Die irre Heldentour des Billy Lynn
noch mal gemacht habt, ihr Scheißhelden? Wo is’n da die Scheißgerechtigkeit? Ihr habt doch eure Arschtrittquote geliefert, ich mein, wieso lassen die euch nicht einfach hier’ne ruhige Kugel schieben?«
Mango lacht. »So funktioniert die Army nicht. Die braucht Kanonenfutter.«
»Dreck.« Hector ist aufgebracht. »Und wie lange müsst ihr noch?«
»Elf Monate.«
»Fick die!« Nackte Empörung. » Wollt ihr’n da auch wieder hin?«
Die beiden Soldaten ziehen Rotz hoch.
»Mann. Is ja hammerhart. Das is doch nicht gerecht.« Hector grübelt. »Soll da nicht wer’n Film über euch drehen?«
Hm-hm.
»Und trotzdem müsst ihr zurück? Scheiße, und was ist, wenn die euch, äh, euch da, ähm – «.
»Ausräuchern?«, springt Billy ein.
Hector dreht sich erschüttert weg.
»Keine Bange, Kumpel«, sagt Mango, »das is’n ganz anderer Film.« Die beiden Soldaten lachen, und Hector lächelt betreten, aber dankbar, dass sie ihm die Absolution erteilen, obwohl er den Todesteufel an die Wand gemalt hat. Der Joint dreht noch eine Runde. Das Licht in der engen Nische geht über in numinosen Perlenschimmer. Irgendwo da draußen ist der Krieg, aber Billy spürt ihn nicht, wie bei seiner einzigen Erfahrung mit Morphium, als er keinen Schmerz gespürt hatte. Einmal hatte er sogar ein Experiment gemacht, er hatte auf seine aufgeschlagenen Arme und Beine gestarrt und fest an das Wort wehtun gedacht,aber es war einfach zu dünner Luft verdampft. Genauso fühlt sich Krieg gerade an, er ist allenfalls etwas in seinem Kopf Anwesendes oder Drückendes, ein Bewusstsein ohne Inhalt, ein gefühltes Doughnut-Loch. Als er sich wieder ins Gespräch einklinkt, fragt Hector gerade, ob sie auch Destiny’s Child träfen, den Top Act der heutigen Halbzeit-Supershow, aktuell die Nummer eins auf der Hitliste der feuchten Träume der Nation.
»Hat uns noch kein Mensch nix von gesagt.« Mangos Englisch strebt allmählich in Richtung Straßenlässigkeit. Er lässt es nicht total schleifen, er schleift nur die Ecken rund. » Uns sagen die überhaupt nich richtig was, so, ob wir in die Halbzeit-Show sollen oder so. Bloß dass wir die Cheerleaderinnen treffen.«
»So’n Dreck, vato , die kennt doch jeder, die trifft jeder Scheiß-Pfadfinder. Ihr seid doch Rockstars, die müssen euch ja wohl ranlassen an Beyoncé und ihre Mädels. Bei dem ganzen Heldenscheiß und so, da dürft ihr diese Bitches ja wohl ma’ richtich nageln.«
Ma’richtichnageln, wiederholt Billy für sich. Nicht drin. Nicht, dass er es unbedingt täte, wenn er dürfte, obwohl, wahrscheinlich doch. Vielleicht. Okay, bestimmt. Oder kommt drauf an. Irgendwie will er beides, stellt er fest. Er würde gern ein bisschen Zeit verbringen mit Beyoncé, aber auf die nette, sich näher kennenlernen bei schönen gemeinsamen Sachen, Brettspielen zum Beispiel oder Eisessen gehen, oder hier, so was, drei Wochen auf Probe in irgendeinem Tropenparadies, da könnten sie einfach zusammen sein, auch so auf die Nette, und sich vielleicht ineinander verlieben und sich bis dahin gegenseitig das Hirn rausficken, in jeder freien Minute. Er will beides, er will die ganze Einheit von Körper und Seele, alles darunter wäre bloße Erniedrigung. Hat das der Krieg mit ihm gemacht, überlegt er, hat der tiefere Empfindungen und Begierden in ihm geweckt? Oder kommen die bloß daher, dass er auf das zwanzigste Lebensjahr zugeht?
Die Zeit wird knapp. Sie müssen zurück zu ihrer Einheit, aber sie haben es nicht eilig, der Dampf ist raus. Der Joint ist nur noch ein glimmender Stummel, als Hector ihnen anvertraut, dass er überlege, sich zur Army zu melden.
Die Bravos stöhnen auf. Lass es.
»Joh, is Scheiße, weiß ich, aber ich hab’n Kind, und der ihre Mom geht nich arbeiten, hängt alles an mir, was ich okay finde, ich mein, ich will ja für die sorgen, aber so, wie das heute is, das haut einfach nich hin. Ich hab den Job hier, ich hab fünf Tage die Woche Arbeit bei Kwik Lube, aber nirgends’ne Versicherung, und die brauch ich doch für mein kleines Mädchen. Schulden hab ich auch. Ja, na logo, wer hat die nich.« Billy findet, dass Hector mit seinen Sorgen umgeht wie ein erwachsener Mann, er flippt nicht aus und haut nicht wild um sich wie ein pubertärer Flachwichser, er schätzt seine Probleme nüchtern ein und packt die an wie ein Mann. Hector sagt, die Army zahle jedem Freiwilligen sechstausend Dollar Prämie, und in der Army wäre er das Problem mit der Versicherung los.
»Und, meldest du
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