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Die irren Fahrten des Gabriel Delacruz: Roman (German Edition)

Die irren Fahrten des Gabriel Delacruz: Roman (German Edition)

Titel: Die irren Fahrten des Gabriel Delacruz: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jordi Punti
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dir letztes Mal geschenkt habe, und such uns in diesem Streifen Meer. Da kannst du uns finden, wirklich. Petroli, Bundó und mich.«
    Könnt ihr euch vorstellen, Christofs, wie oft ich wie ein Sherlock Holmes auf Spurensuche mit der Lupe dieses Miniaturmeer absuchte? Und ich sah sie! Ich sah die Viking III mit dem Vater und seinen Freunden an Bord! Da standen sie und winkten, genauso wie sie zum Abschied bei uns vor dem Haus aus dem Pegaso winkten!
    Monate später, als klar war, dass der Vater niemals wiederkommen würde – kein Lebenszeichen mehr, kein Brief, kein Anruf –, da musste meine Mutter den Globus verstecken, ich war zu besessen davon.
    Erst acht Jahre später gab sie ihn mir zurück, an meinem dreizehnten Geburtstag. Im ersten Moment kam mir das lächerlich vor. Was sollte ich mit diesem Kinderspielzeug anfangen? Instinktiv aber suchten meine Augen den winzigen Ärmelkanal. Das Meeresblau war verblichen. Eine Wut auf die Vergangenheit ergriff mich. Jedes Lebensalter ist erbarmungslos mit dem vorhergehenden, und der Heranwachsende verachtet das Kind für seine Einfältigkeit. Mit dem Globus unterm Arm trat ich raus auf die Straße und schoss ihn mit dem Fuß weg, so hoch und weit, wie ich konnte. Ich ging zurück ins Haus, ohne zu schauen, wo er hinfiel, aber ich hörte noch den Aufprall dieser Welt, die auseinanderbrach.
    Drinnen nahm meine Mutter mich in den Arm und hielt mich, bis ich mich beruhigt hatte. Danach erzählte sie mir, als Geburtstagsgeschenk, zum ersten Mal von der Kette von Ereignissen, an deren Ende meine Zeugung stand. Warum sind wir so neugierig auf diese pränatalen Geschichten, wenn sich doch nichts anderes in ihnen ausdrückt als Eitelkeit – eine Eitelkeit der Plazenta?
    Es begann mit einem Abenteuer auf dem Kanal, das mein zukünftiger Vater und seine Freunde an Bord einer vor Panik knirschenden Fähre erlebten, sechs Meter hohen Wellen ausgeliefert, inmitten eines Sturms, an dem der Maler Turner seine Freude gehabt hätte. Und es endete damit, dass in den letzten Augenblicken eines besonders irren Tages, mit einem unwiderstehlichen Gefühl von Zwangsläufigkeit, Sarah und Gabriel sich vereinigten. Bin ich also das Ergebnis der Ruhe nach dem Sturm? Es fällt mir schwer, das zu glauben. An jenen einsamen Sonntagen als Sechzehnjähriger knallte mich der Kater mit allem, was ich war, gegen die Wände, und mein Bett schlingerte unkontrolliert umher. Wenn ich die Augen öffnete, wurde mir noch schlechter. Wenn ich sie schloss, ahnte ich im Dunkel die vage Silhouette des Vaters.
    Nun möchte ich für euch das Abenteuer auf dem Kanal rekonstruieren. Vielleicht wäre eine Fußnote angebracht, um darauf hinzuweisen, dass ich die Einzelheiten aus der Bourgeoisie Barcelonas Cristòfol verdanke, aber ich verzichte darauf, denn dies hier ist ja keine gelehrte Abhandlung.
    Also.
    Die Fähre legte pünktlich um zehn Uhr morgens in Calais ab. Zu der Jahreszeit, Anfang Oktober, war der Ärmelkanal ein enger Korridor, in dem die Winde spielten wie die Großstadtkinder. Der Lkw von La Ibérica war früh am Hafen angekommen und das erste Fahrzeug gewesen, das in den Eingeweiden des Schiffs parkte. Nun manövrierte sich die Viking III hinaus aufs Meer, die Passagiere standen an Deck und sahen zu, wie die Mole und die Festung im Dunst verschwanden. Es waren vielleicht fünfzig, die an diesem Morgen mitfuhren, nicht gerade viele, wenn man bedenkt, dass das Schiff Platz für über sechshundert bot. Vom sommerlichen Touristenrummel blieb im Herbst nichts übrig, und Gabriel war dafür sehr dankbar. Im Juni hatten sie die gleiche Reise schon einmal gemacht – Umzug Nummer 88 –, und die gut zwei Stunden bis Dover waren ihm zur Tortur geworden. Schon beim Gedanken an das Gedränge schüttelte es ihn.
    Schuld waren die Reeder und ihr Geschäftssinn. Zwei Jahre zuvor, also 1964, hatten sie ihre Fährflotte modernisiert und die erste Klasse abgeschafft mit der lächerlichen Begründung, es sei nun alles erstklassig. Auf einmal war es in Städten im Innern Frankreichs und Großbritanniens in Mode gekommen, »den Kanalausflug zu machen«, wie man sagte. Gleich mehrere Routen standen zur Auswahl, Calais–Dover, Cherbourg–Southampton, Dieppe–Newhaven. Und egal, welche man wählte: Irgendein Spektakel während der Überfahrt gehörte unweigerlich dazu. Die alten Schachteln aus Birmingham, arthritische Kettenraucherinnen mit großem Durst, machten Whiskyverköstigungen an der Bordbar und kauften dann im

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