Die Jägerin (Die Anfänge) (German Edition)
sind Tagebücher von einigen Ihrer Vorgänger. Schauen Sie sich die Aufzeichnungen an. Es gibt auch jede Menge Zeichnungen von den Monstern, die den Anderen begegnet sind und die Tipps für die Jagd könnten hilfreich sein,“ meinte der Pater und schob mir die Bücher entgegen.
Ich rümpfte die Nase. Einige von denen sahen ziemlich alt aus, und ich hatte Angst, dass sie schon bald zu Staub zerfallen könnten. Außerdem schlug mir von ihnen ein komischer Geruch entgegen, der mir sagte, dass sie am Vermodern waren. Aber ich wollte den Pater nicht kränken, also nahm ich sie ihm ab.
Uninteressiert überflog ich ein paar Zeilen, betrachtete aber die Zeichnungen eingehender. Es war einfach nur …irre! Das konnte alles gar nicht sein! Ich schüttelte ungläubig den Kopf und gab verächtliche Laute von mir, während ich Seite um Seite weiter blätterte.
„Über etwas zu hören ist anders, als es tatsächlich zu sehen,“ sagte der Pater in die Stille hinein und nahm mir das Tagebuch von Richard Connelly, meinem Vorgänger, aus den Händen. Sorgfältig stellte er es zurück an seinen Platz, an die Spitze der Reihe der Tagebücher. „Sie müssen Ihren Geist für diese Dinge öffnen, Miss Ada, und die neuen Eindrücke hineinlassen.“
„Aber das ist alles so unwirklich!“ Ich musste lachen bei dem Gedanken an die letzte Zeichnung von einem Monster, das Richard Connelly begegnet war. „Das ist alles so absurd, dass es gar nicht der Realität entstammen kann,“ meinte ich.
Pater Michael seufzte. „Sie müssen die Welt, wie Sie sie kennen, vergessen. Sie müssen aufwachen und die Wahrheit sehen! Denn wenn Sie diese Art zu denken nicht ablegen, Miss Ada,“ begann er und sah mich voller Mitleid an, „dann werden Sie bald sterben.“ Er wandte sich ab, ging aus der Bibliothek und ließ mich völlig verdattert allein zurück.
Ich blieb noch lange auf dem Boden der Bibliothek sitzen und arbeitete mich durch die Tagebücher meiner Vorgänger. Als ich das letzte Buch zuschlug, lehnte ich mich zurück gegen das Bücherregal und blies die Luft aus meiner Lunge laut aus. Mir fiel es immer noch schwer, mich an den Rat des Padres zu halten, meinen Geist diesen Fantasie-Geschichten gegenüber zu öffnen. Aber wenn ich alles zusammenrechnete, die Aufzeichnungen, die Zeichnungen und die geheimen Räume, die in der Tiefe errichtet worden waren, wozu hatte man sich solche Mühe gegeben, für etwas, das nicht wahr war?
Die Tür zur Bibliothek öffnete sich mit einem Klacken.
Pater Michael musterte mich still.
Ich blickte nur zurück. Dann hievte ich mich vom Boden und stellte das Tagebuch zurück ins Regal. Ich seufzte und drehte mich zum Pater, der langsam auf mich zukam. „Also gut,“ begann ich, „ich glaube Ihnen und diesen wirren Notizen. Ich bin Ihre Schülerin, und Sie sind mein Lehrer. Fangen Sie mit dem Unterricht an.“ Übertrieben breitete ich die Arme aus und verbeugte mich vor ihm. Ich spürte seine Hand an meiner Schulter, die mich zwang, mich aufzurichten.
Pater Michael sah mich ernst an. „Der Unterricht hat bereits begonnen, Miss Ada. Für heute ist es genug. Sie sollten jetzt zu Bett gehen,“ schlug er vor. Er verschränkte die Arme hinter dem Rücken und nahm eine Wartehaltung ein.
Ich wehrte mich nicht und verließ die Bibliothek in Richtung meines Zimmers.
12. Frischluft-Koller
Neben den ganzen Informationen über die einzelnen Kreaturen, die es gab und wie man sie bekämpfen konnte, war natürlich das Training mit am Wichtigsten. Pater Michael schickte mich aufs Laufband, um meine Fitness zu testen, die natürlich nicht vorhanden war. Das Ergebnis war also schockierend. Schon nach einer Minute hatte ich einen hochroten Kopf und die Zunge hing mir aus dem Hals. Ich japste nach Luft wie ein Fisch auf dem Land. Und das vor dem Padre. Wie peinlich!
Er verordnete mir ein Intervalltraining, welches er immer wieder verlängerte. Ich musste viel aufs Laufband, und ich hasste ihn dafür. Besonders wegen dem Muskelkater, den ich dann hatte und mich deswegen nicht mehr bewegen konnte, ohne Schmerzen zu haben. Ich sehnte mich danach, zurück in meinen alten Laden voller Touristen zu gehen und ihnen kitschige Souvenirs zu verkaufen. Da war es immer gemütlich und ruhig zugegangen. Außerdem fehlte mir die frische Luft. Ich war nie ein großer Outdoor-Fan gewesen, aber irgendwann bekam sogar ich einen Frischluft-Koller. Ich hatte mich an mein neues Leben immer noch nicht gewöhnen können.
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