Die Jäger des Lichts (German Edition)
Und dann sitzen wir alle vollkommen still, niemand rührt sich. Zuletzt ergreift Krugman einen Becher und steht auf.
In diesem Moment fällt mir auf, dass Sissy nicht bei uns ist. Bei näherem Nachdenken ist sie verschwunden, kurz nachdem wir den Saal betreten haben.
»Wir sind hier heute ein weiteres Mal versammelt, um die Ankunft unserer tapferen Reisenden zu feiern. Lange waren sie unterwegs, und zahlreich sind die Gefahren, die sie überstehen mussten, um zu uns zu gelangen. Eine solch wundersame Begebenheit verlangt nach einer vielmals wiederholten Feier. Für unsere Brüder, die verloren waren und gefunden wurden.«
Krugman macht eine Pause, und lang anhaltender Beifall erhebt sich. Krugman blickt voller Güte zu uns Fünfen.
Ich beuge mich zu Epap. »Wo ist Sissy?«, flüstere ich.
»Pst«, sagt er, ohne mich richtig anzusehen, den Blick weiter auf Krugman gerichtet.
»Diejenigen von uns, die das Glück hatten, mit ihnen zu sprechen«, fährt Krugman fort, »können bezeugen: Sie sind freundliche, intelligente, nachdenkliche, sensible Seelen und Kämpfer nach eigenem Recht. Wir heißen sie willkommen wie Brüder und Schwestern, wir begrüßen sie mit warmherzig ausgebreiteten Armen in der Gemeinschaft unserer Mission. Und heute ist unsere Freude vollkommen geworden«, sagt er und hebt dramatisch die Stimme. »Denn Gene, der furchtlose Anführer unserer Truppe neuer Freunde, hat sich vollständig von einer schweren Krankheit erholt. Unser Dank gilt dem Älteren Northrumpton für die Kenntnis und Ausdauer, mit der er sich um Genes Genesung gekümmert hat. Ich bin froh, euch mitteilen zu können, dass Gene die Klinik verlassen und in eine noch nicht bestimmte Hütte umziehen wird.«
Der Ältere Northrumpton verbeugt sich.
»Lasst uns beten«, sagt Krugman, und alle senken den Kopf. »Großer Versorger, heute danken wir dir für den Überfluss an Speisen und Getränken, an Fröhlichkeit und Sonnenschein, die du uns Tag für Tag so verlässlich bescherest. Wir sagen dir unseren Dank für die Genesung unseres neuen Bruders Gene. Wir beten, dass du in deiner Weisheit und Voraussicht den Ursprung in unsere vertrauenswürdigen Hände geben wirst. Groß ist deine Treue, groß ist deine Gnade, groß ist deine Güte, groß ist dein Schutz und Schild über dieser geliebten Gemeinschaft.« Er nickt einem Mädchen an der Küchentür zu, und beinahe unverzüglich tragen watschelnde Mädchen eine Fülle von Speisen auf.
»Wo ist Sissy?«, frage ich Jacob, der auf der anderen Seite neben mir sitzt.
Er hört nur mit halbem Ohr zu, weil er das Essen begutachtet, das hereingetragen wird. »Die sitzt mit den anderenMädchen unten im Saal«, murmelt er gleichgültig. »Mädchen dürfen nicht auf die Bühne.«
»Aber ihr hättet darauf bestehen müssen, dass Sissy …«
Doch er hört mir nicht mehr zu. Er hat sich David zugewandt und zeigt auf das erste Gericht, das an unseren Tisch gebracht wird.
Ich lasse den Blick über die Tischreihen schweifen. Da, ganz hinten, verloren in einem Meer von Mädchen, sitzt Sissy in der Mitte einer Reihe, still wie die anderen. Für einen Moment treffen sich unsere Blicke, bevor eine Schar von Serviermädchen an unseren Tisch tritt und mir die Sicht versperrt.
Die Speisen, die flink aufgetragen und beinahe ebenso schnell verzehrt werden, sind fantastisch. Sie werden kochend heiß und dampfend serviert und tragen exotische Namen, die uns die Kellnerinnen nennen, wenn sie die Teller vor uns auf den Tisch stellen. Sofort machen die Jungen sich darüber her.
»Epap«, sage ich, »wir sollten Sissy zu uns nach oben holen.«
Er schüttelt mit vollgestopften Wangen den Kopf. »Ihr geht es gut. Die Mädchen essen unten im Saal. So steht es in den Statuten«, murmelt er mit vollem Mund. Dann stopft er noch mehr Essen in sich hinein, unfähig mit dem Tempo des Nachschubs aus der Küche mitzuhalten. Und schon bald mache ich das Gleiche. Ich merke, dass ich völlig ausgehungert bin, ein gutes Zeichen dafür, dass ich meine Krankheitwirklich überwunden habe. Eine unablässige Folge von Speisen verlässt die Küche, heiß und knusprig, das Fleisch von Eichhörnchen, Kaninchen, Schwein und Kuh, alles serviert mit den feinsten Soßen von erlesenem Geschmack.
»Woher kommt das ganze Essen?«, frage ich niemand Bestimmtes, und keiner fühlt sich bemüßigt zu antworten. Nach zwei Dessertgängen lehnen wir uns vollgestopft und gesättigt zurück. Ein Glöckchen läutet, alle legen das Besteck
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