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Die Jagd beginnt

Die Jagd beginnt

Titel: Die Jagd beginnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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stabilisierte sich. »Nein, Mutter. Ich kann die Macht lenken, Licht, hilf mir, aber ich bin nicht Raolin Dunkelbann oder Guaire Amalasin oder Yurian Steinbogen. Ihr könnt mich dämpfen oder töten oder mich gehen lassen, aber ich werde nicht zu einem zahmen falschen Drachen an der Leine Tar Valons.«
    Er hörte, wie Verin nach Luft schnappte, und sah, wie sich die Augen der Amyrlin weiteten. Ihr Blick war so hart wie blauer Fels. Es berührte ihn nicht; er glitt an dem Nichts in seinem Inneren ab. »Wo habt Ihr diese Namen her?«, wollte die Amyrlin wissen. »Wer sagte Euch, dass Tar Valon irgendeinen falschen Drachen am Gängelband hat?«
    »Ein Freund, Mutter«, sagte er. »Ein Gaukler. Er hieß Thom Merrilin. Jetzt ist er tot.« Moiraine gab ein Geräusch von sich, und er sah zu ihr hinüber. Sie behauptete, Thom sei nicht tot, aber sie hatte niemals einen Beweis erbracht, und er konnte sich nicht vorstellen, dass ein Mann eine direkte Konfrontation mit einem Blassen überleben konnte. Der Gedanke kam von außen und verblasste schnell. Es gab nur noch das Nichts und das Einssein damit.
    »Ihr seid kein falscher Drache«, sagte die Amyrlin mit Überzeugung. »Ihr seid der wahre Wiedergeborene Drache.«
    »Ich bin ein Schäfer von den zwei Flüssen, Mutter.«
    »Tochter, erzählt ihm die Geschichte. Eine wahre Geschichte, Junge. Hört gut zu!«
    Moiraine begann zu erzählen. Rand blickte weiter die Amyrlin an, hörte aber aufmerksam zu.
    »Vor beinahe zwanzig Jahren überquerten die Aiel das Rückgrat der Welt, den Drachenwall – das einzige Mal in ihrer Geschichte. Sie wüteten in Cairhien, vernichteten jedes Heer, das gegen sie ausgesandt wurde, brannten die Stadt Cairhien nieder und kämpften sich bis Tar Valon durch. Es war Winter und schneite, doch Kälte oder Hitze bedeuten einem Aiel wenig. Die endgültige Schlacht, die letzte, die zählte, wurde außerhalb der Leuchtenden Mauer geschlagen, im Schatten des Drachenbergs. Nach drei Tagen und drei Nächten des Kampfes wurden die Aiel zurückgeschlagen. Oder genauer, sie zogen sich zurück, denn sie hatten vollbracht, weswegen sie aufgebrochen waren: König Laman von Cairhien wegen seiner Sünde gegen den Baum zu töten. Und zu der Zeit beginnt meine Geschichte. Und Eure.«
    Sie kamen über den Drachenwall wie eine Flut. Bis hin zur Leuchtenden Mauer. Rand wartete darauf, dass die Erinnerungen verschwammen, aber es war Tams Stimme, die er hörte, als er krank war und phantasierte und Geheimnisse aus seiner Vergangenheit ausplauderte. Die Stimme hielt sich außerhalb des Nichts und bettelte darum, hineingelassen zu werden.
    »Ich gehörte zu der Zeit zu den Aufgenommenen«, sagte Moiraine, »genau wie unsere Mutter, die Amyrlin. Wir sollten bald vollwertige Schwestern werden, und in jener Nacht standen wir der Amyrlin zur Verfügung. Ihre Bewahrerin der Chroniken, Gitara Moroso, war dabei. Jede andere Schwester in Tar Valon war draußen und heilte so viele Verwundete, wie sie finden konnte. Sogar die Roten halfen mit. Es war in der Morgendämmerung. Das Feuer im Herd konnte die Kälte nicht mindern. Es hatte endlich zu schneien aufgehört, und in den Gemächern der Amyrlin in der Weißen Burg konnten wir den Qualm brennender Dörfer riechen.«
    Schlachten sind immer heiß, selbst im Schnee. Musste dem Gestank des Todes entfliehen. Tams fiebernde Stimme riss an der leeren Ruhe in Rand. Das Nichts zitterte und schrumpfte, stabilisierte sich und wackelte wieder. Die Blicke der Amyrlin bohrten sich in ihn hinein. Er fühlte wieder, wie ihm der Schweiß übers Gesicht rann. »Es war alles nur ein Fiebertraum«, sagte er. »Er war krank.« Er erhob seine Stimme. »Ich heiße Rand al’Thor. Ich bin Schäfer. Mein Vater ist Tam al’Thor und meine Mutter war …«
    Moiraine hatte seinetwegen geschwiegen, aber jetzt schnitt ihm ihre gleichmäßige Stimme sanft und unnachgiebig das Wort ab. »Der Karaethon-Zyklus , die Prophezeiungen des Drachen, sagt, dass der Drache auf dem Abhang des Drachenbergs wiedergeboren werde, wo er während der Zerstörung der Welt gestorben war. Gitara Sedai hatte manchmal die Gabe der Weissagung. Sie war alt, ihr Haar so weiß wie Schnee, aber wenn eine Vision über sie kam, war sie stark. Das Licht des Morgens, das durch die Fenster fiel, wurde heller, als ich ihr eine Tasse Tee reichte. Die Amyrlin fragte mich, welche Neuigkeiten es vom Schlachtfeld gäbe. Und Gitara Sedai schoss aus ihrem Stuhl hoch, stand zitternd mit steifen Armen und

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