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Die Jagd beginnt

Die Jagd beginnt

Titel: Die Jagd beginnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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Fähre nicht verlassen gewesen wären, vielleicht … Aber Trollocs waren von Natur aus gierig, und in der Euphorie, dem Myrddraal beim Sterben zuschauen zu können, hatte er nicht in dem Maß auf sie geachtet, wie es nötig gewesen wäre.
    Er sah zu den Trollocs hinüber. Jeder von ihnen war beinahe zweimal so groß wie er und stark genug, um ihn mit einer Hand zu zerbrechen, und doch kauerten sie da und zuckten vor ihm zurück. »Tötet sie. Alle. Ihr könnt essen, aber dann legt alles, was übrig bleibt, auf einen Haufen – damit ihn unsere Freunde finden. Legt die Köpfe obenauf. Und zwar ordentlich!« Er lachte. Das Lachen brach aber schnell ab. »Geht!«
    Die Trollocs hasteten davon, zogen ihre Sichelschwerter und hoben die Dornenäxte. Augenblicke später ertönten Schreie und Wehklagen aus der Richtung, wo die Dorfbewohner gefesselt am Boden lagen. Bitten um Gnade und die spitzen Schreie der Kinder wurden durch dumpfe Schläge und unangenehme Geräusche abgewürgt; es klang, als zerstampfe man Melonen.
    Fain wandte der Kakophonie den Rücken und betrachtete seine Schattenfreunde. Auch sie gehörten ihm mit Leib und Seele. Was noch an Seele übrig geblieben war. Jeder einzelne von ihnen steckte innerlich genauso im Sumpf, wie Fain es früher getan hatte, bevor er den Weg hinaus fand. Keiner von ihnen hatte ein anderes Ziel, als ihm zu folgen. Ihre Blicke hingen an ihm, angsterfüllt und bittend. »Glaubt ihr, sie werden wieder hungrig sein, bevor wir ein anderes Dorf oder einen Bauernhof finden? Könnte schon sein. Glaubt ihr, ich überlasse ihnen noch ein paar von euch? Na ja, vielleicht ein oder zwei. Wir haben keine Pferde mehr, die wir entbehren könnten.«
    »Die anderen waren nur gewöhnliche Leute«, brachte eine Frau mit unsicherer Stimme hervor. Das Gesicht über ihrem fein geschnittenen Kleid, das sie als reiche Kauffrau auswies, war mit Schmutz beschmiert. Der gute graue Stoff war auch verschmiert, und der Rock wurde von einem langen Riss verunstaltet. »Das waren Bauern. Wir haben gedient – ich habe gedient …«
    Fain schnitt ihr das Wort ab. Sein lockerer Tonfall machte die Worte nur noch härter. »Was seid ihr denn für mich? Weniger als Bauern. Vielleicht Herdenvieh für die Trollocs? Wenn ihr am Leben bleiben wollt, ihr Viehzeug, dann müsst ihr euch als nützlich erweisen.«
    Das Gesicht der Frau wurde zur Grimasse. Sie schluchzte, und plötzlich schrien alle anderen durcheinander und versicherten ihm, wie nützlich sie seien. Männer und Frauen mit Einfluss und in guten Positionen seien sie gewesen, bevor man sie abkommandierte, um ihrem Eid in Fal Dara nachzukommen. Sie sprudelten die Namen bedeutender, mächtiger Personen hervor, die sie in den Grenzlanden, in Cairhien und anderswo kannten. Sie plapperten von den Kenntnissen, die allein sie über das eine oder andere Land oder die politischen Verhältnisse, die Bündnisse, die Intrigen besaßen, und was sie ihm alles zutragen konnten, wenn sie ihm nur dienen durften. Ihr Geschrei vermischte sich mit den Geräuschen der wütenden Trollocs, und es passte alles zueinander.
    Fain überhörte alles – er hatte keine Angst davor, ihnen den Rücken zuzuwenden, nachdem sie zugesehen hatten, wie er den Blassen beseitigt hatte – und wandte sich seiner Beute zu. Er kniete nieder und strich mit beiden Händen über die reich verzierte goldene Truhe. Er fühlte die im Inneren eingeschlossene Macht. Er hatte sie von einem Trolloc tragen lassen – er traute den Menschen so wenig, dass sie die Beute nicht auf ein Packpferd laden durften; ihre Träume von Macht und Bedeutung mochten sogar die Angst vor Fain besiegen, während die Trollocs von nichts anderem träumten, als zu töten – und er hatte noch nicht herausbekommen, wie man die Truhe öffnete. Aber die Zeit dazu würde auch noch kommen. Alles würde sich ergeben. Alles.
    Er zog den Dolch aus der Scheide und legte ihn auf die Truhe, bevor er sich am Feuer niederließ. Diese Klinge war ein besserer Wächter als jeder Trolloc und jeder Mensch. Sie hatten alle bereits einmal gesehen, was geschah, wenn er sie benutzte. Keiner würde sich ohne ausdrücklichen Befehl der entblößten Klinge auch nur auf eine Spanne nähern.
    Er lag in seine Decken gehüllt da und blickte nach Norden. Im Moment konnte er al’Thor nicht fühlen; die Entfernung zwischen ihnen war zu groß. Oder vielleicht trickste al’Thor ihn auch gerade wieder aus. Manchmal war der Junge in der Festung ganz plötzlich aus Fains

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