whhhhiiiiirrrrrrrr- Basslinie gab in Klang und chorischer Stereofonie exakt die Quintessence der Persönlichkeit dieses Mannes wieder.
»Er ist ein Arschloch«, sagte Kathryn.
Darauf Billy: »Das merkst du jetzt erst?«
»Klappe. Ich meine, dass der gern ein Arschloch ist, der genießt das. Bei manchen Leuten hat man ja das Gefühl, die können nicht anders. Er dagegen arbeitet regelrecht dran. So was nennt man wohl proaktives Arschloch.«
»Was macht er denn so?«
»Gar nichts! Das ist es ja,’n Scheißdreck macht der! Geht nicht zur Physiotherapie, geht überhaupt nicht aus dem Haus, sitzt bloß den ganzen Tag in dem verdammten Biest rum, glotzt Fox News und hört sich den Fettarsch Russ Limbaugh an, der redet nicht mal, außer er will was, und dann grunzt er auch bloß. Der erwartet, dass wir ihn von vorne bis hinten bedienen.«
»Dann lasst es doch.«
»Ich lasse’s ja! Aber dann bleibt’s an Mom hängen, und die reibt sich total auf, und dann sag ich doch wieder, okay, egal, ichbin dabei. Solange ich hier wohne, kann ich auch Teil des Problems bleiben.«
Irgendwo im Haus steht eine Truhe voll Promoglamourfotos von Rock- und Metalbands aus den siebziger, achtziger und frühen neunziger Jahren, einer Brachialperiode, die Kathryn »die Vokuhila-Jahre« nennt und deren Bands gnädigerweise fast alle längst vergessen sind, aber es gibt auch ein paar richtig gute Stars in Rays Kollektion. Meat Loaf. 38 Special. Kansas. Die Allman Brothers. Ray selbst hatte eine gewisse Nähe zu Talent sowie ein beträchtliches, geradezu imperiales Ego
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