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Die Jagd am Nil

Die Jagd am Nil

Titel: Die Jagd am Nil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Adams
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Omars Familie erzählt hatte, dass sie ihn für seinen Tod verantwortlich machte und welche Absichten und Möglichkeiten sie hatte. Dies war der perfekte Ort für einen Anschlag. Obwohl der Wagen noch rollte, riss er kurz entschlossen die Tür auf, hechtete hinaus, knallte auf den Asphalt und gegen die niedrige Mauer des Mittelstreifens und rappelte sich benommen auf.
    Auf der anderen Seite scherte das Motorrad wieder in den Verkehrsstrom ein und fuhr davon. Falscher Alarm. Hosni kam mit quietschenden Reifen zum Stehen. Farooq sprang mit gezogener Waffe und zornentbrannter Miene aus dem Wagen. Obwohl Knox seine Hände hob, zielte Farooq auf ihn. Knox drehte sich um und floh über den Mittelstreifen, schlängelte sich durch den entgegenkommenden Verkehr, duckte sich hinter die Fahrzeuge und lief dann die Böschung des Damms hinab. Spitze, rutschige Felsen führten in den See und spiegelten sich unter der Oberfläche. Hinter Knox knallte ein Schuss. Er holte tief Luft und tauchte kopfüber in das dunkle, seicht wirkende Wasser.

II
    Kostas zog einen großen Band aus dem Bücherregal, befeuchtete Daumen und Zeigefinger, schaute im Inhaltsverzeichnis nach und schlug dann die Seite mit einem Faksimile des originalenBriefs in handschriftlichem Griechisch auf. «Es ist eine Fälschung, denken Sie daran», warnte er Augustin. «Eine verachtenswerte Fälschung, mit der sich ein Mann auf Kosten der Wahrheit bereichern und aufwerten wollte.»
    «Sagen Sie mir einfach, was drinsteht.»
    «Na schön.» Kostas setzte seine Lesebrille auf, schielte auf das Faksimile und sprach sich jeden Satz leise vor, bis er eine angemessene Übersetzung gefunden hatte, die er Augustin laut vortrug.
     
    «‹An Theodore.
    Empfehlungen, diese Karpokratianer zum Schweigen zu bringen. Es handelt sich um jene in der Prophezeiung erwähnten Geschöpfe, die vom gradlinigen Weg der Gebote in die Abgründe der Lust gefallen sind. Sie prahlen damit, die Geheimnisse des Teufels zu kennen, erkennen aber nicht, dass sie sich selbst ins Abseits begeben. Sie behaupten, frei zu sein, sind in Wirklichkeit aber Sklaven ihrer Begierde. Sie müssen vollständig bekämpft werden. Selbst wenn sie einmal etwas Wahres sagen sollten, darf man ihnen nicht zustimmen. Denn weder entspricht alles Wahre der Wahrheit, noch darf die menschliche Wahrheit der Wahrheit des Glaubens vorgezogen werden.›»
     
    Kostas schaute auf. «Clemens räumt im weiteren Verlauf die Existenz ‹geheimer› Schriften ein. Dann sagt er:
     
    ‹Deshalb schrieb Markus für die Vollendeten ein zweites Evangelium. Er offenbarte nicht die Geheimnisse und heiligen Lehren des Herrn, sondern ergänzte lediglich die bereits geschrieben Geschichten durch einige neue und fügte bestimmte Sprichwörter ein, um den Hörer in das innerste Heiligtum der Wahrheit zu führen.›»
     
    Augustin lächelte. «Das innerste Heiligtum der Wahrheit.»
    «Offenbar haben die Karpokratianer irgendeinen unglücklichen Geistlichen dazu verleitet, ihnen eine Kopie dieses vermeintlichen geheimen Evangeliums zu geben. Clemens zitiert dann ein paar der perverseren Abschnitte, und da fragt man sich wirklich, warum er das hätte tun sollen. An diesem Punkt wird der ganze Brief völlig fragwürdig. Aber Sie müssen zuerst den Kontext kennen. Sind Sie vertraut mit der
lacuna
, der Lücke zwischen den Versen elf und zwölf im elften Kapitel des Markusevangeliums?»
    «Sehe ich aus wie ein Bibelgelehrter?»
    «Also, der Text lautet: ‹Und er kam nach Bethanien. Und dann verließen sie Bethanien.› Sehen Sie das Problem?»
    «Dazwischen passiert nichts.»
    «Außerdem gibt es einen unmotivierten Wechsel von ‹er› zu ‹sie›. Die Gelehrten haben sich schon lange gefragt, ob da nicht ein übereifriger Kirchenredakteur eine problematische Episode weggelassen hat, und bestimmt hat Morton Smith diesen Gedanken aufgegriffen. Hören Sie sich seine Version an:
     
    ‹Sie kamen in Bethanien an. Dort war eine Frau, deren Bruder gestorben war. Sie warf sich Jesus zu Füßen und sagte: ‚Sohn Davids, hab Erbarmen mit mir.‘ Doch seine Jünger   …›»
     
    «Was haben Sie gesagt?», unterbrach Augustin ihn. «Haben Sie gerade gesagt ‹Sohn Davids, hab Erbarmen mit mir›?»
    Kostas runzelte die Stirn, verwirrt von der plötzlichen Heftigkeit seines Gegenübers. «Ja. Warum?»
    Augustin schüttelte den Kopf. Genau diese Zeile hatte er auf einem von Gailles Fotos gesehen. «Entschuldigen Sie», sagte er. «Bitte machen Sie

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