Die italienischen Momente im Leben
wenn ich die Maschinen nur mit dem kleinen Finger angetippt hätte, doch diese spektakuläre Blechlawine hatte ihn dazu getrieben, sich im breiten römischen Dialekt auszulassen. Im Prinzip ist nichts Aufregendes passiert, bis dann die vier menschlichen Kleiderschränke auftauchen, denen die Mopeds gehören. Zuerst sehen sie mich feindselig an und fragen im Chor: »Bist du etwa für Lazio?« Ich kann gerade noch eine Tätowierung mit der Wölfin, dem Wahrzeichen des AS Rom, auf dem Arm des einen erkennen, und schon sage ich kurzentschlossen: »Nein, ich bin AS-Rom-Fan!« Da grinsen die vier mich freundlich an, schlagen mir auf die Schulter und laden mich sogar noch zu einem Drink ein. Glück gehabt!
Die Italiener sind arm (wer ist das nicht in der Eurokrise und der europaweiten Rezession?). Aber dieses Klischee stimmt nur teilweise. Man kann Wirtschaftszahlen nicht so verallgemeinern, um damit das ganze Land zu beschreiben. Natürlich gibt es bei uns vor allem im Süden Armut und soziale Ausgrenzung, aber der Durchschnittsitaliener lebt im Konsumrausch, weit oberhalb der Armutsgrenze. Man muss sich nur einmal vor Augen halten, wie viele italienische Familien in Sommerurlaub fahren und mehr als einen (oft deutschen) Wagen besitzen.
Italiener singen gern. Ja, das stimmt. Italien gilt zu Recht als das Land der Oper und des Belcanto. Italien ist eine große Bühne, auf der sich Violetta, Mimì, Lucia, Tosca und Turandot treffen. Lieder wie O sole mio und Arien aus den großen Opern der Romantik und des Verismo gehören zu den berühmtesten Melodien der Welt. Aber Achtung: Das heißt nicht, dass alle Italiener auch wirklich singen. Im Gegenteil. Das Bild von den Italienern als unbekümmerte Schlawiner, die immer ein Liedchen auf den Lippen haben, dieses Klischee ist absolut falsch. Die Realität sieht ganz anders aus. Dieses aus einer oberflächlichen Kenntnis des Lebens und der Volkskultur Süditaliens geborene Vorurteil ist inzwischen so tief in den Köpfen der ausländischen Besucher verwurzelt, dass es in den Touristenhochburgen zu irrealen, ja geradezu grotesken Szenen kommt. Erinnern Sie sich noch an meine Gondelfahrt mit Jutta? Also, die Stücke, die der Gondoliere uns an jenem Abend aufgetischt hat, waren eigentlich durch die Bank neapolitanische Lieder und hatten mit Venedig überhaupt nichts zu tun!
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Wahrscheinlich sagt der Name Torre del Lago nur wenigen Leuten etwas, aber wenn wir den Namen Puccini anhängen, ändert sich das bestimmt. Dieses hübsche Fleckchen in der Toskana war der bevorzugte Wohnsitz des berühmten Komponisten Giacomo Puccini. Der letzte große Romantiker der italienischen Oper, vielleicht der größte Opernkomponist des vergangenen Jahrhunderts überhaupt.
Der Komponist kaufte sich eine Villa in Torre del Lago, einer kleinen Stadt in der Provinz Lucca, nicht weit entfernt von Viareggio. Der Ort richtet seinem bekanntesten Einwohner jedes Jahr im August ein Festival aus, das im Theater am See stattfindet. Natürlich reicht Puccinis Ruhm weit über die Grenzen der Provinz Lucca hinaus, und 2008 feierte man seinen 150.Geburtstag mit Opernaufführungen, Konzerten und anderen Veranstaltungen.
Giacomo Puccini wurde am 22. Dezember 1858 in Lucca geboren. Er entstammte einer musikalischen Familie, die Puccinis waren seit vielen Generationen Domkapellmeister, und auch Giacomo konnte sich später der Familientradition nicht entziehen. Als er fünf Jahre alt war, starb sein Vater, und man schickte ihn zum Unterricht zu einem Onkel mütterlicherseits, der ihn zunächst als nicht sehr begabten und vor allem disziplinlosen Schüler beschrieb. Im Jahr 1891, da war er schon berühmt und viel gereist, beschloss Puccini, sich nach Torre del Lago zurückzuziehen, wo er besonders das Seeufer liebte. An diesem Ort entstanden seine erfolgreichsten Werke. Den endgültigen Durchbruch erlebte er mit Manon Lescaut (1893), andere berühmte Opern wie La Bohème (1896) und Tosca (1900) folgten, und seine letzte, Turandot , wurde nach seinem frühen Tod am 29. November 1924 unter Leitung von Arturo Toscanini posthum 1926 an der Mailänder Scala uraufgeführt.
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Eines Tages saß Puccini am Seeufer, da näherte sich ihm ein Mann, der ihn erkannt hatte und ihn interessiert beobachtete. Als der Komponist seine Schritte hörte, sprang er auf und fragte den Fremden, was er von ihm wolle.
Ein wenig befangen begannen die beiden eine Unterhaltung, und der andere Mann überhäufte ihn mit Fragen. Er wollte
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