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Die irren Fahrten des Gabriel Delacruz: Roman (German Edition)

Die irren Fahrten des Gabriel Delacruz: Roman (German Edition)

Titel: Die irren Fahrten des Gabriel Delacruz: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jordi Punti
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seine Freunde auf der Straße mit einem weithin leuchtenden Sheriffstern beeindrucken, einem viel zu großen Stetson und einem Colt 49 aus Bakelit. Die Handpuppe hingegen, mit ihren hochmütigen Gesichtszügen und ihren riesigen stumpfen Augen, löste Albträume bei ihm aus, weshalb das über sie verhängte Urteil auf Verbannung in einen Eckschrank lautete. Mehrere Jahre mussten vergehen, ehe Christof sich ihrer erinnerte, sie aus der Unwürdigkeit des Exils befreite und es wagte, seine Hand in ihre Eingeweide zu schieben.
    Jedes Mal, wenn wir einen Eintrag aus den Heften auswählen und abschreiben, brennt in uns vier Brüdern derselbe Wunsch – wie gern wir einmal dabei gewesen wären, wenn die Beute aufgeteilt wurde! Wir wissen es nun von Petroli: Wenn sie mit dem leeren Lkw nach Hause zurückkehrten, hielten sie an immer der ersten Raststätte jenseits der Stadtgrenzen, um sich ihren Fang anzuschauen. Die Zeremonie erfüllte sie mit einer Mischung aus Erregung und Furcht, jedes Mal, als wäre es das erste Mal, und wenn die Mühe sich gelohnt hatte, entflammten sie in einem Banditen- und Wegelagererstolz. Dann gingen sie mit geschwellter Brust in die Kneipe, genehmigten sich einen Whisky oder zwei und rauchten dazu eine Zigarre. Petroli rang sich unweigerlich ein paar scheinheilige Worte der Reue ab, Bundó stimmte ein und musste lachen, während Gabriel schon über die gerechte Verteilung der Trophäen nachsann. Ehe sie wieder losfuhren, rief Petroli im Büro in Barcelona an, um durchzugeben, dass der Umzug ohne Probleme über die Bühne gegangen sei und man sich auf Heimatkurs befinde.
    Die drei Freunde hielten ohne schlechtes Gewissen an ihrem Korsarenritual fest. Flog einen von ihnen je ein Schuldgefühl an, so verscheuchten es die beiden anderen sofort wieder, indem sie daran erinnerten, dass es sich bei ihrer Beute bloß um ein Trinkgeld handelte, zumal im Hinblick auf die heimlichen und, wie sie ahnten, durchaus riskanten Dienste, die sie Herrn Casellas erwiesen. Der war nun wirklich ein krummer Hund. Immer mal wieder, wenn ein Umzug nach Deutschland oder in den Osten Frankreichs ging, mussten sie einen Abstecher zur Schweizer Grenze machen. Dort, so die Anweisung des Chefs, hatten sie jeweils an einem genau festgelegten Ort, immer am Waldrand, zu halten, auszusteigen und den Laderaum zu öffnen. Keine fünf Minuten verstrichen, bis unter den Bäumen ein Mann erschien, gekleidet wie ein Alpenwanderer, sie mit einem Kopfnicken begrüßte und hinten in den Laster stieg. Mit der Geschmeidigkeit eines Rififi-Diebs kletterte er zwischen den Möbeln und Kisten herum, wusste, wo er zu suchen hatte, und zog aus irgendeinem Winkel ein fest verschnürtes Päckchen hervor. Es wog nicht viel, hatte die Maße eines Lexikonbandes, und man musste kein Hellseher sein, um zu kapieren, dass es bündelweise Geldscheine enthielt. Der Mann verstaute es in seinem Wanderrucksack, grüßte abermals mit einem Kopfnicken, so seriös, wie man es sich bei einem Schweizer Bankier vorstellt, und schon war er wieder im Wald verschwunden, als wäre er nie da gewesen. An diesem Punkt lauteten Casellas’ Anweisungen, dass die drei Freunde, »sobald der kleine Umweg absolviert und der Auftrag überbracht ist«, wieder einstiegen und so schnell wie möglich weiterfuhren.
    »Noch ein dicker Fisch, der schön gemästet wird«, pflegte Bundó zu sagen, wenn sie zurück auf der Autobahn waren.
    »Ich würde den Laster drauf verwetten, also wenn er mir gehören würde, dass wir von einem dieser Päckchen alle drei ein Jahr lang bequem leben könnten«, erwiderte Petroli.
    »Oder zwei Jahre. Aber keine Sorge, es wird der Tag kommen, an dem wir das Geld selbst einsacken.«
    Bei diesen Worten Gabriels lief allen ein Schauer den Rücken hinunter.
    Die Operationen auf Schweizer Staatsgebiet wurden nicht zur Regel, doch da sie so gut liefen und der Chef feststellte, dass offenbar keine Gefahr bestand, häuften sie sich. Man muss hinzufügen, dass die drei Freunde in den Fällen, da sie »die Post des Zaren austrugen«, wie Bundó im Andenken an seine Michael-Strogoff -Lektüre sagte, immer mit wundersamer Geschwindigkeit und ohne jede Prüfung der Fracht über die spanische Grenze kamen. Als würde die Reklame für La Ibérica an den Türen des Pegaso ihnen alle Hindernisse aus dem Weg räumen. Da musste es jemanden geben, der die Dobermänner mit den Dreispitzhüten gut zu schmieren verstand.
    Verglichen mit den Profiten, die Casellas und Konsorten in

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