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Die Jaegerin

Die Jaegerin

Titel: Die Jaegerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Melzer
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fürsorgliche und liebevolle Bruder war, den sie ihr Leben lang gekannt hatte. Da war diese entsetzliche Kälte, die ihn umgab. Sie schien geradewegs aus seinen Poren zu strömen und legte sich wie ein eisiger Mantel über Alexandra. Seine Augen waren noch immer farblos. Alexandra jedoch sah nur mehr die eisigen Augen jener Kreatur vor sich, die ihren Bruder zu dem gemacht hatte, was er jetzt war. Den Unendlichen hatte Viktor ihn genannt.
    »Viktor, bitte«, flehte sie, als er sich über sie beugte.
    »Ich habe das nicht gewollt, Alexandra. Doch wenn ich mich länger dagegen verwehre … Ich will nicht sterben! Die Welt steht mir offen! Ich kann alles tun und alles sehen – ganz so, wie ich es mir immer gewünscht habe. Es wird schnell gehen«, versicherte er. »Nur ein kurzer Schmerz, dann kommt die Dunkelheit.« Er hauchte ihr einen Kuss auf die Stirn. »Ich werde dafür sorgen, dass du die Dunkelheit nicht mehr verlässt. Dir soll es erspart bleiben, das Blut derer zu kosten, die du liebst.«
    Diejenigen, die ich liebe, sind tot! Sie wollte die Worte herausschreien, doch über ihre Lippen kam nicht mehr als ein verzweifeltes Schluchzen. Viktors Haar strich über ihren Hals. Halb erwartete sie, seinen heißen Atem zu spüren, doch da war nichts. Nur Kälte. Dann gruben sich seine Zähne in ihre Halsbeuge. Ein Stöhnen kroch über Alexandras Lippen. Sie vernahm ein Schmatzen. Warmes Blut rann über ihren Hals, als Viktor trank. Wie viel Blut würde er nehmen? Wie viel, bis es endlich vorüber war? In einem steten Strom verließ der Lebenssaft ihren Körper. Kälte hüllte sie ein, doch diesmal kam sie nicht von Viktor, sondern aus ihr selbst. Ihre Sinne begannen zu schwinden. Plötzlich wurde sie gepackt und fortgezerrt. Ein heftiges Brennen erfasste ihren Hals, als die scharfen Zähne aus ihrem Fleisch gerissen wurden. Vom Schwung getragen taumelte sie einige Schritte, prallte mit dem Kopf gegen die Wand und sackte zu Boden. Gnädige Dunkelheit senkte sich über sie und löschte den letzten Lichtschimmer. Viktor!
    Der Gedanke an ihren Bruder schob die Ohnmacht fort. Was, wenn er sich gerade jetzt über sie beugte, um es zu Ende zu bringen? Keuchend schlug sie die Augen auf. Vor ihr erstreckte sich ein zuckendes Gewühl aus Schatten. Sie musste die Augen zusammenkneifen, um etwas zu erkennen. Jetzt schälten sich Vladimirs massige Umrisse aus der Dunkelheit. Neben ihm stand Mihail. Beide hielten Schwerter in Händen und umkreisten Viktor vorsichtig. Viktor folgte jeder Bewegung seiner Freunde. Er fauchte und schlug mit den Händen, die jetzt mehr wie scharfe Klauen aussahen, nach ihnen. Doch Vladimir und Mihail waren geübte Krieger. Sie ließen sich weder von ihm aus der Ruhe bringen noch ließen sie sich überrumpeln. Während Mihail immer wieder Angriffe vortäuschte, schob sich Vladimir langsam in Viktors Rücken. Viktors Kopf fuhr ruhelos von einer Seite zur anderen, bemüht, seine Gegner nicht aus den Augen zu lassen. Da gab Vladimir ein Zeichen. Im selben Moment holten er und Mihail aus und schlugen zu. Viktor duckte sich unter Vladimirs Angriff hindurch und lief geradewegs in Mihails Klinge. Die Waffe durchbohrte seine Brust, doch Viktors Leib erschlaffte nicht. Er versuchte sich zu befreien, aber Mihail hielt das Schwert mit beiden Händen. Vladimir holte aus und schlug Viktor den Kopf vom Leib. Sein Haupt fiel polternd auf die Dielen und rollte vor Alexandras Füße. Seine aufgerissenen Augen waren jetzt wieder grün. Alexandra begann zu schreien. Sie schrie noch immer, als der Kopf ihres Bruders langsam zu Staub zerfiel.
    Jemand packte sie bei den Schultern und schüttelte sie. Nur mühsam gelang es ihr in ihrer Benommenheit, Vladimirs Züge auszumachen. Er beugte sich über sie und brüllte sie an, doch sie vermochte seine Worte nicht zu verstehen. Sein Griff wurde stärker. Schmerzhafter. Die Wunde an ihrem Hals sandte mit jedem Herzschlag ein grauenvolles Pochen durch ihren Körper. Plötzlich verschwanden Vladimirs verzerrte Züge. Seine Hände gaben sie frei. Alexandra sank zusammen. Ihr war kalt und ihr Bewusstsein zog sich mehr und mehr in die Schatten zurück.
    »Alexandra! Hörst du mich?« Sanfte Worte, die sich in ihren Verstand bohrten. Dennoch wollte ihr kein Laut über die Lippen kommen. Sie konnte lediglich nicken. Warum fror sie so? Verschwommen erfasste sie Gavrils besorgtes Gesicht über sich. »Bleib ganz ruhig liegen. Wir müssen die Blutung stoppen.« Während sie sich noch fragte,

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